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Die Sprache der Barmherzigkeit sprechen

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In meinem Leben gab es immer wieder barmherzige Samariter: Frauen und Männer, denen meine Not zu Herzen ging, sodass sie nicht einfach achtlos an mir vorübergingen, sondern mich verbanden und versorgten. Und ich kann es nicht oft genug betonen: Ohne diese Samariter gäbe es mich heute nicht!

Der Theologe und Psychologe Wunibald Müller schreibt:

Niedergehalten von Selbstzweifeln, Schuldgefühlen, der täglichen Erfahrung von Unzulänglichkeit und Fehlerhaftigkeit, sind wir auf Barmherzigkeit angewiesen, sehnen wir uns immer wieder nach der gnadenvollen Erfahrung von Barmherzigkeit. Sind es doch die Momente, in denen wir uns wie befreit und erlöst fühlen von so manchen Lasten, die schwer auf uns drücken. 11

Eine solche gnadenvolle Erfahrung habe ich gemacht. Eben darum ist mir dieses Thema so wichtig, denn es gibt in unserem persönlichen Umfeld sehr viele Menschen, die in ihrem Leben verletzt, erniedrigt und ausgeraubt wurden. Menschen, die halb tot an unserem Wegesrand liegen und denen wir der oder die Nächste sein können. Diese Verwundeten brauchen zunächst nicht unsere moralischen Urteile, nicht unsere tollen Ratschläge und auch nicht unsere wohl formulierten Handzettel. Was sie zuerst und vor allen Dingen brauchen, ist unsere Barmherzigkeit! Sie brauchen jemanden, der fühlt, was er sieht, und darum tut, was er kann – eine Samariterin oder einen Samariter, der sie aufrichtet, die Wunden reinigt und verbindet, ihnen zur Seite steht, sie auf dem Weg der Heilung begleitet und ihnen so ihre Würde zurückgibt und neues Leben ermöglicht.

Es ist meine tiefste Überzeugung: Wir werden die Menschen um uns herum nur dann mit der frohen Botschaft von Jesus Christus, dem Sohn Gottes, erreichen, wenn wir ihnen mit Barmherzigkeit begegnen. Der von mir sehr geschätzte Papst Franziskus drückt dies sehr treffend und leidenschaftlich aus:

Wir brauchen Christen, die für die Menschen unserer Zeit die Barmherzigkeit Gottes und seine Zärtlichkeit allen Geschöpfen gegenüber sichtbar machen. Wir alle wissen, dass die derzeitige Krise der Menschheit nicht nur oberflächlich ist, sie geht in die Tiefe. Aus diesem Grund muss sich die Neuevangelisierung der Sprache der Barmherzigkeit bedienen, während sie dazu aufruft, den Mut zu haben, gegen den Strom zu schwimmen, sich von den Götzen zum einzig wahren Gott zu bekehren – einer Barmherzigkeit, die zuerst aus Gesten und Haltungen besteht und erst dann aus Worten. Die Kirche sagt mitten unter den Menschen von heute: Kommt alle zu Jesus, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe schaffen (vgl. Matthäus 11,28-30). Kommt zu Jesus. Er allein hat Worte des ewigen Lebens. 12

Indem wir die Sprache der Barmherzigkeit sprechen, tun wir letztlich nichts anderes, als dem Vorbild unseres Vaters im Himmel zu folgen, so wie es Jesus Christus von uns erwartet, wenn er sagt: »Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!« 13.

Wer fühlt, was er sieht, der tut, was er kann

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