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Phase 1: Die Entstehung des Parthischen Reiches: von Arsakes I. bis Phraates I. (ca. 247–171 v. Chr.)
ОглавлениеIn dem Gebiet südöstlich des Kaspischen Meeres befanden sich zur Zeit der Achämeniden die Satrapien Parthava und Hyrkania (heutiges Gorgan), die dann unter seleukidischer Herrschaft zur Provinz Parthia vereint wurden. Dieses Gebiet stand unter der Leitung des Satrapen Andragoras, der dort von dem Seleukidenherrscher Antiochos II. (261–246 v. Chr.) eingesetzt worden war. Im Südosten dieser Provinz lebte der Stamm der Daher (lat. Dahae), die Parner (lat. Parni) genannt wurden und den Skythen zuzuordnen sind. Dieser Volksstamm war die Keimzelle für das Parthische Reich. Sein Siedlungsgebiet erstreckte sich den Angaben Strabons zufolge entlang des Flusses Ochos, der heute mit dem Fluss Uzboj, einem inzwischen ausgetrockneten Mündungsarm des antiken Oxus (heute Amu-Darja), identifiziert werden konnte.49 Von dort aus drangen die Parner unter der Leitung ihres Anführers Arsakes I. um 247 v. Chr. in das Gebiet Parthia ein und besiegten Andragoras.
Arsakes I. (ca. 247–211 v. Chr.) gilt als der Gründer des Parthischen Reiches. Er nennt sich auf den Münzen Autokrat (ΑΡƩΑΚΟΥ/ΑΥΤΟΚΡΑΤΟΡΟƩ), also jemand, der sich selbst als Herrscher eingesetzt hat. Den Titel „König“ gibt er sich noch nicht, erst Mithradates I. wird so tituliert werden. Ein Teil der Arsakes I. zugewiesenen Münzen weist die parthische Inschrift „krny“ auf, vermutlich die parthische Bezeichnung für ΑΥΤΟΚΡΑΤΟΡΟƩ (Abb. 10).
Nach der Eroberung der Satrapie Parthia soll Arsakes I. im Jahr 247 v. Chr. in Asaak50 zum Herrscher gekrönt worden sein. Hier soll auch das „unsterbliche königliche Feuer“ gebrannt haben. Man kann vermuten, dass dieses Feuer mit dem zoroastrischen Glauben in Verbindung steht. Die Stadt Asaak soll in der Astauene gegründet worden sein, ihre genaue Lage ist unbekannt. Mit dem Jahr 247 v. Chr. beginnt das Parthische Reich,51 was auch im parthischen Kalender deutlich wird, der diesen Krönungszeitpunkt als das erste Jahr der eigenen parthischen Zeitrechnung ansetzt. Die Parner erhielten den von der Bezeichnung der Satrapie Parthia abgeleiteten Namen „Parther“ und übernahmen auch die dort gesprochene parthische Sprache.52
Die Seleukidenherrscher unternahmen verschiedene Versuche, die an die Parther verloren gegangenen Gebiete zurückzuerobern und ihre eigenen Gebiete gegen parthische Angriffe zu schützen. So baute Seleukos II. neue Verteidigungsforts und die Stadt Dara, gelegen auf dem Berg Apaortenon. Die Lage der Stadt konnte bislang archäologisch nicht sicher bestimmt werden. Sie liegt vermutlich westlich von Merw. Arsakes I. gewann letztlich die Oberhand und konnte die Gebiete Parthia, Hyrkania, Herat und Astauene endgültig unter seine Kontrolle bringen.
Welchen Tatsachengehalt die unterschiedlichen Angaben über die Anfänge des parthischen Staates und die enormen Erfolge des Königs Arsakes I. haben, muss offenbleiben. Unschwer lässt sich manches als Gründungsmythos deuten: Die schlichten Anfänge und Ursprünge des Volkes, das Geschick des Gründers, der ein großes Reich aufgebaut habe, und die Verwandtschaft mit älteren Dynastien haben in der Geschichte viele Parallelen.
Arsakes II. (ca. 211–191 v. Chr.) folgte seinem Vater Arsakes I., dem Gründer des Parthischen Reiches, auf den Thron. Geschichtlich ist über ihn nur wenig bekannt. Er verlor ca. 210 v. Chr. einen Krieg gegen den Seleukidenkönig Antiochos III. (des Großen), wobei Parthien und Hyrkanien kurzfristig wieder unter seleukidische Herrschaft kam. Antiochos III. kämpfte jedoch anschließend erfolglos gegen Rom und musste daher eine erhebliche militärische Abrüstung hinnehmen, die sich insbesondere im Osten auswirkte. Die Parther konnten nun ihre Expansionspolitik ohne großen Widerstand wieder aufnehmen und nicht nur die verlorenen Bereiche zurückerobern, sondern auch weitere Gebiete hinzugewinnen.
Abb. 10: Arsakes I., Silberdrachme, S 3.1; Revers: bartloser Bogenschütze mit asymmetrischem Reflexbogen in der Rechten. Inschrift: ΑΡƩΑΚΟΥ („Arsakes“); links unterhalb des Bogens eine parthische Inschrift, vermutlich ist es die parthische Übersetzung für ΑΥΤΟΚΡΑΤΟΡΟƩ.
Phriapatius (ca. 191–176 v. Chr.) war der Enkel von Tiridates, einem Bruder von Arsakes I. Nach Sellwood sind von Phriapatius53 keine Münzen bekannt. Assar ordnet einige Münzen diesem Herrscher zu.54 Nur wenig ist aus dieser geschichtlichen Phase von den Parthern bekannt. Phriapatius hat möglicherweise in seiner 16-jährigen Herrschaft eine bedeutende Rolle für die Parther gespielt und Kämpfe gegen das Graeko-Baktrische Reich geführt. Eine Ausdehnung des Partherreiches nach Westen erfolgte nicht. Dafür sprechen seleukidische Münzen, die noch bis 148/147 v. Chr. in Ekbatana geprägt wurden. Aufgrund des Fehlens von Münzen wird sogar vermutet, dass die Seleukiden das parthische Gebiet als Vasallenstaat betrachtet hätten und sich Phriapatius in einer wie auch immer gearteten Abhängigkeit befunden habe. Drei Kinder folgten ihm auf den Königsthron: Phraates I., Mithradates I. und Artabanos I.
Phraates I. (ca. 176–171 v. Chr.) war der älteste Sohn von Phriapatius und übernahm den Königssitz nach dem Tod seines Vaters. Er führte einen Krieg gegen die Marder, ein Volk, das im Elburzgebirge südlich des Kaspischen Meeres beheimatet war. Die dabei gefangen genommenen Marder wurden nach dem Krieg zum Teil nach Charax in der Rhagiane umgesiedelt.55 Kurz nach seinem Sieg starb Phraates I. Auf den Thron folgte ihm nicht etwa sein Sohn, sondern vielmehr sein Bruder Mithradates I. Dies zeigt, dass die Thronfolge nicht zwangsläufig auf einen Sohn des jeweiligen Herrschers überging. Näheres zur Regelung der Nachfolge eines parthischen Königs findet sich im Kapitel „Der König“. Münzen von Phraates I. gibt es nach Sellwood nicht.56 Die Gründe dafür mögen ähnlich wie die bei Phriapatius sein und letztlich auf eine mögliche Abhängigkeit von den Seleukiden hinweisen.