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Dubrovnik, 3. Oktober

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Nach einem kleinen Lunch mit schweizerischen Preisen besuche ich das Hotel Palais. Ende des 19. Jahrhundert erbaut, thront das Gebäude in einer Gegend mit prächtigen Villen. Die k. u. k. Monarchie lässt grüßen.

Die Luft ist mild und samtig, Citrus- und Feigenbäume tragen reiche Ernte. Im Garten, der sich über weitläufige Terrassen bis zum Meeresspiegel erstreckt, warten unter Pinienbäumen alte Steintische mit Bänken auf mich, Springbrunnen plätschern, und über eine steinerne Balustrade blicke ich aufs Meer. Für diesen Garten fällt mir nur ein Synonym ein: unglaublich schön.

Vor zwei Stunden bin ich mit arrogantem Schritt durch die Hotellobby stolziert und habe dabei kopfnickend irgendwelche Unbekannten gegrüßt, die unsicher zurück lächelten. Mein Plan ist aufgegangen. Kein Angestellter hat mich aufgehalten.

Hätte ich damals auf Fräulein gehört und gelernt, anstatt meine Zeit mit Träumen zu verbringen, könnte ich mir dieses Feriendomizil auch leisten. Vielleicht.

Manchmal überlege ich, für welchen Studiengang ich mich entschieden hätte. Je nach Lebenssituation verändern sich meine Interessen. Nur etwas bleibt konstant. Sprachen wären es mit Sicherheit nicht geworden. Wenn ich einmal mein Buch des Lebens Petrus übergebe und er mit gerunzelter Stirn ausruft: „Oje. Ach. Was hast du dir bloß dabei gedacht! Jetzt bleibt mir keine andere Wahl mehr, als dich mit einer besonders heißen Hölle zu bestrafen. 500 Jahre Sprachlabor!“, dann, ja dann, hat er mich unerträglich gebüßt.

Doch im Moment besitze ich kein Recht, hier zu sein. Trotzdem habe ich mich in die Zeit versetzt, als meine Großmutter in ihrer Kindheit in diesem Hotel ein paar Tage verbracht hat.

Mit ihren Augen habe ich den Park betrachtet, sie beobachtet, wie sie sittsam hinter ihrer Mutter her trippelt, die stets darauf bedacht ist, den Schatten nicht zu verlassen. Kein Flecken nackte Haut ist von ihrer Mama zu sehen. Sex ist tabu, jegliche Freude verboten, Kinder gelten nicht mehr als ein Statussymbol. Sie nicht hören, nicht sehen, nicht verhätscheln, ist die Erziehungsvorgabe, aber meine Großmutter hat trotzdem gemault. „Die gute alte Zeit“ war nie in ihre Erzählungen eingewoben. Von ihr hörten wir: „Als es noch keine Antibiotika gab und man an Zahnschmerzen starb. Als eine Krankheit nicht nur die Alten und Schwachen dahinraffte, sondern halb Europa. Als man von der Schulbank direkt auf die eheliche Matratze geworfen wurde. Was soll denn damals gut gewesen sein?“

Jede Bank habe ich getestet, auf jedem lauschigen Platz von der Vergangenheit geträumt. Und ich habe Liebespaare gesehen. In der Hauptsache Liebespaare. Hand in Hand oder eng umschlungen schlendern sie umher, küssen einander und vergessen die Welt.

Ich denke an den Mann, der mein Leben so süß gemacht hat. Süß trotz seiner Härte. Neben ihm fühlte ich mich stark, fühlte mich verrückt, das Leben knisterte vor Spannung. „Und was machen wir in Kroatien?“, fragte ich ihn.

„Uns lieben, bis wir die Augen für immer schließen. Auf einem Schaukelstuhl sitzen und uns erzählen, was für eine wundervolle Zeit wir zusammen hatten. Manchmal etwas turbulent. Ja. Aber schön war`s.“

Verzweiflung senkt sich über mich.

Jetzt habe ich mich bis zur Terrasse auf Meereshöhe vorgewagt. Augenblicklich erscheint ein beflissener Angestellter aus dem Nichts und bietet mir einen Liegestuhl mit Badetuch an. Warum nicht?

„Auf welche Zimmernummer darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen?“

„Im Moment bezahle ich.“ Er bekommt ein großzügiges Trinkgeld. Während eine Meeresbrise durch mein Haar fährt, lasse ich mich müde in die Vergangenheit treiben.

Der siebte Skarabäus

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