Читать книгу Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg - Uwe Umbach - Страница 37
3. Regelungen zur Anerkennung von Diplomen und sonstigen Bildungsabschlüssen
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Die europaweite Anerkennung ausländischer Diplome ist eine konstitutive Voraussetzung für das Funktionieren der Personenverkehrsfreiheiten (Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Art 45, Niederlassungsfreiheit – Art. 49 und Dienstleistungsfreiheit – Art. 56). Es ist unmittelbar einsichtig, dass niemand von diesen Freiheiten Gebrauch machen würde, müsste er oder sie erst noch das Diplom des Gaststaates erwerben.[33] Schon die ständige Rechtsprechung des EuGH zum Behinderungsverbot[34] müsste dazu führen, dass ausländische Abschlüsse – inhaltliche Gleichwertigkeit vorausgesetzt – europaweit anzuerkennen wären. Allerdings würde eine nur grundsätzlich statuierte Anerkennungspflicht angesichts des Dickichts europäischer Ausbildungs- und Berufszulassungsvorschriften rein praktisch unüberwindbare Hindernisse aufstellen und den einzelnen Mitgliedstaaten Raum lassen, wirkliche oder nur behauptete Defizite in der Ausbildung zum Anlass für die Behinderung der Freiheitsausübung zu machen. Bereits die Gründungsväter der EG haben, dies voraussehend, deshalb in Art. 53 AEUV eine entsprechende Kompetenz vorgesehen, die nicht zuletzt auch der Transparenz und Rechtssicherheit dienen soll.
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Zur Umsetzung dieses Ziels hat die damalige EG zunächst (in den Siebziger- und Achtzigerjahren) den Weg beschritten, einzelne Berufe und Abschlüsse auf der Basis standardisierter Ausbildungsgänge zu harmonisieren.[35] Allerdings erwies sich dieser Weg als nicht praktikabel,[36] so dass Ende der Achtzigerjahre ein neuer Weg beschritten wurde. Anknüpfend nicht mehr an europaweit einheitliche Studienordnungen sondern an die Anerkennung des wechselseitigen Niveaus und der erreichten Kompetenz ergingen drei Anerkennungsrichtlinien,[37] von denen die hier einschlägige Diplomrichtlinie im Prinzip eine Anerkennung für den Fall eines mindestens dreijährigen Vollzeitstudiums auf Hochschulniveau vorsah. Ein Gemeinschaftsbürger musste danach in jedem Mitgliedstaat zur Berufsausübung zugelassen werden, wenn er die Zulassungsvoraussetzungen in (nur) einem Mitgliedstaat erfüllte. Weitere Voraussetzungen (Anpassungslehrgänge, zusätzliche Prüfungen etc.) konnten nur vorgeschrieben werden, wenn tatsächliche Defizite vorhanden waren.[38]
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Im Jahre 2005 schließlich vollendete die EU ihren umfassenden Ansatz mit der Berufsanerkennungsrichtlinie,[39] die nunmehr für alle reglementierten beruflichen Tätigkeiten gilt. Sie geht vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung der Abschlüsse aus und definiert für bisher nicht spezifisch erfasste Berufe fünf verschiedene Kompetenzniveaus, denen bestimmte berufliche Anforderungen zugeordnet sind, für die dann die europaweite Anerkennung gilt.[40] Hochschulausbildungen sind danach auf dem vierten oder fünften Niveau angesiedelt. Nach der Umsetzung (Fristende Oktober 2007) traten die o.g. speziellen Richtlinien außer Kraft.[41] Unterstützt werden soll dieser Prozess durch die Aufstellung eines „Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR)“ dem entsprechend nationale Qualifikationsrahmen gegenüber gestellt werden sollen. Im Jahre 2013 wurde die Berufsanerkennungsrichtlinie modernisiert, u.a. durch die Einführung eines europäischen Berufsausweises für bestimmte reglementierte Berufe.[42]
1. Kapitel Rechtsgrundlagen für die Hochschulen in Baden-Württemberg › A. Europarecht und Völkerrecht › III. Die Forschungspolitik der Union