Читать книгу Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg - Uwe Umbach - Страница 44
b) Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 III 1 GG)
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Art. 5 III 1 garantiert neben der Kunst- die Wissenschaftsfreiheit, ohne diese selbst zu definieren. Explizit genannt werden Forschung und Lehre, allerdings neben der Wissenschaft, die den Oberbegriff zu ihnen darstellt. Der Schutzbereich ist im Wesentlichen unstrittig. So betrachtet das Bundesverfassungsgericht als Wissenschaft „die auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei der Suche nach Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe“.[56] Wissenschaft ist ein von staatlicher Fremdbestimmung freier Bereich autonomer Verantwortung, die sich an ihrem Ziel, dem Bemühen um Wahrheit, ausrichtet. Geschützt ist sowohl die Erkenntnissuche (Forschung) wie die Weitergabe an Dritte (Lehre einschließlich Prüfungen). Die Lernfreiheit der Studierenden folgt nicht aus Art. 5 sondern aus Art. 12.[57]
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Personell schützt die Wissenschaftsfreiheit den Hochschullehrer, aber auch wissenschaftliche Mitarbeiter und Studierende, solange und soweit sie an wissenschaftlicher Forschung und Lehre teilnehmen.[58] Geschützt sind auch die Hochschulen selbst. Aus institutioneller Sicht schützt die Wissenschaftsfreiheit nicht nur die Universitäten, sondern auch die Pädagogischen Hochschulen und die Hochschulen für angewandte Wissenschaften (Fachhochschulen)[59] so wie auch private Hochschulen, sofern sie dem Wissenschaftsbegriff genügen. Für die Duale Hochschule gilt diesbezüglich das Gleiche.[60] Die Universitätskliniken unterfallen Art. 5 III GG im Rahmen ihrer Forschungs- und Lehrtätigkeit.
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Sachlich schützt Art. 5 III GG zunächst vor Eingriffen, und zwar primär vor solchen des Staates, aber auch der staatlichen (Hochschul-) Verwaltung und der akademischen Selbstverwaltung in die Inhalte der Arbeit der Wissenschaftler.[61] Zwar hat der Staat das Recht, das Hochschulwesen umfassend zu regeln, jedoch muss er dabei auf die Hochschulautonomie Rücksicht nehmen.[62] Maßnahmen in administrativen Dingen, in Statusfragen oder zu sonstigen Rahmenbedingungen können dann ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit sein, wenn sie sich nicht im Äußerlichen erschöpfen, sondern Auswirkungen auf die inhaltliche Arbeit haben.
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Darüber hinaus verleiht die Wissenschaftsfreiheit auch positive Ansprüche, und zwar auf Mitwirkung und Einfluss der Hochschulangehörigen in der Selbstverwaltung. In seiner Rechtsprechung der Siebzigerjahre hat das Bundesverfassungsgericht hierzu teilweise äußerst detaillierte Vorgaben zur Gruppenuniversität gemacht.[63] Neben der Teilhabe folgt aus Art. 5 III GG auch der Anspruch auf eine Mindestausstattung an Personal- und Sachmitteln,[64] und zwar sowohl für den einzelnen Wissenschaftler wie für die Hochschule selbst, freilich im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Staates. In Verbindung mit dem o.g. Art. 4 III EUV gehört hierzu auch das Recht und die Möglichkeit, Zugang zu EU-Mitteln zu erhalten. Ein konkreter Anspruch auf Bereitstellung von Kofinanzierungsmitteln im Einzelfall lässt sich daraus aber nicht ableiten, wohl aber die Gewährleistung der grundsätzlichen „Europafähigkeit“ der Hochschulen. Eine Bestandsgarantie für einzelne Hochschulen enthält Art. 5 GG nicht.
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Fraglich sind die Schranken der an sich schrankenlos garantierten Wissenschaftsfreiheit. Unstreitig ist das Vorhandensein immanenter Schranken, insbesondere durch die Rechte anderer, sowie durch andere Verfassungsnormen und verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter.[65] Insbesondere die finanziellen Möglichkeiten des Staates bilden einen begrenzenden Rahmen. Auch muss es dem Staat erlaubt sein, das Hochschulwesen zu gestalten und erforderlichenfalls neu zu ordnen, selbst wenn dies Auswirkungen auf die Wissenschaftsfreiheit hat.[66]