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Der Hierophant, Karte V der Heldenreise

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Der Narr tritt aus dem geschützten Kreis heraus. 6/7 der Kräfte wirken im Unterbewussten, 1/7 im Bewussten. Die Oberen werden ausgebildet, das Ego gestärkt. Werte, von der Gesellschaft oder Erziehung an uns vermittelt, werden überprüft und eine eigene Einstellung dazu gesucht. Die Säulen sind nicht mehr schwarz und weiß, sondern grau. Der Hierophant ersucht uns, den Mittelweg zu finden. Wer steckenbleibt, übernimmt nie Verantwortung für sein Handeln und lässt sich diktieren. Misstrauen, Hochmut und Scheinheiligkeit gedeihen daraus.

***

Hugo

Für Hugo war jene Offizierskarriere vorgesehen, die sein Vater gerne eingeschlagen hätte. Widerrede wurde nicht akzeptiert, auch nicht versucht, denn wenn jemand dazu prädestiniert war, dann doch er, der Sohn eines Obersten.

Anfangs glaubte ich diese Mär noch vom hohen Offizier. Warum sollte mir Hugo auch eine Lüge auftischen, die nur ganz kurze Beine hatte? Zudem betonte sein Vater stets seine Wichtigkeit in der bedrohlichen Zeit des Kalten Krieges.

Zwei Jahre verbrachte Hugo in unterschiedlichen Kasernen, wodurch unsere erlaubten Treffen noch weiter eingeschränkt wurden.

Da sämtliche Hinweise seiner Eltern bei mir nichts fruchteten, beehrten sie meinen Vater mit einem Besuch und richteten den Appell an ihn, mir den Umgang mit Hugo zu verbieten. Ein Kind, das die Anweisungen des Vaters nicht befolgte, war für sie undenkbar.

Ihr Ansinnen wurde nicht nur verweigert, mein Vater setzte auch noch nach: „Wenn unsere Offiziere nicht imstande sind, über ihre eigenen Anliegen zu bestimmen, dann fürchte ich um die Sicherheit unseres Landes.“

Nach vier Jahren Beziehung und mehreren Trennungen meinerseits, die ich doch nie durchstand, reichte mir der Tanz um seine Mutter „Madame Mère“.

Ich drängte Hugo, mit mir zusammenzuziehen, und zu meinem Erstaunen willigte er ein. Die Moral der Zeit zwang uns, zuerst eine anständige Verlobung zu zelebrieren, was seine Eltern sogleich unterbanden.

Gezwungenermaßen beschlossen wir, uns heimlich zu verloben. Den stimmungsvollen Hintergrund dazu wurde durch den Offiziersball im Schloss Lenzburg geboten.

An diesem wichtigen Tag hörten wir viele Reden, viel Militärmusik und anschließend folgte der Märchenball mit Ballkleid in Größe 36. Ohne Eltern!

Gab es für eine junge Frau, die in romantischen Träumen lebte, für eine Verlobung ein passenderes Ambiente als ein mittelalterliches Schloss?

Das weiße Pelz Cape, auf das ich so stolz war, fest um mich geschlungen und immer darauf bedacht, mein neues Kleid nicht zu ruinieren, wartete ich auf unsere Stunde. Ich war überglücklich und kam mir unglaublich wichtig vor. Bald würde ich mich einem Mann aus der Elite versprechen. Es war berauschend. All die feschen Offiziere um mich herum und meiner war ohne Zweifel der prächtigste.

Endlich erreichten wir ihn, unseren geheimen Höhepunkt.

Im Schlosspark unter dem Sternenhimmel mit Blick über die beleuchtete Stadt stand ich erwartungsvoll und mit überfließenden Gefühlen vor dem Mann in Galauniform, die er, um sie zu schonen, nur einmal im Leben trug.

Doch keine zärtliche Umarmung erwartete mich. Er zappelte umher, rieb pillendrehend Daumen und Zeigefinger aneinander und verkündete: „Zuerst will ich beichten, dafür ist jetzt der letzte Zeitpunkt.“

Ich spürte, wie es in meiner Brust eng wurde, aber es gelang mir, zu lächeln. Nach einer bedeutungsvollen Pause fuhr mein beinahe Verlobter fort: „Vor einigen Wochen traf ich zufällig eine ehemalige Schulkollegin, Barbara. Sie nebelte mich ein und zerrte mich in ein Hotel. Sie hatte so mächtige Brüste.“

Erleichtert atmete er aus und fügte hinzu, wobei er immer noch mit den Händen die Größe ihrer Brüste maß: „Jetzt fühle ich mich besser.“

Der Schmerz erfasste mich mit voller Wucht und die Romantik zersplitterte hörbar. Eine große Kraft drückte mich zu Boden, aber ich lächelte weiter. Der Ball hatte seinen Zauber verloren, nur Hugo strahlte noch.

Er log nicht, um eine Fehltat abzustreiten, sondern um eine aufzubauen. Die Blume mit dem Namen Narzisse war erblüht.

Wir heirateten und anfangs waren wir glücklich, lebten zufrieden unseren Alltag und blickten hoffnungsvoll in die Zukunft.

Hugo arbeite außerhalb, ich war für das Management innerhalb des Hauses zuständig. Dazu bekam ich Beratung. Wann und wo hätte ich bei meiner Herkunft auch putzen und kochen lernen sollen?

Hugo demonstrierte mir männliche Logik, an der es mir leider mangelte, und meine Schwiegermutter ließ sich lang und breit über die Wichtigkeit von Sauberkeit, Ordnung und das Führen eines Haushaltsbuches aus.

Damit ich auch verstand, wie ein Haushaltungsbuch in etwa aussehen sollte, kaufte sie mir ein Exemplar. Allerdings verlangte sie dessen Kosten zurück.

Nach drei Jahren kam unser Sohn Alexander zu uns. Er war zu diesem Zeitpunkt nicht geplant gewesen, aber wir freuten uns umso mehr über ihn.

Eine Transformation fand statt und die Welt bestand nur noch aus drei Kilo 750 Gramm. Ich konnte mich mit einer Mischung aus Glückseligkeit und Furcht um ihn, die mich bis an mein Lebensende begleiten wird, nicht sattsehen an ihm. Immerzu wollte ich ihn aus der Wiege nehmen, ihn streicheln und beschnuppern. Nur nachts, da wollte ich nicht, da musste ich ihn aus der Wiege nehmen. Darauf war ich nicht vorbereitet gewesen. Unglaublich, wie ein so kleines Wesen einem Erwachsenen jede Kraft rauben kann.

Der letzte Rest meiner Fähigkeit, selbständig zu denken, wurde von Müttern mit Erfahrung niedergewalzt. Alles, was meinen Alltag hätte vereinfachen können, galt als tabu. Geregelte Zeiten für alles und jedes und nur zum Wohle des Kindes zählten noch. Dazu sind Mütter ja da: ausschließlich für die Zufriedenheit ihrer Kinder.

Ich machte alles falsch und war umgeben von erfolgreichen, gepflegten Müttern, deren Leben exakt so wundervoll war, wie sie es anstrebten, und die vor Glück strahlten, wenn ihr Baby nachts schrie.

Hugo entpuppte sich als liebevoller Vater und übernahm viele Pflichten. Nur auf einen ungestörten Schlaf bestand er, da er tagsüber alle Ressourcen für seine wichtige berufliche Position benötigte. Das verstand ich.

Wie es die Tradition verlangte, bauten wir uns ein Nest und schlugen den üblichen Weg ein. Haus mit Garten, Samstagsausflug zum Gartenmarkt, Grillieren auf der Terrasse, einen Hund und Erfolg im Beruf. Das Letztere ließ er so verlauten, und bezweifelte auch niemand, denn er strickte fleißig am Mythos seiner heroischen Person.

Aber ein strahlendes Bild zu erhalten benötigt viel Kraft. Je höher der Sockel wurde, auf den er sich stemmte, desto anstrengender wurde es für ihn, sich oben zu halten.

Unser zweiter Sohn Philipp war sechs Tage alt, als Hugo wiederum Barbara traf, und mit ihr im Hotel verschwand.

Wer weiß, was wirklich geschah. Ob ja oder nein ist nicht von Belang. Nur die Tatsache zählt, dass ich ihm glaubte.

Niemand ist so verletzlich wie die Mutter eines neugeborenen Kindes. Ihr Körper ist durch das Trauma der Niederkunft geschwächt, wild gewordene Hormone flitzen durcheinander und das Stillen rund um die Uhr erschöpft sie.

Abends kam Hugo von der Arbeit nach Hause und leerte einen Kübel Verachtung über mich. Mein Aussehen wurde bemängelt, darauf aufmerksam gemacht wie hässlich, wie wertlos ich war, dumm und dick, und wie schlecht mir meine Haushaltsführung sowie meine Kindererziehung gelang.

Anfangs wehrte ich mich, was unverzeihlich war, denn ein Narzisst braucht eine Partnerin, die ihn als göttliche Fügung ansieht. Er reagierte mit Drohungen und alles, was ich zu meiner Verteidigung vorbrachte, wurde überheblich abgeschmettert.

Ich war ihm klar unterlegen. Selbst als ich schon am Boden lag, trat er mich weiter mit Füssen. „Du kannst nichts“ und „Du bist nichts“ kannte ich schon seit meiner Kindheit. Er modifizierte lediglich die Formel. Im einen Augenblick konnte ich nichts richtig machen, im anderen überschüttete er mich mit Fürsorge und Zärtlichkeiten. Zuckerbrot und Peitsche.

Dann nur noch Peitsche.

Ich weiß nicht, warum ich mich nicht wehren konnte. Worte besitzen Macht, ich glaubte ihm. Die Botschaft war verinnerlicht: Ich war wertlos, dumm und dick.

Ängstlich lotete ich seine Stimmung aus und versuchte, ihm immer einen Schritt voraus zu sein, um Unheil abzuwenden, versuchte alle glücklich zu sehen außer mich, redete mir ein, dass wir alle glücklich würden, wenn nur er glücklich war. Wer war ich denn, dass ich mich meinem Ehemann entgegenstellen durfte? Er, beruflich erfolgreich, und ich, zu nichts imstande. Dumm und dick eben.

„Kannst du nicht wenigstens versuchen, ein wenig sauber zu machen, bevor ich nach Hause komme? Du erwartest doch nicht, dass ich das auch noch erledige! Meine schwerwiegende Arbeit erfordert bereits all meine Aufmerksamkeit und Kraft.“ Dabei hatte er einen verächtlichen Ausdruck im Gesicht, als wollte er mich noch ein letztes Mal verwarnen.

Unentwegt lag ich im Schatten seiner mentalen Angriffe. Nie wusste ich, wann der Nächste kam. Er brauchte keinen

Grund dazu. Schon ein unbewusster Blick, eine Geste, eine leise Freude meinerseits reichte dazu aus.

„Aha. Wie ich sehe, warst du schon wieder beim Friseur. Im Gegensatz zu dir habe ich dazu keine Zeit. Ich arbeite hart für euch, damit ihr ein schönes Leben habt. Das ist mein Ziel. Nicht meins ist wichtig, nur eures.“

Seine Verachtung war unübersehbar. Alles drehte sich nur noch darum, ihm zu gefallen. Er weidete sich an meiner Angst und ernährte sich davon. Je mehr ich davon zeigte, umso mehr begehrte er sie, und umso größer wähnte er sich. Sie half ihm, seine negativen Gefühle zu überwältigen. Einige tranken in seiner Situation, andere schlugen ihre Frauen, traten die Katze oder bewältigten den inneren Schmerz, indem sie die nächst Schwächeren psychisch misshandelten.

Ein schleichendes Gift breitete sich aus, nur konnte dieses Gas niemand riechen. Es war leicht, so zu tun, als existierte es nicht.

Er war doch ein guter Vater. Wie könnte ich die Kinder von dem wegreißen, was ihnen Stabilität gab. Wir verbrachten doch auch schöne Zeiten zusammen, diese würden bestimmt den Weg zurückfinden, das eine oder andere nette Wort würde er mir sagen, wenn ich mich nur ein Bisschen anstrengte, weniger an mich und mehr an sein Wohlbefinden dachte.

Meine Persönlichkeit wurde mir ausgetrieben, meine Lebensfreude ausradiert, meine Freundinnen weggetrieben, eine eigene Meinung stand mir nicht zu. Für ihn gab es ohnehin nur zwei: seine oder die falsche. Selbst Wasser war nicht nass, wenn er es so wollte. Er presste mich immer mehr in die Form, die ihm genehm war.

Nahte Besuch, malträtierte er mich im Vorfeld, bis ich in Tränen ausbrach. Danach begrüßte er die Gäste mit dem Schwung eines Siegers und kommentierte mit verächtlichem Schnauben das Lob, das an mich gerichtet war: „Ja. Kochen kann sie.“ Um ihm zu gefallen, bewies ich einen Intellekt, der nicht über die Küche hinausging.

Großzügig spielte er den fürsorglichen Ehemann, berührte mich zärtlich und sah liebevoll auf mich herab. Die blitzschnellen Wechsel zwischen fröhlichem Lächeln, mit dem er seinen Besuch beglückte und der verachtenden Grimasse, wenn er sich mir zuwandte, sah nur ich.

Für mein Umfeld war ich die unzufriedene Gattin, die nicht dankbar war für ihren außerordentlichen Partner. Beklagte ich mich, meinten sie: „Hör auf. Jetzt übertreibst du aber massiv.“ Dabei war es noch untertrieben.

Er hatte sie auf seine Seite gezogen und ihr Mitgefühl galt ihm. Auf meine ständig gereizte Laune angesprochen, antwortete er lächelnd: „Ach weißt du, ich habe Geduld. Was soll ich denn machen? Da sind ja noch die Kinder.“

Beinahe hätte er mich ausgelöscht.

Alexander war 12 Jahre alt, als er sich das erste Mal zwischen uns schob, und seinen Vater mit einem einzigen Satz vom Sockel stürzte.

Aus meinem kleinen Jungen war ein Mann geworden.

Auf der Suche nach Liebe und Aufmerksamkeit fand ich das wirkliche Leben. So flüchtete ich wieder in meinen Zauberwald und verirrte mich darin. So ließ ich wieder meinen schwarzhaarigen Helden aufleben. Er gab mir Wärme und ich sehnte mich nach ihm. Ich spürte seine Anwesenheit, ließ mich von ihm berühren und lebte mit ihm in einer anderen Welt. Jede Minute, die ich alleine verbrachte, träumte ich mich weg zu ihm. Er tröstete mich, lobte mich und liebte mich. Wurde es unerträglich, legte ich mich hin und suchte ihn in der Zwischenwelt. Die Wirklichkeit glitt davon und ließ mich in der Geschichte meines zweiten Skarabäus zurück.

Man nennt mich Mahira und ich lebe im alten Perserreich. Ein blaues Licht aus einer kleinen Lampe schimmert vor mir. Nur diese Quelle erhellt das Zelt. An den Wänden hängen prächtige Teppiche, auf dem Boden liegen mehrere Lagen und ich sitze angenehm auf Kissen. Ein niedriger Tisch mit Tee, der meinen Durst stillt und kandierten Früchten, die mich erfreuen, befindet sich neben mir. Alles ist mir fremd, trotzdem fühle ich mich zu Hause. Mein Herr hat mir befohlen, das Licht mit den Augen zu fixieren, bis er zurückkehrt. So habe ich es verstanden, denn er spricht eine Sprache, die nicht die Meine ist.

Vor vielen Tagen hob er mich auf sein Pferd und brachte mich zu seinem Stamm in die Wüste. Ich denke, er ist der Anführer dieser Sippe, denn sie erweisen ihm ihre Ehrerbietung. Sie nennen ihn Arsam. Sein Zelt erzählt von Reichtum, vor allen durch die blaue Farbe, die bei uns selten und teuer ist. Jetzt warte ich, bis er heimkehrt. Ich bin aufgeregt, ängstlich und dennoch weiß ich, dass es so sein soll.

Zuvor lebte ich in einem Land, indem die Menschen in Häusern aus Stein wohnen. Meine Eltern sind mir unbekannt. Ein altes Paar, dem keine eigenen Kinder geschenkt wurden, fand mich und sah mich als ein Geschenk der Götter. Sie kleideten, nährten und liebten mich. Sie ließen mir Lesen und Schreiben beibringen, denn sie waren vermögend. Als ich älter wurde, begann ich Kräuter zu sammeln. Damit heile ich die Kranken. Wenn diese nicht helfen, lege ich meine Hände auf ihre Beschwerden, damit die Götter ihre Kraft fließen lassen und ich Gebrechen wegwischen kann. Woher ich dieses Wissen habe, ist mir nicht bekannt. Es ist tief in meinem Inneren verborgen.

Nach dem Tod der Eltern, den ich heute noch sehr bedaure, bereitete ich ihnen ein würdiges Begräbnis, damit sie zurückfinden, sobald sie dazu bereit sind.

So war es schon immer und so wird es immer wieder sein.

Danach ging ich auf Wanderschaft, um mein Wissen in fremden Ländern zu verbessern. Unterwegs half ich den Kranken, so dass ich nie Hunger leiden musste.

Nach langer Reise traf ich auf ein Kloster in der Wüste, in dem sie mir unglaubliches Wissen beibrachten. Nicht nur in der Heilkunst, sie unterrichteten mich auch in Sternkunde und Philosophie, was mir in der Ausübung meiner Kunst helfen wird. Ihre Weisheit, die ihnen ihr Gott gegeben hat, ist groß. Sie kennen nur einen Gott, was ungewöhnlich ist. Für unsere Anliegen haben wir mehrere Möglichkeiten, um Opfer niederzulegen, denn hilft der eine nicht, wechseln wir den Tempel.

Eines Abends schickten sie mich, Birkenrinde abzuschälen. Diese entfaltet zu einem Sud gekocht eine Kraft, die alle Schmerzen nimmt. Ein seltsames Gefühl hat von mir Besitz ergriffen, denn ich habe die Gabe, Dinge zu erspüren. Ich drehte mich um und da sah ich den Sohn der Wüste. Bewegungslos saß er auf einem Pferd, umgeben vom strahlenden Licht der untergehenden Sonne in seinem Rücken. Er war nicht wie unsere Männer in buntes Tuch gekleidet, sondern in einem blauen Linnen, das er bis über den Kopf gezogen hatte. Die Sonne hinter ihm glühte nicht mehr unbarmherzig, sondern wärmend, so dass er mich wohlig anzog. Ich rannte zu ihm, denn ich wusste, dieser Mann gehört zu mir.

Vor dem Zelt erklingt eine seltsame Musik, die mich aus meinen Gedanken zurückholt. Erst spielt die Musik leise und langsam, dann schneller und lauter. Es war immer dieselbe Melodie, die in ihrer Wiederholung einen Kreis zu erzeugen schien. Je öfter ich sie höre, je schneller sie gespielt wird, umso mehr versetzt sie mich in Trance.

Ich starre, wie es mir mein Herr befohlen hat, in das blaue Licht der Lampe und das Heute verschwindet. In der Hand halte ich einen grünen Jadestein, den er mir geschenkt hat. Er hat die Form eines Käfers. Auf der Rückseite sind merkwürdige Zeichen eingraviert. Eine unbekannte Sehnsucht ergreift von mir Besitz. Die Musik wird lauter, der Kreis dreht schneller und zieht mich in einem Wirbel. Plötzlich Stille. Die Zelttüre wird aufgeschlagen und im Eingang erblicke ich eine Gestalt. Er ist zurückgekehrt.

Dunkle, wunderschöne Augen, umrandet von einem Kajalstrich, fixierten mich. Ein nie gekannter Sturm wirbelt in mir, droht, mich in tausend Stücke zu reißen, und mit ihm kommt die Gewissheit, dass mein Herr meiner Pein Linderung verschaffen wird.

Ich war 40 Jahre alt, als gegenüber Villen mit Garagen gebaut wurden, die der Fläche unseres Erdgeschoßes entsprachen. Neben unseren Häusern sahen sie aus, als hätten sie Wachstumshormone bekommen. Die zukünftigen Nachbarn ernteten bereits Verachtung von Hugo, bevor er mit ihnen Bekanntschaft geschlossen hatte.

Unzählige Bauarbeiter wieselten umher, die ich nicht weiter beachtete. Nur den einen, der vor einem Graben kniete, grüßte ich willenlos.

Er sah hoch, stellte einen Fuß auf, stützte den Arm auf dem Oberschenkel ab und neigte grüßend den Kopf.

Eine Szene aus dem Mittelalter. Ein Ritter, der sich vor seiner Königin verneigt, schoss es mir durch den Kopf.

Ein wenig aus der Fassung gebracht, eilte ich weiter.

Manchmal fühlt man es, wenn zwei Seelen, die füreinander bestimmt sind, sich zum ersten Mal begegnen. Sie spüren es, sobald sie sich einander nähern, ziehen sich an und reichen sich die andere Hälfte.

Der siebte Skarabäus

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