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Prolog

Samstag, 23 Uhr 30

Jennifer lehnte sich an ihren Freund und kicherte verlegen. Sie hatte ein bisschen zu viel von dem Alkopop getrunken. Gerade genug, um ihre Hemmungen abzubauen. Thomas nahm sie bei der Hand und zog sie weiter durch das Gestrüpp.

„Wann sind wir da?‟, fragte Jennifer ungehalten. Sie wollte sich ins Gras legen, sich von Thomas küssen lassen, und ja, sie wollte auch das, was dann mit Sicherheit folgen würde. Heute war sie bereit dazu. Heute würde es geschehen. Nicht nur, weil Thomas langsam die Geduld verlor, sondern auch weil sie sich danach sehnte, endlich ihren Status als Jungfrau zu verlieren – und sie wollte, dass Thomas der Erste war, mit dem sie Sex hatte.

Er kenne ein schönes Plätzchen, an dem sie ungestört wären, hatte er ihr ins Ohr geflüstert, nachdem sie seine stürmischen Liebkosungen diesmal nicht abgewehrt hatte.

„Gleich! Wir sind gleich da. Kannst es wohl gar nicht mehr erwarten?‟ Sie bemerkte seinen schnellen Atem, der bestimmt nicht von dem Fußmarsch rührte. Endlich durchbrachen sie das Dickicht und standen auf einer Lichtung.

Thomas hatte nicht zuviel versprochen. Es war wunderschön. Die Lichter der Stadt glänzten am Fuße des Berges und über ihren Köpfen funkelte ein atemberaubender Sternenhimmel.

„Und was ist, wenn jemand kommt?‟, fragte Jennifer. Jetzt wäre ihr etwas weniger Romantik, dafür aber ein sicheres Dach über dem Kopf, doch lieber gewesen. Wie peinlich, falls ein Spaziergänger sie entdecken sollte.

„Es kommt niemand. Wer sollte denn mitten in der Nacht hier heraufwandern? Da drüben‟, deutete Thomas mit dem Finger auf einen Platz, „da ist es schön.‟

Er legte seinen Arm um Jennifers Taille und wollte sie in die Richtung, in die er gezeigt hatte, führen. Sie drückte sich eng an ihn, schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn. Wild und ungehemmt. Thomas erwiderte ihren Kuss leidenschaftlich, und Jennifer war es jetzt egal, ob jemand käme. Keuchend ließ Thomas von ihr ab, nahm ihre Hand.

„Komm, Hexchen. Wir breiten die Decke aus und machen da weiter, wo wir gerade aufgehört haben.‟

Ein wenig Angst hatte sie schon, noch mehr verspürte sie aber Lust und Aufregung. Nein, ein Zurück gab es nicht. Sie wollte es tun. Jetzt!

Jennifer beschleunigte ihren Schritt. Der Mond wurde von einer Wolke verdeckt. Es wurde unvermittelt finster, und sie stolperte. Thomas fing sie auf.

„Die Decke‟, erinnerte Jennifer ihren Freund. Sie hatte zugestimmt, mit ihm hier heraufzukommen, allerdings war ihr die Vorstellung, auf ihrer nackten Haut außer Thomas’ Händen und Lippen Ameisen und andere Krabbeltiere zu spüren, unheimlich.

Mit Schwung breitete er die Wolldecke, die er aus dem Auto mitgebracht hatte, aus, setzte sich und zog sie zu sich hinab. Die eine Hand spielte mit ihrem Haar, während die andere damit beschäftigt war, durch die Bluse ihre Brüste zu streicheln. Jennifer lehnte sich zurück. Er legte sich auf sie, liebkoste mit seiner Zunge ihren Hals, ihre Lippen, ihr Ohrläppchen. Sie spürte seine Erregung, fühlte seinen Herzschlag an ihrem. Sie hätte sich ewig von Thomas streicheln lassen können. Doch nun drehte er sich mit ihr, sodass sie obenauf lag. Seine Augen blitzen in der Dunkelheit. Jennifer setzte sich auf seine Oberschenkel, ihre Hände wanderten über seine Brust, unter sein T-Shirt, unter den Bund seiner Hose. Er zog sein Shirt über den Kopf und öffnete den Reißverschluss seiner Jeans, dann knöpfte er ihre Bluse auf und streifte sie über ihre Schultern. Schon hatte er an ihrem Rücken den BH aufgehakt und umkreiste mit seinen Fingern ihre Brustwarzen. Jennifer stöhnte vor Lust. Sie legte sich auf ihn, spürte seine Haut an ihrer, seine Hände auf ihrem nackten Rücken.

„Zieh dich aus‟, forderte Thomas mit belegter Stimme. Jennifer rückte von ihm ab und legte sich neben Thomas auf die Decke. Sie stemmte ihre Füße auf den Boden und hob ihre Hüften, um ihre Hose herunterschieben zu können. Verdammt, warum hatte sie bloß diese engen Röhrenjeans angezogen?

„Soll ich dir helfen?‟, fragte Thomas.

„Ja, zieh mal an den Hosenbeinen, ich komm nicht raus.‟

Thomas zog und zerrte, Jennifer schob, und schließlich rutschte die Hose über ihren Po. Thomas verlor das Gleichgewicht und fiel nach hinten. Jennifer brach in schallendes Gelächter aus. Auf allen Vieren kroch sie in die Richtung, in der sie Thomas vermutete. Sie konnte ihn nur ertasten, denn immer noch war es stockfinster. Ihre Fingerspitzen berührten etwas Weiches, Samtiges.

„Thomas?‟, fragte sie flüsternd. „Da ist was.‟

Thomas griff nach ihrem Arm, und Jennifer schrie auf.

„He, hier bin ich‟, neckte er sie. Jennifer schüttelte seine Hand ab.

„Das ist nicht komisch. Ich hab da was gespürt‟, beharrte Jennifer. Sie hatte auf einmal gar keine große Lust mehr auf Sex. Es war eine Schnapsidee gewesen, hierherzukommen. Andererseits war das, was sie gespürt hatte, weder eklig noch unangenehm gewesen. Sie hatte sich lediglich erschrocken.

Jennifer tastete erneut nach dem, was sie kurz zuvor berührt hatte. Nun, da sie darauf vorbereitet war, wurde sie mutiger. Da war es. Zart und weich. Und nun wusste sie auch, um was es sich handelte. Sie sog den schweren Duft ein.

„Du bist verrückt.‟ Erleichterung machte sich in ihr breit. Thomas hatte Lilien heraufgebracht. Einen ganzen Strauß. Vielleicht wollte er sie auf Blüten betten. Wie süß! Sie drehte sich zu ihm, um sich gebührend zu bedanken. Da riss die Wolkendecke auf, Mondschein erhellte die Lichtung. Ihr strahlendes Lächeln gefror, als sie Thomas’ Gesichtsausdruck sah. „Heilige Scheiße!‟, entfuhr es ihm, und er zeigte mit dem Finger an eine Stelle neben der Decke.

Jennifer drehte sich um. Da war tatsächlich ein Bett aus Lilien. In diesem lag eine Puppe, bekleidet mit einem weißen Rüschenkleidchen. Jennifer wollte nach ihr greifen, doch Thomas hinderte sie daran. Da begriff sie: Die Puppe war gar keine.

Das war ein echtes Baby. Reglos. Starr. Tot. Jennifer öffnete den Mund und begann gellend zu schreien. Sie hatte sich gewünscht, diese Nacht ewig in ihrer Erinnerung zu bewahren, immer an ihr erstes Mal zu denken. Stattdessen war diese Samstagnacht, die die schönste ihres Lebens hätte werden sollen, zu einem Albtraum geworden.

Das Liliengrab

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