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Sie alle hatten diesen Festtag und diese paar Stunden Verschnaufpause gut gebrauchen können. Sie waren so erschöpft und so müde, wenn man sie ließe, könnten sie zwei, drei Tage in einem Stück schlafen. Aber auch eine noch so bescheidene Landwirtschaft wie die ihre, die zur Selbstversorgung gedacht war, erforderte täglichen Einsatz. Und die Erntezeit war noch lange nicht vorbei. In den nächsten Wochen reiften weitere Obstsorten heran, vor allem die späten Äpfel. Und die Kohlernte begann. Emmas Mutter hatte ein Händchen für Blumen- und Rosenkohl, die nicht überall gedeihen wollten.

Emma und ihre Mutter betrachteten die schön gewachsenen Köpfe und Stauden.

"Wir haben Glück, dass es dieses Jahr nicht so viele Kohlweißlinge gab. Deren Raupen hätten hier leicht alles kahl fressen können."

Emma schüttelte sich.

"Igitt, allein schon die Eier! Und die kleinen weißen Fliegen, die sind auch eklig!"

Emmas angewiderter Blick war unübertrefflich. Aber es lag auch ein wenig Trotz darin. Denn mit Glück hatte die Unversehrtheit der Kohlköpfe rein gar nichts zu tun, gehörte es doch zu Emmas Aufgaben, regelmäßig vor allem die Unterseiten der Kohlblätter zu inspizieren und die dort abgelegten Eier abzustreifen. Die kleinen, weißen Fliegen, die ihr dabei um die Nase flogen, sollte sie möglichst ebenfalls loswerden. Sie nahm dabei ein kleines, flaches Stück Holz zu Hilfe, mit dem sie die meisten Schädlinge abstreifen konnte. Es gab aber Kohlsorten, deren Blattunterseiten sehr rau waren, und Schmetterlinge und Fliegen nahmen dies als Einladung, sich in die tiefsten Winkel der Blattadern zu setzen und dort ihre Eier festzukleben. Da half alles nichts, da kam Emma nur mit ihren kleinen Fingern ran. Sie hasste es und sie wusch sich hinterher besonders sorgfältig die Hände, schrubbte sie mit der Wurzelbürste, so als könnten sich diese Plagegeister anderenfalls auf Dauer in die Poren und Falten ihrer Haut setzen.

Immerhin hatte ihre Mühe sich gelohnt. Zwanzig schöne Blumenkohlköpfe leuchteten ihr entgegen. Und die Rosenkohlstauden waren an ihren Stämmchen dicht an dicht mit großen, festen Röschen besetzt.

"Ein paar Bestellungen habe ich schon," meinte Emmas Mutter, "mit dem Rest gehen wir auf den Markt, am besten noch diese Woche."

Emma nickte. Das Jahr war inzwischen vorangeschritten und die ersten Nachtfröste würden nicht mehr lange auf sich warten lassen. Bis dahin musste ihre Ernte unter Dach und Fach sein, mit Ausnahme einiger Kohlsorten, die leichten Bodenfrost vertrugen.

Die Beiden wanderten weiter durch den Garten. Viele Beete waren schon abgeerntet. Dort, wo vorher die Bohnen gestanden hatten, wuchs jetzt Grünkohl, der sich schon ganz ordentlich entwickelt hatte. In all dem Trubel hatte Emma das fast nicht bemerkt. Bauer Lindemann war für seine Anzuchten von Kohlpflanzen berühmt. Emmas Vater, der Grünkohl mit Bregenwurst, der heimischen, geräucherten Grützwurst, liebte, hatte beizeiten einen ganzen Schwung Pflanzen erstanden und sie höchstpersönlich eingepflanzt. Eines Abends beim Essen, als die Mutter gerade am Herd stand, hatte er beiläufig gemeint:

"Emma, denkst du auch an den Grünkohl?"

Emma hatte ihn mit großen Augen erschreckt angeschaut.

"Nein, nein, alles in Ordnung. Ich hab ihn gerade gepflanzt. Die Jungpflanzen sehen wie immer gut aus. Sie sollen aber noch kräftig wachsen."

Ihr Vater hatte ihr zugezwinkert.

Emma hatte erleichtert geseufzt und genickt. Sie würde ihre regelmäßigen Rundgänge durch den Garten noch eine Weile fortsetzen müssen. Der Grünkohl konnte fast bis Weihnachten im Garten stehen, schmeckte er doch besonders gut, wenn er etwas Frost abbekommen hatte.

Es war fast so ein Abend wie damals. Jeder kaute gedankenverloren vor sich hin. Die einzige, die noch ein wenig Energie hatte, war Thea, die wie immer auf ihrem Sitz herum hibbelte und dabei gerade Fritz das Brot aus der Hand geschlagen hatte. Dieser war so müde, dass er sich kaum auf dem Stuhl halten konnte, starrte entgeistert auf seine kleine Schwester und kämpfte sichtlich mit den Tränen.

"Thea! Dass du nie Ruhe geben kannst! Ab ins Bett!"

Die Mutter sprach laut und so ungeduldig, dass Thea den Kopf einzog und widerspruchslos ins Schlafzimmer verschwand.

Alle anderen kauten schweigend weiter. Schließlich meinte der Vater:

"Es ist Zeit, den Platz für die Kartoffelmiete frei zu machen. Ihr solltet das morgen oder übermorgen erledigen. Da gehe ich mit dem Pflug über Lindemanns Stoppelfeld. Übermorgen Abend bin ich hoffentlich etwas früher da, dann können wir die Miete zusammen vorbereiten. Und danach ist die Düngung im Garten dran, sonst kriegen wir den Mist nicht mehr untergegraben."

Emma verzog das Gesicht. Sie wusste, dass die Herbstdüngung ihres Gartens für eine gute Ernte im nächsten Jahr unerlässlich war. Ihr Misthaufen am Ende des Grundstücks, direkt an der Grenze zu den Flusswiesen, hatte eine stattliche Größe erreicht und musste unbedingt auseinandergenommen und ein neuer Komposthaufen angelegt werden. Mit der Verteilung des Mistes überall im Garten würde ihnen jedoch dieser ganz spezielle Duft eine ganze Weile um die Nase wehen, bis es genug geregnet haben würde, um ihn zu vertreiben. Selbst das Untergraben half da nur wenig.

Immerhin hatten sie die letzte Etappe der Erntesaison erreicht. Am nächsten Tag, nachmittags nach der Schule, begannen Emma und ihre Mutter also, den Garten aufzuräumen. Auf den abgeernteten Flächen hatten sie, mit Ausnahme des Platzes für den Grünkohl, Lupine als Gründüngung ausgesät, die sie nun ernten und als Viehfutter einsetzen konnten.

Emma kämpfte sich durch den Dschungel gut kniehoher Pflanzen, deren Pfahlwurzeln tief in die Erde reichten und die Staude fest verankerten. Sie musste den Boden mit der Mistgabel tiefgründig lockern, um sie unbeschadet in einem Stück herauszubekommen. Emmas Mutter registrierte, wie sich ihre ja erst achtjährige Tochter mit der riesigen Gabel mühte und nahm sie ihr einfach aus der Hand.

"Lass mich mal lieber. Ich lockere den Boden. Hol du mal die große Kiepe und sammel die Pflanzen ein. Pass aber auf, dass du dabei nicht so viel Erde mitnimmst."

Emma war erleichtert. Oft genug hatte sie Arbeiten zu verrichten, für die sie eigentlich noch zu klein war. Aber wer sollte sie sonst tun? Manchmal erklärte ihr keiner so richtig, wie etwas zu machen war, und die Mutter schimpfte mit ihr, wenn sie dann was falsch machte. Sie schien zu erwarten, dass Emma diese Dinge einfach wusste. Aber konnte sie Gedanken lesen? Dass sie noch viel zu lernen hatte und dass ihr das leichter würde, wenn sich jemand einmal etwas Zeit für eine ordentliche Anleitung nahm, auf diese Idee kam ihre Mutter selten. Jeder lernte hier, indem er etwas tat. Fehler zogen eben Schimpfe oder sogar Strafe nach sich, gute Arbeit wurde schweigend hingenommen. Wurde einem ein Arbeitsgerät aus der Hand genommen, konnte man das als Beleidigung empfinden. Zumindest versetzte es einem einen Stich, hieß das doch ganz klar: Du kannst das nicht. Wenn man Glück hatte: Du kannst das noch nicht. Emma stand das Noch vor Augen. Und sie kannte ihre körperlichen Grenzen, denen ihre Krankheit noch eins drauf gesetzt hatte.

Emma holte also die große Kiepe, griff sich mit jeder Hand eine Pflanze und schlug sie locker gegeneinander. Die Erde war nach den Regenfällen der letzten Tage gut durchfeuchtet. Es war schwerer, fruchtbarer, lehmdurchsetzter Ackerboden, der die Pflanzen, die in ihm gediehen, nicht so leicht loslassen wollte. Emma warf einen kurzen Blick zu ihrer Mutter, die schweigend weiter arbeitete, und schaute wieder auf die Pflanzen in ihrer Hand, an deren Wurzeln immer noch große Brocken nasser Lehmboden klebten. Sie legte sie etwas abseits auf eine freie Fläche, griff sich die nächsten Pflanzen, klopfte ab, was sich freiwillig löste und legte sie zu den anderen. Emma machte eine ganze Weile so weiter und warf ab und zu einen prüfenden Blick auf die zuerst abgelegten Pflanzen, deren Erde inzwischen an der Luft etwas abgetrocknet war. Schließlich griff sie sich einige von ihnen und schlug sie noch einmal gegeneinander. Dieses Mal löste sich fast die gesamte Erde. Nur ein, zwei Pflanzen umfassten mit ihrem besonders dichten Wurzelwerk die Lehmbrocken so fest, dass Emma diese mit ihren Händen daraus lösen musste. Aber immerhin, das funktionierte. Diesen kleinen Trick hatte ihr Tante Thea verraten, als Emma ihr bei der Kartoffelernte geholfen hatte.

Emmas Mutter hatte es gesehen und sie hatte nicht geschimpft. Also musste Emma wohl etwas richtig gemacht haben. Ein ganz klein wenig regte sich Stolz in ihr, dass sie lernen konnte, und dass sie dies unabhängig von ihrer schroffen und oft mürrischen Mutter konnte.

Als die Lupinen geerntet und bei dem anderen Grünfutter und dem Stroh für die Tiere eingelagert waren, prüfte Emmas Mutter mit dem Spaten den Boden in der Nähe des Hauses. Der Platz für die Kartoffelmiete sollte für sie möglichst schnell zu erreichen sein und musste natürlich außerhalb der Hochwasserzone liegen. Aber selbst hier oben war der Boden unterschiedlich, mehr Lehm bedeutete mehr Feuchtigkeit, und davon durfte ihre gelagerte Ernte nicht zu viel abbekommen. Schließlich hatte sie einen günstigen Platz gefunden und begann, eine längliche Mulde auszuheben.

Emmas Mutter blickte kurz auf.

"Hierbei kannst du mir nicht helfen. Nimm Thea mit ins Haus. Du kannst schon das Abendbrot vorbereiten."

Am nächsten Abend war der Vater tatsächlich früher zu Hause. Emma und ihre Mutter hatten alles bereit gestellt, was in der Miete eingelagert werden sollte, vor allem natürlich Kartoffeln, aber auch Möhren, Rote Bete und Rüben. Es fehlte das Bett aus Stroh für ihre Schätze. Der Vater wuchtete dicke Garben Stroh in den Garten. Einige davon lösten sie auf, verteilten das Stroh großzügig in der von der Mutter gegrabenen Mulde, legten ihre Früchte hinein und bedeckten diese wiederum mit einer dicken Lage Stroh. Obenauf schaufelten sie eine gehörige Lage Erde, bedeckten den so entstandenen Hügel mit einer großen Plane, deren Kanten sie mit großen Steinen fixierten. Schließlich stapelten sie noch einige Garben Stroh darum herum. Diese Verpackung sollte ihre Ernte vor Fäulnis und zumindest mäßigen Frösten schützen. Einige Monate konnte sie so jedenfalls überstehen.

Emmas Eltern atmeten erleichtert auf. Die wichtigsten Dinge, die draußen zu erledigen waren und bei denen sie auf halbwegs günstiges Wetter angewiesen waren, hatten sie hiermit erledigt. Blieb noch die restliche Kohlernte.

Vor allem Weißkohl. Etliche schön gewachsene Köpfe davon waren fein zu raspeln und wurden dann genauso behandelt wie die Schnippelbohnen. Die Kohlschnitzel wurden mit Salz vermischt, gestampft und geknetet, bis der Saft austrat, dann in große Tonkrüge gefüllt, mit einem großen Teller abgedeckt, so weit nach unten gedrückt, dass der Kohl vollständig in der Salzlake verschwand und mit einem Stein oben drauf beschwert, um runde sechs Wochen später in leckeres und auch sehr gesundes Sauerkraut verwandelt zu sein.

Nach der Erntesaison folgte die Schlachtezeit. Emma hatte von ihrem Arzt immer noch keine Erlaubnis erhalten, wieder in die Ställe zu gehen. Sie half ihrer Mutter bei der Vorbereitung des Futters, insbesondere für die Schweine, die eine dicke Pampe aus allen möglichen Essensresten, Kartoffelschalen und Kleie bekamen. Alles andere musste ihre Mutter bisher allein bewältigen, nur sonntags, wenn auf den Feldern nicht gearbeitet wurde, half Emmas Vater dabei.

Vier Schweine hatten sie im Stall, zwei davon sollten jetzt geschlachtet werden, die anderen zwei eine Woche später, wenn die Fleischberge der ersten beiden verarbeitet waren. Emmas Mutter konnte all die anfallenden Arbeiten unmöglich allein schaffen. Tante Thea würde zu Hilfe kommen, so wie ihre Mutter auch ihr helfen ging, wenn solch große Aktionen anstanden. Aber Emma wusste genau, dass das auch für zwei Frauen noch ein riesiger Berg Arbeit war.

In letzter Zeit war Emma nur noch alle zwei Wochen zum Arzt gegangen. Obwohl ihr nichts weiter fehlte und sie zusehends besser laufen konnte, bestand er darauf, sie weiterhin regelmäßig zu sehen, weil in der Gegend immer wieder Kinder neu an Polio erkrankten und weil es nach wie vor keine Heilung gab. Und bisher wusste man auch nichts darüber, wie sich die Genesung längerfristig entwickeln würde. So behielt er seine Polio-Patienten gut im Auge.

Als Emma nun vor ihm stand und ihm eröffnete, dass sie beim Schlachten zu Hause auf jeden Fall mithelfen müsse, konnte er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Eine energische kleine Person war das Mädchen geworden. Rückblickend betrachtet war das nicht unbedingt zu erwarten gewesen.

Emma hatte den Kopf schief gelegt und schaute den Arzt erwartungsvoll an. Als dieser weiterhin schwieg, fuhr Emma fort:

"Ich werde aufpassen und mir immer gut die Hände waschen. Sie wissen, dass ich das kann. Bitte! Ich muss dabei helfen!"

Der Arzt seufzte ergeben und nickte. Selbst wenn er nein sagen würde, wäre ein Kontakt Emmas mit frischem Schlachtgut, mit all dem Blut, den Innereien und auch den Restfäkalien aus dem Darm der Tiere nicht zu vermeiden. Dann war es also schon besser, sie würde von sich aus besonders gut aufpassen.

"Also gut, aber versprich mir, dass du die Reinigung der Gedärme den Anderen überlässt. Sieh zu, dass du nicht dieselbe Toilette benutzt. Nicht mit ungewaschenen Händen ins Gesicht fassen oder essen. Und du kommst weiterhin zu mir zur Kontrolluntersuchung."

Emma nickte strahlend. Beinahe wäre sie dem Arzt vor Begeisterung um den Hals gefallen. Da sich so etwas aber nicht schickte, verabschiedete sie sich mit einem artigen Knicks und machte sich auf den Heimweg. In Gedanken traf sie bereits ihre Vorbereitungen. Das größte Problem war in der Tat normalerweise die Toilette. Es gab nur ein Plumpsklo, und das war im Stall, den sie ohnehin bisher nicht wieder betreten durfte. So hatte sie sich daran gewöhnt, auch tagsüber ihren Nachttopf zu benutzen und hielt immer frisches Wasser, Seife und ein eigenes Handtuch bereit, um alle möglichen Angriffe böser Krankheitskeime schon im Keim zu ersticken. Emma kicherte. Nettes Wortspiel.

Zu Hause angekommen, erklärte sie ihrer Mutter die Lage. Die blickte kurz auf und meinte:

"Das ist ja mal eine gute Nachricht. Morgen ist es soweit. Früh um sechs kommt Schlachter Schweinebart und um sieben Tierarzt Tegge zur Fleischbeschau. Du kannst mir hier bei den Gläsern helfen."

Emma nickte und ging in die neben der Küche gelegene Speisekammer, um von dort ein beachtliches Sortiment leerer Einweckgläser zu holen. Auf dem Herd dampfte bereits heißes Wasser in zwei großen Kochtöpfen. Emmas Mutter zog an zwei Griffen, die an der Längsseite unterhalb der Platte ihres Esstisches angebracht waren. Auf wundersame Weise teilten sich Beine und Leisten des Tisches zu einer verborgenen Konstruktion, in der zwei große, flache, runde, emaillierte Schüsseln steckten. Dann griff sie sich die dicken Topflappen und trug einen der Töpfe mit heißem Wasser vom Herd herüber.

"Vorsicht, heiß!"

Sie leerte ihn in eine der Schüsseln, tat etwas Seifenpaste dazu und einen kleinen Schwall kaltes Wasser aus einem bereit stehenden Eimer. Sie rührte ein paarmal darin herum, um etwas Schaum zu schlagen und wandte sich an Emma.

"So, jetzt gib mir die Gläser rüber."

Emma reichte sie ihr nach und nach. Die Mutter wusch die Gläser in dem heißen Spülwasser sorgfältig aus und stellte sie kopfüber in die zweite Schüssel zum Abtropfen. Als diese gut gefüllt war, griff Emma zu einem Geschirrtuch, trocknete sie ab und stellte sie auf das große Küchenbuffet. Ihre Mutter, die ganz rote Hände vom heißen Wasser hatte, holte ein großes Tablett, stellte die fertigen Gläser darauf und balancierte damit in die gute Stube. Den großen Tisch dort nutzten sie nur an Festtagen und wenn Besuch kam. Und für Großaktionen wie diese. Emmas Mutter leerte das Schmutzwasser aus der einen Schüssel mit Schwung in den Hof. Die Hühner und Enten, die dort gerade nach Körnern pickten, rannten empört flatternd, gackernd und schnatternd nach hinten in den Garten. Mit sauberem Wasser ging der Abwasch weiter, bis alle verfügbaren Gefäße nur so blitzten.

Emma und ihre Mutter schauten auf den Haufen Gläser, der in der Stube mittlerweile nicht nur den Tisch bedeckte, sondern auch jede freie Fläche des Wohnzimmerschrankes.

"Hm, wir haben diesmal vier Schweine. Die Gläser werden nicht ganz reichen. Geh doch mal zu Tante Thea. Frag sie, ob sie uns noch zehn Gläser leihen kann."

Emma nickte, band sich die große, bei der Arbeit ziemlich feucht gewordene Schürze ab, griff sich einen Korb und machte sich auf den kurzen Weg, für den sie zum Glück die Krücken nicht mehr brauchte.

Im Jahr zuvor hatten Emmas Eltern drei Ferkel vom Großbauern gekauft, um sie zu mästen. Eines davon war leider gestorben. Fleisch und Wurst von nur zwei Schweinen waren ihnen übers Jahr zu knapp geworden. Sie mussten am Ende einiges teuer zukaufen. So hatte der Vater dieses Mal vier Ferkel gekauft, die nun aber wider Erwarten alle gesund geblieben waren und angesichts des reichhaltigen Futters eifrig an ihren Rundungen gearbeitet hatten. Heute waren sie dicke, runde Prachtschweine, die nur darauf warteten, von Gourmets entdeckt zu werden.

Tante Thea, für deren noch kleine Familie zwei Schweine zur Versorgung ausreichten, hatte genug Gläser übrig und versprach Emma, morgen früh als Helferin zur Stelle zu sein.

Steter Wind

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