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Idealismus heute – die Beiträge
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Die in diesem Band vorliegenden Aufsätze sind ein Versuch, die Fruchtbarkeit des objektiv-idealistischen Ansatzes für das breite Spektrum der Wissenschaft kritisch und systematisch zu überprüfen. Es werden unerwartete Chancen, aber auch hartnäckige Missverständnisse und Schwierigkeiten ans Licht gebracht, die insgesamt die Aktualität des objektiven Idealismus bezeugen. Die Reihe der vorliegenden Aufsätze wird mit konstruktiven und auch kritischen Überlegungen zum Thema „objektiver Idealismus“ eröffnet. Schritt für Schritt geht die Reihe dann wichtigen Fragen der Philosophie nach, wie der Frage nach dem Sein, nach der Existenz Gottes, nach dem Wesen der Logik, nach dem Ursprung der Mathematik, nach dem Wesen der Materie und der Natur, nach dem Wesen des Lebens, nach der Beziehung von Leib und Seele, nach der Möglichkeit von Verständigung, nach dem Ursprung des Sozialen und zum Schluss nach dem Wesen der Ethik und Ästhetik. Aus dieser Vielfalt resultiert ein dynamisches Bild, das eindeutig Zeugnis dafür ablegt, dass der Idealismus keineswegs eine philosophische Position ist, die endgültig in die Annalen der Geschichte gehört und nur noch philologisch von Interesse ist. Die Perspektive, die hier entsteht, ist eine, die, mancher Schwierigkeiten zum Trotz, im Grunde auf vielen Fronten der aktuellen philosophischen Diskussion vielversprechend ist.
Einleitend präsentiert Fernando Suárez Müller (Utrecht) in „Metamorphose des Idealismus“ einige wichtige kritische Reaktionen, die idealistische Positionen seit dem 19. Jahrhundert hervorgerufen haben. Vom Positivismus Auguste Comtes und Karl Marx’, über den Existentialismus Friedrich Nietzsches und den Logischen Empirismus Bertrand Russells, bis hin zu moderneren Positionen versteht sich die Kritik am Idealismus als Überwindung der Metaphysik. Zugleich erinnert Suárez Müller an die Permanenz des Idealismus im Werke Edmund Husserls sowie an die verschiedenen Formen des Idealismus, die in philosophischen Debatten allzu oft unzureichend unterschieden werden. Kurz wird auch auf die methodische Grundlage des objektiven Idealismus eingegangen, um die Aktualität des objektiven Idealismus auch in der heutigen analytischen Philosophie hervorzuheben.
In „Einstieg in den objektiven Idealismus“ skizziert Vittorio Hösle (Notre Dame) zuerst zwei philosophische Positionen, die des Naturalismus und die des sozialen Konstruktivismus, um dann das Interesse auf die dritte Position des objektiven Idealismus zu lenken. Gegen den Naturalismus ist einzuwenden, dass er weder das Leib-Seele- noch das Sein-Sollen-Problem in den Griff bekommt. Auch setzt das darwinistische Selektionsprinzip Gesetze, die die Höherentwicklung des Lebens ermöglichen, voraus. Der entscheidende Grundgedanke des objektiven Idealismus ist, dass er das Sein als wesentlich intelligibel fasst und den Standpunkt des Realismus bestreitet, dass es etwas gäbe, das grundsätzlich unerkennbar ist. Auch metaethische Argumente sprechen nach Hösle für den objektiven Idealismus, denn dieser rückt die Frage nach objektiven Normen in den Vordergrund. Weil aus Fakten nie Normen folgen, muss man das Sollen einem eigenen Reich des Geltens zuschreiben. Dieses bestimmt zum Teil das Reich des Seienden, doch nicht ganz, denn sonst „wäre alles gut“. Aus einer tieferen Perspektive ist diese Trennung jedoch selbst normativ begründet: Sie ermöglicht, dass das Gute auf bestimmte Weise, nämlich in komplexen, vernunftgeleiteten Akten, verwirklicht werden kann. Von besonderem Interesse ist die Verteidigung des Fitch-Paradoxes.
In „Ein neuer Blick auf Fichtes Wissenschaftslehre“ kritisiert Franz von Kutschera (Regensburg) die erkenntnistheoretischen Ansprüche Johann Gottlieb Fichtes und des objektiven Idealismus überhaupt. Nicht Franz Brentano, sondern Fichte war nach Kutschera der Entdecker des Phänomens der Intentionalität. Doch beschrieb Fichte sowohl nichtintentionales als auch intentionales Bewusstsein. Indem er die Trennung von Subjekt und Objekt in der höheren Einheit des reinen Ichs zu verbinden suchte, wollte er im Grunde zum Vorintentionalen durchdringen, was nach Kutschera mit sprachlichen Mitteln nicht gelingen kann. Der Deutsche Idealismus sei deshalb in Verruf geraten, weil er einen maßlosen Erkenntnisanspruch erhoben habe, der prinzipiell nicht mit rationalen Mitteln realisierbar sei. Kutschera nimmt im Idealismus einen grundsätzlichen sowohl methodischen als auch sprachlichen Fehlgriff wahr: Rationale Begriffe, die für die Beschreibung der intentionalen Welt konstruiert sind, sind prinzipiell nicht in der Lage, die Einheitserfahrung des Nichtintentionalen zu beschreiben. Der objektive Idealismus sei jedoch immer noch aktuell, weil er uns mit den Grenzen unseres Erkennens konfrontiere. Fichte habe gezeigt, dass sich diese Grenzen aus der Grundstruktur unseres intentionalen Denkens ergeben.
In „Ontologie, Metaphysik und der ontologische Idealismus“ betont Uwe Meixner (Augsburg), dass die Ontologie oder rationale Metaphysik systematisch angeordnete Kategorien und Transzendentalien enthält, die alles, was es überhaupt gibt, übergreifen. Wichtig ist insbesondere, dass Metaphysik nicht einen ontologischen Realismus verpflichtet ist. Nach Meixner steht der ontologische Idealismus nicht schlechter da als die metaphysischen Alternativen. Der Idealismus vertritt den Standpunkt, dass alles geistig ist. Das Geistige hat allerdings zweierlei Gestalt: das objektiv Geistige und das subjektiv Geistige. Der objektive Idealismus hat nach Meixner eine gewisse Attraktivität, aber nur wenn er nicht als rein objektiv gedacht und von Subjektivität getrennt wird. Es ist das Verdienst Husserls, einen objektiven Idealismus in der Subjektivität anvisiert zu haben. Diese reife Form des ontologischen Idealismus besagt, dass alles objektiv Geistige intentional im subjektiv Geistigen enthalten ist. Es war die große Aufgabe der Phänomenologie Husserls, den verschiedenen Weisen unserer Intentionalität nachzugehen, um damit in Näherung die Konstitution der objektiven Welt im transzendentalen Bewusstsein zu verstehen. Im Vergleich zum Dualismus hat der Idealismus beim Kontingenzproblem zwar die Nase vorn, er trägt aber möglicherweise eine größere metaphysische Hypothek in sich.
In „Zur Konvergenz zwischen einem geistmetaphysischen Idealismus und christlicher Theologie im Kontext der gegenwärtigen Realismus-Antirealismus-Debatte“ diskutiert Markus Enders (Freiburg im Breisgau) die erkenntnisrealistischen Positionen von Quentin Meillassoux und Markus Gabriel. Meillassoux’ Kritik am Korrelationismus – der Annahme, dass es unmöglich ist, unabhängig von unserem Denken Zugang zu den realen Sachverhalten zu erhalten – basiert auf der Idee, dass die moderne Naturwissenschaft Aussagen über Vorgänge der Welt macht, die vor der Entstehung eines menschlichen Bewusstseins stattfanden (sogenannte anzestrale Aussagen). Das von Meillassoux entwickelte Konzept eines materiellen oder realistischen Absoluten, das unabhängig vom menschlichen Denken existiert, impliziert nach Enders die logische Möglichkeit, dass der christliche Gott als „Ganz-Anderes“ existieren kann. Abschließend diskutiert Enders den „Neuen Realismus“ von Markus Gabriel. Die „Welt“ als Totalität dessen, was der Fall ist, gibt es nach Gabriel nicht, weil es in Wirklichkeit nur isolierte und nebeneinander existierende Welten gibt. Die Behauptung jedoch, dass es außerhalb dieser Welten nichts geben könne, stellt nach Enders eine Einschränkung des Existenzbegriffs auf das raum-zeitliche Erscheinen dar. Dagegen argumentiert Enders, dass keineswegs auszuschließen sei, dass es etwas geben könnte, das existiert, ohne in ein raum-zeitliches Sinnfeld eintreten zu müssen.
In „System der idealen Logik“ versucht Bernd Braßel (Kiel) die Grundlage einer nicht-formalen Logik zu entwerfen, die auch das Problem einer sinnvollen und stichhaltigen Begründung der Philosophie leistet. Braßel hebt hervor, dass die Vielfältigkeit der modernen formalen Logiken die Aufgabe, die Philosophie systematisch aufzubauen, in den Hintergrund gedrängt hat. Braßel fasst den Begriff des Systems in idealistischem Sinne als den Versuch auf, von einer stichhaltigen Begründung aus immer größere Zusammenhänge zu beschreiten. So konzipiert ist Systematik die Bemühung um die Einheit der Wissenschaft. Braßel diskutiert in diesem Zusammenhang auch den gegenwärtigen Stand der Logik und geht dann zur Begründung einer idealistischen Logik über, die nicht formal ist. Eine Untersuchung zum sogenannten „Begriff der Wahrheit“ eröffnet nach Braßel die Möglichkeit, eine solche nicht-formale, sondern transzendentale Logik zu gestalten. Damit ist nach Braßel eine erneuerte Reflexion des Hegelschen Projekts einer transzendentalen Logik verbunden.
In „Idealismus und Mathematik“ vertritt Klaus Schmidt (Bochum) die Position, dass die Mathematik zwar von der Erfahrung her kommt, sie sich jedoch im Laufe der Geschichte von ihr löst. Es stellt sich die Frage, warum sich diese nunmehr reine Mathematik so erfolgreich in den Naturwissenschaften anwenden lässt. Diesem Problemkreis hatte bereits Immanuel Kants subjektiver Idealismus seine Aufmerksamkeit gewidmet. Schmidt zeigt, dass die Konzeptionen von Carl Friedrich Gauss, Bernhard Riemann und David Hilbert den Rahmen des subjektiven Idealismus sprengen, indem sie die von Kant in der Philosophie gezogenen Grenzen zwischen Empirie und Apriori verschieben. Die moderne Mathematik löst sich hier nicht nur von ihren externen Anfängen wie der Erfahrung, sondern auch von ihren internen, da diese nicht selten Mängel aufweisen. Aus philosophischer Sicht diskutierte bereits Georg Wilhelm Friedrich Hegel diese internen Mängel der Analysis. In diesen Diskussionen dringt nach Schmidt die Mathematik zu allgemeineren Strukturen vor.
In „Naturbegriff und elementare Naturbestimmungen in Hegels Naturphilosophie“ zeigt Dieter Wandschneider (Aachen), dass eine idealistische Naturphilosophie im Hinblick auf den ideellen Charakter der Naturgesetze sinnvoll erscheint. Dabei verdient Hegels Systementwurf besonderes Interesse, weil er auf der Grundlage einer unhintergehbaren Fundamentallogik konzipiert ist. Im Rückgriff auf Hegels Dialektik des Unendlichen und Endlichen argumentiert Wandschneider, dass die Absolutheit der Logik auch als Grund für die Existenz der Natur und ihrer Gesetzmäßigkeit – gleichsam einer der Natur zugrunde liegenden „Logik“ – zu begreifen ist. Wesentlich am Naturbegriff sind auch die Erkennbarkeit und Kontingenz des Naturseins sowie eine im Naturprozess wirksame Idealisierungstendenz. Diese Eigenschaften werden nach Wandschneider von der Naturwissenschaft immer schon vorausgesetzt, aber nur auf der Basis eines objektiv-idealistischen Naturbegriffs sind sie begründbar. Von daher stellt sich auch die grundsätzliche Frage, inwieweit sich konkrete Strukturen des Naturseins rein argumentativ, also ohne Rekurs auf Erfahrung, klären lassen. In diesem Sinn entwickelt Wandschneider – anknüpfend an Hegels Argumentation – Überlegungen zur begrifflichen Rekonstruktion elementarer Naturbestimmungen (Dreidimensionalität des Anschauungsraums, Zeit als „Wahrheit“ des Raums, Relativität der Körperbewegung usw.). Dabei thematisiert Wandschneider auch Hegels Deutung der Gravitation und der Absolutheit der Lichtbewegung als Grundlage einer Philosophie der Relativitätstheorie.
In „Idealismus und Biologie“ zeigt Christian Spahn (Keimyung), dass die angebliche Gegensätzlichkeit der darwinistisch-evolutionären Weltsicht zu einer idealistischen Philosophie in der Philosophie der Biologie oft Anlass gewesen ist, den Idealismus abzulehnen. Denn Hegel hat die Idee der Evolution als abwegig bezeichnet. Der Idealismus postuliere die essentialistische Position der Unwandelbarkeit der Arten. Außerdem gehe der Idealismus von einer Sonderstellung des Geistes aus, die sich mit dem modernen Naturalismus nicht verträgt und seit Charles Darwin obsolet geworden ist. Christian Spahn vertritt in seinem Aufsatz jedoch die These, dass Idealismus und Darwinismus in Einklang gebracht werden können. Darüber hinaus bietet der objektive Idealismus nach Spahn den Rahmen zu einer überzeugenden philosophischen Neuinterpretation des Darwinismus. Die Frage, wie biochemische Vorgänge zu erklären sind, ist von der philosophischen Frage zu unterscheiden, ob der Organismus als Akteur, als Sich-Verhaltender und als Wissender zu verstehen ist. Das sind vielmehr normative Fragen. Der objektiv-idealistische Naturbegriff bietet hier eine Alternative zum Naturalismus und Sozialkonstruktivismus, indem er normative Reflexionen, die in der tatsächlichen Welt stattfinden, annimmt. Diese sind kategorial vom Kausalgeschehen zu unterscheiden, befinden sich aber aus ontologischer Sicht nicht jenseits der Natur.
In „Was spricht für den Idealismus im Leib-Seele-Problem?“ versucht Christian Tewes (Jena) die Frage zu beantworten, inwiefern die in der Philosophie des Geistes erörterte Erklärungslücke zwischen neuronalen Ereignissen und phänomenalen Bewusstseinserlebnissen einen objektiv-idealistischen Lösungsansatz nahelegt. Zu diesem Zweck werden sowohl einige Aporien der naturalistischen Erklärungsstrategien zum Leib-Seele-Problem als auch strikt dualistische Erklärungsversuche erarbeitet. Tewes argumentiert mit Hans Jonas für die Kontinuität von Leben, Geist und phänomenalem Bewusstsein und stellt die Forschungskonzeption des Enaktivismus ins Zentrum seiner Betrachtung, also die Theorie der verkörperten Kognition, die erstmals von Francisco Varela, Evan Thompson und Eleanor Rosch entwickelt wurde. Was die Konzeption des Enaktivismus nach Tewes besonders auszeichnet, ist der Sachverhalt, dass sie bereits wichtige Aspekte einer objektiv-idealistischen Konzeption des Geistes in sich aufnimmt. Tewes zeigt, dass die Lösung der absoluten Erklärungslücke eine Erweiterung und Fundierung des enaktiven Forschungsprogramms im objektiven bzw. absoluten Idealismus erforderlich macht. Die Position des objektiven Idealismus erweist sich nach Tewes als eine für die weitergehende Bearbeitung der Erklärungslücke besonders aussichtsreiche Perspektive.
In „Idealismus und Hermeneutik“ thematisiert Andreas Spahn (Eindhoven) das Verhältnis zwischen Hermeneutik und Idealismus in Bezug auf die Wahrheitsfrage der Geisteswissenschaften. Spahn vergleicht Hans-Georg Gadamers einflussreiche Bestimmung der philosophischen Hermeneutik mit einer idealistischen Deutung des Wahrheitsbegriffes, mit dem Ziel, eine alternative Ausrichtung der Hermeneutik zu bieten, die wichtige Unzulänglichkeiten von Gadamers philosophischer Hermeneutik überwinden kann. Während Gadamer eine nach Spahn eher thetisch zu nennende Interpretation der Kategorie der Intersubjektivität vorlegt, weil die herrschende Tradition zugleich wesentliche Wahrheitsquelle ist, betont Karl-Otto Apels Hermeneutik die kontrafaktische Dimension der Intersubjektivität. Während Gadamer ontologisch denkt, denkt Apel erkenntnistheoretisch. Im objektiven Idealismus ist eine eigentümliche Verbindung von Erkenntnistheorie und Ontologie möglich, die das Potential in sich hat, eine umfassendere Theorie der Hermeneutik zu entwickeln, nach der die apriorische zeitlose Vernunfterkenntnis die begrifflichen Strukturen der Wirklichkeit erfasst. Im Idealismus sind ontologischer Wahrheitsbegriff und erkenntnistheoretischer Wahrheitsbegriff keine unversöhnlichen Gegensätze.
In „Ideale Gemeinschaft und intersubjektive Monadologie“ versucht Fernando Suárez Müller die Idee der Letztbegründung radikal mit dem Begriff der Intersubjektivität zu verbinden. Die Unhintergehbarkeit der Vernunft erweist sich als die Unhintergehbarkeit einer von Husserl antizipierten intersubjektiven Monadologie, die die Entwicklung einer transzendentalen Logik vorantreibt, welche die Entfaltung der physischen, biologischen und menschlichen Welt ermöglicht. Anhand von Überlegungen zu Gottfried Wilhelm Leibniz und zum Substanzbegriff von Meixner wird die Grundlage einer Metaphysik der Gemeinschaft entfaltet, die in Hegels Lehre vom Sein nicht zur Entwickelung kommen konnte, weil Hegel die Monadologie im Sinne Kants lediglich als monadologia physica interpretiert und nicht als Ursprung der Intersubjektivität. Die Idee der Metaphysik der Gemeinschaft wurde nach Suárez Müller bereits von Gabriel de Tarde zur Grundlage einer Naturphilosophie gemacht, die objektiv idealistische Ansätze inspirieren könnte. Auch ermöglicht die Vorstellung einer intersubjektiven Monadologie es, die kontrafaktische Idee einer idealen Kommunikationsgemeinschaft, die im Werk von Autoren wie Karl-Otto Apel und Jürgen Habermas eine wichtige Rolle spielt, neu zu interpretieren.
In „Unbedingte Verpflichtung und Eudaemonismus – Idealität und Realität in der Ethik“ geht Vittorio Hösle auf Grenzen und relatives Recht des Eudämonismus ein – im Rahmen einer von Kant inspirierten Ethik. Er verteidigt die Irreduzibilität unbedingter Verpflichtung auf subjektive Präferenzen, also einen moralischen Realismus, der selbst eine Form des objektiven Idealismus ist. Gleichzeitig zeigt er, warum Glücksstreben, wenn auch unter Moralvorbehalt, nicht nur erlaubt, sondern sogar geboten ist. Er entwickelt schließlich den Begriff der Selbstliebe (in Anschluss an Max Scheler) sowie denjenigen der Berufung, die auf eine objektive Wertordnung in der Wirklichkeit Bezug verweisen.
In „Idealistische Ästhetik als Option für die heutige Ästhetik und Literaturwissenschaft“ betont Mark Roche (Notre Dame), dass man objektiver Idealist sein kann, ohne sich allen Ansichten anderer objektiver Idealisten anzuschließen. Platons Herabsetzung der Kunst als Nachahmung der Realität oder Hegels These, dass das Zeitalter der Kunst vorbei sei, sind nur spezifische Manifestationen der Begegnung zwischen Kunst und Idealismus, die von einem übergreifenden Anspruch des Idealismus zu unterscheiden sind. Die Kunst, so betont Roche, hat eine zutiefst metaphysische Dimension. Sie macht die idealen Strukturen der Welt für uns sichtbar und ermöglicht uns dadurch, die Wirklichkeit deutlicher zu sehen. Um diese These zu begründen, geht Roche in seinem Beitrag auf die Schlüsselrolle ein, die die Kunst in der Tradition des objektiven Idealismus gespielt hat, und zeigt, wie Hegels Theorie der Tragödie und Komödie zu überarbeiten ist. Auch zeigt Roche, wie die idealistische Ästhetik in der Lage ist, charakteristische Elemente der zeitgenössischen Kunst und Literatur zu interpretieren. Dabei konzentriert Roche sich auf drei Grundtendenzen: die Auswirkungen der Technologie auf die Produktions- und Rezeptionsästhetik, das Auftauchen des Hässlichen in der Kunst sowie die Verstärkung der Selbstreflexion in der Kunst.