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Phase 2: Expansion des Parthischen Reiches: von Mithradates I. bis Darius von Media Atropatene (ca. 171–70 v. Chr.)

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Mit Mithradates I. (ca. 171–138 v. Chr.)57 beginnt die zweite Phase des Parthischen Reiches, die in der parthischen Geschichtsschreibung als ein ganz entscheidender Zeitraum angesehen wird. Mithradates I. war offensichtlich eine dynamische und kraftvolle Persönlichkeit, weshalb es ihm gelang, ein neues großherrschaftliches Reich aufzubauen, indem er zunächst Gebiete des westlichen Iran sowie Teile des Graeko-Baktrischen Reiches eroberte. Die Stadt Herat, im heutigen Afghanistan gelegen, wurde unter Mithradates I. ca. 167 v. Chr. eingenommen. Von hier aus wurde der strategische Ausbau des Reiches nach Osten weiter vorangetrieben. Um 155 v. Chr. scheint der König die Gebiete von Media und Margiane unter seine Kontrolle gebracht zu haben. 148 v. Chr. endete der von ihm geführte Krieg gegen die Meder mit der Besetzung und Eroberung der medischen Hauptstadt Ekbatana. Als Zeichen seiner Herrschaft ließ Mithradates I. 148/147 v. Chr. in Ekbatana seine eigenen Münzen prägen. Eine große Herausforderung für Mithradates I. war ferner der erhebliche Widerstand in der Charakene und der Elymais (s. separates Kapitel), den er offensichtlich nur mühsam zu überwinden vermochte.

Im Jahr 141 v. Chr. gelangte Babylon unter parthische Herrschaft. Im selben Jahr eroberte Mithradates I. die seleukidische Hauptstadt Seleukia am Tigris und prägte im folgenden Jahr dort erstmalig Tetradrachmen. Wenige Jahre später dürfte auch das Gebiet um Susa in parthische Hand gefallen sein. Ein Kampf gegen die Graeko-Baktrier erforderte in dieser Zeit das Eingreifen des Herrschers im Osten, wo er den graeko-baktrischen König Heliokles besiegen konnte. Mithradates’ I. nächster Kriegszug – nach kurzer Erholungspause in seiner königlichen Residenz in Hyrkania – brachte den König wieder nach Westen, wo er im Kampf gegen die Seleukiden den jungen König Demetrios II. (geb. 160 v. Chr.) gefangen nahm. Politisch geschickt setzte er diesen zwar in seiner Burg in Hyrkania fest, verheiratete ihn jedoch später mit seiner Tochter Rhodogune. Seinen erfolgreichen und letzten Kampf führte Mithradates I. ca. 138 v. Chr. gegen die in sein Reich einfallenden Saken, die von nun an regelmäßig die nordöstliche Reichsgrenze bedrohten. Bis zum Ende des 2. Jhs. v. Chr. fiel ganz Mesopotamien an die Parther.58

Mithradates I. gilt geschichtlich als der eigentliche Gründer der parthischen Großmacht. Keilschriftlichen Inschriften zufolge trug bereits Mithradates I. den Titel „Basileos Basileon“ (König der Könige).59 Er war der hellenistischen Kultur zugewandt und ließ sich auf den Münzen mit dem Zusatztitel „philhellenos“ (der Griechenfreund) darstellen. Diese Münzen sind im seleukidischen Stil geprägt. Dies gibt einen eindeutigen Hinweis darauf, dass sich der Partherkönig zur damaligen Zeit als Nachfolger der Seleukiden darstellen wollte. Als Residenz im Westen gründete Mithradates I. mit Ktesiphon (ca. 30 km vom heutigen Bagdad entfernt) eine eigene parthische Stadt, die am linken Ufer des Tigris gegenüber von Seleukia lag.

Phraates II. (ca. 138–127 v. Chr.), der Sohn Mithradates’ I., folgte seinem Vater um 138 v. Chr. auf den Thron. Er war bei seiner Krönung sehr jung, weswegen seine Mutter, Ri-’nu60 anfangs die Regierungsgeschäfte für ihn übernahm. Phraates II. war in seiner Regierungszeit ständig zu Mehrfrontenkriegen gegen die Seleukiden und gegen die eurasischen Nomaden gezwungen, die im Osten eine ständige Bedrohung des Partherreiches waren. Möglicherweise deshalb wurden alle Münzen Phraates’ II. in östlich gelegenen Münzprägeorten erstellt, keine dagegen in Seleukia.

Während Phraates II. 130 v. Chr. im Osten gegen die Saken kämpfte, zog der seleukidische Herrscher Antiochos VII. Sidetes (139/8–129 v. Chr.) eine riesige Armee aus allen Gebieten des seleukidischen Herrschaftsbereiches zusammen – die von Justin (XXXVIII 10,2) erwähnte Zahl von 80.000 Kriegern sowie 300.000 Mann Tross ist allerdings sicherlich eine Übertreibung –, eroberte Babylonien und Medien zurück und quartierte seine Soldaten im Winter in Ekbatana ein. In dieser Situation schickte Phraates II. den früher gefangenen genommenen, inzwischen aber zu seinem Schwiegersohn gemachten Seleukiden Demetrios II., den Bruder von Antiochos VII., mit einer parthischen Truppe nach Syrien. Phraates II. hoffte mit dieser Entscheidung vergeblich, dass es damit zu Machtkämpfen zwischen den Brüdern um den Thron kommen werde. In der Zwischenzeit marschierte das parthische Heer in Eilmärschen aus dem Osten des Reiches nach Mesopotamien zurück. Schon im Frühjahr 129 v. Chr. gelang es Phraates II. mit Unterstützung seleukidischer Garnisonsstädte, die sich auf die Seite der Parther gestellt hatten, die Truppen von Antiochos VII. zu besiegen und die an diesen verlorenen Gebiete zurückerobern.61 Antiochos selbst fiel, sein Sohn Seleukos wurde gefangen genommen. Der Zerfall des Seleukidenreiches, das von nun an im Wesentlichen auf Nordsyrien und Ostkilikien beschränkt war, hatte damit seinen Anfang genommen. Mesopotamien verblieb unter der Herrschaft Phraates’ II.

Nach dem durch die Seleukiden erzwungenen Abmarsch der Truppen Phraates’ II. nach Westen griffen die zuvor geschlagenen Nomadenvölker, Saken und Tocharer, wieder die nunmehr ungeschützte Grenzregion im Nordosten an und überrollten und plünderten zwischen 130 und 128 v. Chr. Baktrien und die östlichen Gebiete Parthiens. Phraates II. zog erneut nach Mittelasien. Zu seinem Heer gehörten offensichtlich gefangene Griechen, die mit brutalen Methoden zum Kampf getrieben wurden. Diese Griechen liefen im Kampf im Jahr 128/27 v. Chr. zum Feind über und schwächten so das Heer der Parther.62 Die Saken errangen den Sieg, und Phraates II. wurde im Kampf getötet. Es besteht Unklarheit darüber, ob nach dem Tod Phraates’ II. in der Zeit von 127–125 v. Chr. für einige Monate ein Zwischenkönig regiert hat, bevor Artabanos I. die Herrschaft über die Parther übernahm.63 Bei den Münzen, die Sellwood dem Typ 18 zurechnet, könnte es sich auch um Münzprägungen handeln, die im Stil Mithradates’ I. gehalten sind und damit als posthume Münzausgaben zu bewerten wären.

Artabanos I. (ca. 127–124 v. Chr.), ein Bruder von Mithradates I. sowie von Phraates I., wurde nach dem Tod von Phraates II. ca. 127 v. Chr. König der Parther. Auch er rieb sich in Zweifrontenkriegen auf. Im Westen verlor er für kurze Zeit Babylonien an das Königreich von Charakene. Er konnte dieses Gebiet jedoch später zurückerobern. Im Osten drangen die Saken erneut mehrfach in das Parthische Reich ein. Artabanos I. wurde dort im Kampf, möglicherweise durch eine vergiftete Waffe, um 124 v. Chr. getötet. Seine Münzen weisen eine hohe künstlerische Qualität auf. Inschriften wie ΒΑƩΙΛΕΩƩ ΜΕΓΑΛΟΥ ΑΡƩΑΚΟΥ ΦΙΛΑΔΕΛΦΟΥ ΦΙΛΕΛΛΗΝΟƩ ([Münze des] Großkönigs Arsakes, des Bruderliebenden, des Griechenfreundes) zeigen eine Hinwendung zum Griechentum, die unschwer als politische Aussage zu werten ist.

Unter Mithradates II. (ca. 123–88 v. Chr.), Sohn Artabanos’ I., kam es während der 35-jährigen Herrschaft zu einer großen Blüte und Ausdehnung sowie zu einer Stabilisierung des Parthischen Reiches. Nach Assar (2006) war Mithradates II. (= Arsakes XI.) jedoch ein Sohn Phriapatius’ und Bruder Mithradates’ I. und regierte von ca. April 121–Sept. 91 v. Chr. Mithradates II. schlug die Saken im Osten des Reiches und machte sie tributpflichtig. Im Westen eroberte er weitere Bereiche von Babylonien und Mesopotamien, ebenso die Charakene.64 Chinesischen Quellen zufolge herrschte er auch über skythische Stämme. Mithradates II. besiegte den König Artavasdes von Armenien und nahm dessen Sohn Tigranes gefangen. Später wurde dieser als König über Armenien eingesetzt. Armenien wurde damit zu einem Gebiet dauernder Auseinandersetzungen zwischen Rom und Parthien.


Abb. 11: Mithradates II., Tetradrachme, S 24.4, Avers: bärtiger Herrscher mit Diadem und Halsreifen (Torque). Revers: Bogenschütze auf einem Omphalos sitzend. Inschrift: ΒΑƩΙΛΕΩƩ ΜΕΓΑΛΟΥ ΑΡƩΑΚΟΥ ΕΠΙΦΑΝΟΥƩ, [Münze des] Großkönigs Arsakes, des Erscheinenden.

Mithradates II. war der erste parthische König, der sich mit dem immer stärker werdenden Römischen Reich auseinandersetzen musste. Durch die Eroberung der Fürstentümer Adiabene, Gordyene und Osrhoene machte er den Euphrat zur westlichen Grenze des Partherreiches. Hier traf er um 96 v. Chr. zum ersten Mal auf die Römer. Es ist heute klar, dass Rom die Größe und Stärke des Parthischen Reiches unterschätzte und dieses Reich nicht als ebenbürtig ansah.65 Die Verhandlungen mit den Römern erbrachten im Ergebnis, dass der Euphrat als Grenze beider Reiche anerkannt wurde.66 Trotz aller außenpolitischen Erfolge hatte Mithradates II. mit inneren Feinden zu kämpfen. In Mesopotamien erhob sich der lokale Herrscher Gotarzes I. gegen ihn, den er jedoch erfolgreich bekämpfen konnte. Es kam unter Mithradates’ Herrschaft dann zu einer politischen Stabilisierung, insbesondere, nachdem es dem parthischen König gelungen war, im Westen Mesopotamien und im Osten Baktrien, Sogdien und die Sakengebiete zu befrieden. Im Osten hatten die Chinesen inzwischen die Hunnen besiegt und ihre Einflusssphäre bis nach Ferghana in Mittelasien ausgedehnt. Damit wurden sie direkte Nachbarn der Parther. Der chinesische Kaiser Han Wudi (Wu-ti) sandte um 115 v. Chr. eine Abordnung zu den Parthern mit dem Ziel, Handelsbeziehungen aufzubauen.67 Umgekehrt besuchten auch parthische Gesandte den chinesischen Hof.


Abb. 12: Mithradates II., Silberdrachme, S 28.5; der König mit der Tiara, dem Herrschaftszeichen östlicher Könige. Revers: sitzender Bogenschütze, Inschrift: : ΒΑƩΙΛΕΩƩ ΒΑƩΙΛΕΩΝ ΜΕΓΑΛΟΥ ΑΡƩΑΚΟΥ ΕΠΙΩΑΝΟΥƩ.

Unter diesen Rahmenbedingungen florierte der internationale Handel von Syrien bis nach China in einer zuvor nie dagewesenen Dimension, mit Handelswegen, deren Sicherheit die Parther garantierten. Die Seidenstraße etablierte sich als wichtige Handelsverbindung. Auch im Bauwesen bahnte sich unter Mithradates II. eine Veränderung an, Tempel im babylonischen Stil wurden durch Bauten in einem hellenistisch-parthischen Stil ersetzt. Mithradates II. nannte sich auf den Münzen „Basileos Basileon“ (König der Könige), ein Titel, der auch deutlich macht, dass er über die Regionalkönige herrschte. Gleichzeitig ordnete setzte er sich damit in die Tradition der achämenidischen Herrscher ein, die diesen Titel bereits früher getragen hatten. Nach keilschriftlichen Dokumenten bediente sich bereits Mithradates I. dieses Titels.68

Aufgrund der von ihm gegen Rom erzielten Erfolge muss man Mithradates II. heutzutage als eine der großen Herrscherpersönlichkeiten der parthischen und auch der altorientalischen Geschichte insgesamt einstufen. Die Bewertung verschiedener Funde, insbesondere auch die Analyse der Münzen, zeigt, dass es in dieser zweiten Phase des Partherreiches durch die Ausdehnung des Reiches auch zu einem anderen Bewusstsein in der Selbstdarstellung kam. Die Parther orientierten sich nicht mehr, wie in der Frühzeit des Reiches, nur an den Griechen, sondern besannen sich auf ihre eigene Herkunft aus Mittelasien. Deutlich kann man dies an der Darstellung Mithradates’ II. mit einer spezifischen Tiara sehen (Abb. 12), die das Herrschaftszeichen östlicher Nomadenkönige war. Die griechische Königsbinde, das Diadem, wurde zusätzlich zur Tiara getragen. Auch verschiedene Nachfolger Mithradates’ II. trugen eine Tiara, die sich schließlich bis nach Hatra und die Osrhoene verbreitete.

Im mesopotamischen Gebiet erhob sich der bereits erwähnte lokale König Gotarzes I. (ca. 95–90 v. Chr.) als Gegenherrscher gegen Mithradates II. Dies belegen astronomische Urkunden aus dem dortigen Gebiet, in denen Gotarzes I. direkt mit seinem Eigennamen erwähnt wird, während Mithradates II. nur für die Jahre 93 und 92 v. Chr. dort Erwähnung findet. Offensichtlich konnte Gotarzes I. durch Mithradates II. besiegt werden (s. Anmerk. 68).

Die Zeit nach Mithradates II., ab ca. 90 v. Chr., bis zur Herrschaft von Orodes II., 57 v. Chr., wird oft auch als die dunkle Zeit Parthiens bezeichnet, da es keine klaren Daten für die in diesem Zeitraum aufeinanderfolgenden Herrscher gibt. Orodes I. regierte nach Angaben von Sellwood von ca. 90–80 v. Chr., während Assar 80–75 v. Chr. angibt. Die Eroberung der Elymais um 78 v. Chr. würde dann in die Regierungszeit dieses Herrschers fallen, allerdings scheint Orodes I. wenig später die Stadt Susa verloren zu haben.69 Assar ordnet daher Münzen des Typus Sellwood 31, die Sellwood Orodes I. zugeschrieben hat, nunmehr Mithradates III. zu. Auch für den Unbekannten König I. (ca. 80 v. Chr.) und den Unbekannten König II. (ca. 80–70 v. Chr.) ist die Datenlage schwierig. Assar ordnet den Typ Sellwood 30 Artabanos II. zu.

Sinatrukes (ca. 77–70 v. Chr.) war der Bruder von Phraates II. und der adoptierte (?) Sohn von Mithradates I. Im hohen Alter von 80 Jahren wurde Sinatrukes auf den parthischen Thron erhoben. Davor hatte es offenbar Unruhen gegeben, die von dem armenischen König Tigranes II. ausgegangen waren. Dieser hatte die Atropatene (heutiges Gebiet von Aserbaidschan) und Gordyene (südöstlich vom heutigen Armenien) besetzt und war bis nach Ekbatana gelangt. Münzen von ihm wurden in Susa und anderswo im Parthischen Reich gefunden. Allerdings hat Tigranes Babylon nie erobert. Das ankerähnliche Symbol hinter dem Kopf Sinatrukes’ ist ein Herrschaftszeichen, das bereits in seleukidischer Zeit verwandt wurde.70 Auch bei Darius von Media Atropatene (ca. 70 v. Chr.) ist die Datenlage schwierig. Darius war möglicherweise nur ein lokaler Herrscher im Gebiet von Media Atropatene. Assar ordnet die Münzen S 35–37 Phraates III. zu.70a

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