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Von den Anordnungen zu einer größeren Gesellschaft

( Spemanns Schatzkästlein, 1892 )

Ein Festmahl ist der Prüfstein jeder Hausfrau. Zwar wird sie, was zu ihrer Entlastung nur anzuraten ist, manches von dem, was sie sonst selbst auszuführen oder wenigstens zu überwachen gewohnt ist, der Bedienung zu überlassen genöthigt sein, vor allem die Tätigkeit am Herde am Tage der Gesellschaft selber vollständig meiden, um ohne Erhitzung oder Erschöpfung, frisch und fröhlich den Gästen entgegentreten zu können. Dennoch hat sie Gelegenheit genug, ihre Kochkunst in das rechte Licht zu stellen, nicht nur durch Vorführung des mannigfachen Eingemachten, sondern auch durch manche Speisen, wie Salate, kalte, süße Speisen, die sie recht gut am Tage vorher zubereiten kann. Zugleich wird sie durch solches Vorarbeiten, wozu auch das Putzen des Silbergeschirrs und das Nachsehen und Bereitstellen aller zu gebrauchenden Geräte, sowie das Zurichten und Spicken der Braten gehört, für den Tag der Gesellschaft Muße und Freudigkeit gewinnen zu einer hübschen Anordnung der Tafel und zur sorgfältigen Belehrung der Bedienung. Dieses umsichtige Walten der Hausfrau wird dem kundigen Auge ebenso wenig verborgen bleiben, wie der feine Geschmack, der sich in der Aufstellung der Speisenfolge zeigt, so diese nur recht gustieret wird.

Für jeden Gast sind 60 bis 70 cm breit Raum zu rechnen, und die Breite der Tafel ist so zu bemessen, daß der Mttelraum zwischen den Gedecken zur bequemen Aufstellung aller zur Verzierung dienenden Theile Gelegenheit gibt. 100 bis 110 cm Tischbreite werden dazu ausreichen, eine größere Breite würde der leichten Verständigung mit den gegenübersitzenden Personen hinderlich sein.

Schon das Tischtuch ( das der Schalldämpfung wegen mit einer Friesdecke zu unterlegen ist ) , bildet, da bunte Farben nicht mehr wie früher verpönt sind, einen Theil der Ausschmückung der Tafel, zumal, wenn es an den Enden zu zierlichen Fächerfalten aufgerafft wird.

Außer dem hohen, den Mittelpunkt der Tafel bildenden als den Ehrenplatz besonders hervorhebenden Aufsatz für Früchte und Süßigkeiten, der gerade wegen seiner Höhe auch noch durch einen Blumenstrauß gekrönt sein kann, sollten Blumensträuße in Vasen möglichst vermieden werden, da sie in Gesichtshöhe der Gäste deren

Verbindung erschweren, dagegen sind die niedrigen, schmalen Glasbehälter mit Blumenfüllung vorzüglich geeignet, den Raum zwischen den Schüsseln und Karaffen anmutig und ohne Behinderung der Gäste auszufüllen. Alle mit besonderer Kunst aufgeputzten kalten Gerichte, ebenso eingemachte Früchte in Kristallschalen, können zur Verzierung der Tafel mit verwandt werden.

Die zu wechselnden Teller und Besteck sind auf einem besonderen Tisch bereit zu stellen.

Auf die Tafel kommt für jede Person nur ein großer und links daneben ein kleiner flacher Teller, ersterer mit daraufliegendem Mundtuch, auf welchem wieder die, wenn möglich durch Malerei verzierte oder durch humoristische Sprüche belebte Tischkarte, nebst einem Sträußchen, ihren Platz findet.

Rechts neben dem Teller liegt auf dem Messerbänkchen, dem Teller zunächst die Gabel, daneben das Messer, mit der Schneide dem Teller zugewandt, schräg über beiden der Suppenlöffel. Der Kompottlöffel und das Brotmesserchen befinden sich oberhalb des Tellers.

Der gewöhnliche Tafelwein wird in Kristallkaraffen auf die Tafel gesetzt, während man etwa zum Fisch und Braten besonders auserlesene Weine oder Schaumwein in den Originalflaschen aufstellt.

Bei größeren Diners werden zu jedem Gang andere Weine serviert, welche in Gläsern eingeschenkt von der Bedienung dargereicht werden, die auch das Nachschenken besorgt. Auch der Portwein oder Madeira zur Suppe wird von der Bedienung herumgereicht, in diesem Fall kommt nur ein Rot – oder Rheinweinglas neben das Gedeck. Ganz besonders ist darauf zu achten, daß jede Weinart die ihr zukommende Temperatur hat. Daß Weißweine kühler zu halten sind als Rotweine wird als bekannt vorausgesetzt. Wasserkaraffen, im letzten Augenblick frisch aufgefüllt, und eine Anzahl Gläser sind am Büffet bereit zu halten. Gefäße für Öl und Essig kommen überhaupt nicht auf den Tisch, da deren Benutzung einer Beleidigung der Hausfrau gleichkäme. Nur Salz und allenfalls Pfeffer ist nachzunehmen gestattet. Damit dies aber ohne Aufsehen geschehen kann, ist mindestens für je zwei Gedecke ein zierliches Salznäpfchen aufzustellen. Zum Anrichten der Suppe und Tranchieren des Fleisches ist ein besonderes Tischchen von sonstigen Geräten freizuhalten.

Der Kaffee wird nach nach Aufhebung der Tafel den Damen im Nebenzimmer gereicht, während den im Eßzimmer zurückbleibenden Herren neben dem Kaffee ein Gläschen Marascino oder Curacao angeboten wird, und Zigarren herumgereicht werden.

Gleich von Anfang an wird die Mitte der Tafel mit einem Baumkuchen oder einer ansehnlichen Torte verziert, dann wird die Mahlzeit in 3 oder 4 Gänge eingetheilt, die großen Hauptschüsseln jedesmal zu beiden Seiten der stehen bleibenden Torte gesetzt, die übrigen, kleinern Schüsseln und Assietten jedesmal im Kreise um die größern Schüsseln herum geordnet.

Ein kaltes Abendessen kann enthalten:

 Schinken, gekocht mit Gelee

 Eine Pastete von Geflügel

 Marinierten Aal oder andern guten Fisch

 Kalbsbraten mit Gelee

 Eis, Kuchen, Eingemachtes, Confect u. s. w.

Beim Mittagsmahl giebt man zuerst Rheinwein, dann alte, starke Weine, feine Weine in kleineren Gläserm und beim Dessert Champagner.Bei einer Abendtafel giebt man weiße und rothe gute Tischweine, dann süße Weine, Malaga, Lionel, Muskatwein u. s. w.

Man muß dafür sorgen, daß alle Speisen recht warm und schnell auf die Teller kommen. Die Teller müssen so oft gewechselt werden, so oft ein neues Gericht aufgetragen oder herumgegeben wird, und alle Teller mit einer sauberen Serviette noch einmal abgetrocknet werden, ehe man sie mit andern umwechselt. Wein wird erst eingeschenkt, nachdem die Suppe verzehret ist.

Der erste Gang kann aus zweierlei Suppen bestehen, welche in großen Terrinen aufgetragen und zu beiden Seiten der Torte niedergesetzt werden. Es kann eine Weinsuppe oder eine Bouillon sein. Dann: zweierlei Gemüse oder Vorkosten, z. B. Spinat oder Spargel. Dann: zwei Pasteten mit 8 Assietten, wovon zwei geräucherte Zunge, 2 Saucissen, 2 geräucherten Lachs und 2 geschnittene Mettwurst enthalten können. Dann 2 Schüsseln mit ausgebackenem Reis oder einer feinen Mehlspeise.

Der zweite Gang kann beginnen: mit einer gebackenen Kalbskeule und den dazu gehörigen Saucen: Dann. zwei Schüsseln mit jungem Geflügel und Krebsen. Dann: zwei Schüssseln mit Blumenkohl.

Der dritte Gang kann bringen: zwei Schüsseln mit verschiedenen Fischarten. Dann zwei Schüsseln mit Wildbraten; dann zwei Schüsseln mit gebratenem Geflügel. Dazu 8 Assietten, von jeder Sorte 2, mit 2 verschiedenen Salaten und Compots.

Der vierte Gang bringt das Dessert. Zuerst: Eis oder Cremes und Gelee, dann die große Torte oder den Baumkuchen; dann kleine Frucht – oder Mustörtchen; dann 4 Teller mit Confecht oder Bonbons. 4 Teller mit Obst, 4 Teller mit trockenem Obst; als: feigen, Krachmandeln, Rosinen in Trauben u. s. w., zuletzt Butter und Käse.

Ein einfacheres Gastmahl würde folgendermaßen herzustellen sein.

 Eine Terrine mit guter Bouillonsuppe

 Eine Schüssel mit grünem Gemüse

 Vier Assietten mit verschiedenem geräucherten Fleischwerk

 Eine Pastete

 Ein Pudding mit Sauce

 Gekochter Fisch mit Sauce

 Braten

 Vier Assietten mit zwei verschiedenen Salaten und zwei verschiedenen Compots

 Ein Schüsselessen oder eine Mehlspeise

 Eine Torte

 Vier Teller mit verschiedenen frischen Obstsorten

 Vier Teller mit verschiedenen Confecte

Ein Abendessen für Gäste würde auf folgende Weise zu ordnen sein:

 Eine süße Suppe, Kaltschale oder Vorkost von jungem Gemüse

 Ein Fricassee

 Fisch

 Ein Wildbraten

 Eis und gewöhnliches Dessert.

„Während dieser Worte waren sie, ganz wie‘ s das Programm wollte, vom Strand her bis an eine schon halb im Schutz der Dünen aufgeschlagene Bank, mit einem äußerst primitiven Tisch davor, gekommen, zwei Pfosten mit einem Brett darüber. Kruse, der voraufgeritten, hatte hier bereits serviert; Teebrötchen und Aufschnitt von kaltem Braten, dazu Rotwein und neben der Flasche zwei hübsche, zierliche Trinkgläser, klein und mit Goldrand, wie man sie in Badeorten kauft oder von Glashütten als Erinnerung mitbringt.

Und nun stieg man ab. Kruse, der die Zügel seines eigenen Pferdes um eine Krüppelkiefer geschlungen hatte, ging mit den beiden Pferden auf und ab, während sich Crampas und Effie, die durch eine schmale Dünenöffnung einen freien Blick auf Strand und Mole hatte, vor dem gedeckten Tische niederließen.

Über das von den Sturmtagen her noch bewegte Meer goß die schon halb winterliche Novembersonne ihr fahles Licht aus, und die Brandung ging hoch. Dann und wann ging ein Windzug und trieb den Schaum bis dicht an sie heran. Strandhafer stand umher, und das helle Gelb der Immortellen hob sich, trotz der Farbverwandtschaft, von dem gelben Sande, darauf sie wuchsen, scharf ab. Effie machte die Wirtin. „ Es tut mir leid, Major, Ihnen diese Brötchen in einem Korbdeckel präsentieren zu müssen...“„ Ein Korbdeckel ist kein Korb ...“

(Theodor Fontane. Effi Briest.)

Plaudern & Genießen mit Theodor Fontane

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