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Einstieg in den objektiven Idealismus

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Vittorio Hösle

Der objektive Idealismus findet zwar zunehmend Vertreter unter Denkern unterschiedlicher methodischer Ausrichtung, aber er ist nicht die Mehrheitsposition unter akademischen Philosophen. Ja, einem breiteren Publikum ist es in der Regel gar nicht bekannt, dass es eine derartige Position auch heute noch gibt – sie scheint einer längst vergangenen Epoche zuzugehören, mit der sich bestenfalls Geisteshistoriker befassen sollten. Wer zeitgemäß sein will, habe vielmehr zwischen den zwei Weltanschauungen zu wählen, die heutzutage die akademische Welt dominieren, dem Naturalismus und dem sozialen Konstruktivismus, die freilich jeweils in verschiedenen Spielarten auftreten. Man braucht nicht Wissenssoziologie studiert zu haben, um auf die Vermutung zu geraten, dass der Naturalismus sich meist bei Personen findet, die in den Naturwissenschaften arbeiten oder wenigstens eine naturwissenschaftliche Ausbildung genossen haben, während der Konstruktivismus eher Sozial- und Geisteswissenschaftler anzieht. Die beiden Kulturen, von denen Charles P. Snow schon 1959 sprach, unterscheiden sich ja nicht nur durch ihre Begriffe und Methoden, sondern tendieren auch zur Formierung unterschiedlicher Weltanschauungen (auch wenn zuzugeben ist, dass sich gelegentlich Naturwissenschaftler als soziale Konstruktivisten und Kulturwissenschaftler als biologische Reduktionisten bekennen, vermutlich um zu zeigen, dass sie die mit dem eigenen Fach einhergehende Bornierung überwunden haben). Dieser Dualismus ist nicht nur deswegen bedauerlich, weil er die Kommunikation zwischen Vertretern der beiden Kulturen bedeutend erschwert, etwa wenn es darum geht, politische Fragen, wie etwa die mit dem Klimawandel zusammenhängenden, zu lösen. Er ist auch deswegen beklagenswert, weil beide Positionen trotz aller Unterschiede wenigstens eine leicht irritierende Eigenschaft gemeinsam haben – sie sind beide unhaltbar. Ich will damit beginnen, diese zwei Positionen idealtypisch zu skizzieren und auf ihre Hauptprobleme einzugehen, weil so das Interesse an der dritten Position, derjenigen des objektiven Idealismus, geweckt werden kann (1). Ich will zweitens einige der Einwände zurückweisen, die einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem objektiven Idealismus von Anfang an im Wege stehen (2). Ich will drittens die Argumente nennen, die m. E. für den objektiven Idealismus als die intellektuell anspruchsvollste Philosophie sprechen (3) und viertens kurz seine innere Struktur skizzieren (4).

Idealismus heute

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