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2 Was die Welt im Innersten zusammenhält: Von den Kosmologien der Antike zu den modernen Naturphilosophien

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„Meine Worte sind wie Sterne. Sie gehen nicht unter.

Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig. Jede glänzende Kiefernnadel, jeder lichte Nebel in dunklen Wäldern, jede Lichtung und jedes summende Insekt ist heilig in der Erinnerung und der Erfahrung meines Volkes. Der in den Bäumen aufsteigende Saft trägt die Erinnerungen des Roten Mannes in sich. […]

Wir sind ein Teil der Erde, und sie ist ein Teil von uns. Die duftenden Blumen sind unsere Schwestern; der Hirsch, das Pferd, der große Adler: sie alle sind unsere Brüder. Die felsigen Gipfel, die saftigen Wiesen, die Körperwärme des Ponys und der Mensch – sie alle gehören zur gleichen Familie. […]

Ich bin ein Wilder und verstehe es nicht anders. Ich habe tausend verfaulende Büffel auf der Prärie gesehen, liegengelassen von den Weißen, die sie von vorbeifahrenden Zügen erschossen hatten.

Was ist der Mensch ohne die Tiere? Wenn es keine Tiere mehr gäbe, würden die Menschen an großer Einsamkeit des Herzens sterben. Denn alles, was den Tieren geschieht, geschieht auch den Menschen. Alle Dinge sind miteinander verbunden.

Was immer der Erde widerfährt, widerfährt auch den Kindern der Erde […]

Wenn Menschen auf die Erde spucken, bespucken sie sich selbst.

Dieses wissen wir: Die Erde gehört nicht dem Menschen; der Mensch gehört der Erde. Dieses wissen wir: Alle Dinge sind miteinander verbunden wie das Blut, das eine Familie vereint. Alle Dinge sind miteinander verbunden.

Was immer der Erde widerfährt, widerfährt auch den Kindern der Erde. Der Mensch hat nicht das Gewebe des Lebens erschaffen, er ist in ihm lediglich eine Faser. Was immer er diesem Gewebe antut, tut er sich selbst an.

Wir werden euer Ansinnen überdenken, in die Reservation zu gehen, die ihr für mein Volk bereitstellt. Wir werden abseits und in Frieden leben; es ist ziemlich unwichtig, wo wir den Rest unserer Tage verbringen. Unsere Kinder haben gesehen, wie ihre Väter durch Niederlagen gedemütigt wurden. Unsere Krieger haben sich beschämt gefühlt, und nach der Niederlage verbringen sie ihre Tage mit Müßiggang, und sie vergiften ihre Körper mit süßer Nahrung und starken Getränken. Es ist ziemlich unwichtig, wo wir den Rest unserer Tage verbringen. Es gibt nicht mehr viele. Wenige Stunden noch, wenige Winter noch, und keines von den Kindern der großen Stämme, die einstmals auf dieser Erde lebten oder die jetzt in kleinen Gruppen in den Wäldern herumstreifen, wird übrig sein, um an den Gräbern eines Volkes zu trauern, das einst so mächtig und hoffnungsvoll war wie eures. Aber warum sollte ich über den Untergang meines Volkes trauern? Stämme bestehen aus Menschen und aus nichts anderem. Menschen kommen und gehen wie die Wellen des Meeres […]

Auch die Weißen werden untergehen, vielleicht schneller als alle anderen Stämme und Völker. Fahrt fort, euer Bett zu besudeln, und ihr werdet eines Nachts in eurem eigenen Abfall ersticken.“

Häuptling Seattle: Diese Erde ist uns heilig

Naturphilosophie ist dem Begriff nach seit ihren Anfängen bei den „Vorsokratikern“ im antiken Griechenland in einem allgemeinen Sinne die Deutung und Erklärung der Natur. Was „Natur“ aber nun wiederum ist, davon gibt es seit der Antike und durch die Zeiten hindurch bis heute ganz verschiedene Vorstellungen. Natur wird aufgefasst als ein Bereich teleologischer [zielgerichteter] Prozesse, als Schöpfung Gottes und damit als sinnvolle, in sich geschlossene Welt, als der Gegenstand wie das Opfer experimenteller und quantifizierender Methoden, als Weltmaschine, als stete Wiederholung des Immergleichen im Unterschied zu den produktiven Sinnbildungen in der menschlich-geschichtlichen Welt, als „explodierendes“ Universum und schließlich als gefährdete Lebensgrundlage des Menschen, versinnbildlicht in der Vorstellung von einem „Raumschiff Erde“ (Ökologie).

Seit der antiken Einteilung der Philosophie und der Wissenschaft in Logik, Ethik und Physik steht die letztgenannte, die Physik, für die Beschäftigung mit der ohne ein Zutun des Menschen bestehenden Wirklichkeit. Was hier erforscht wird, kann man zunächst nach heutiger Begrifflichkeit ebenso gut als Gegenstand der „Naturwissenschaft“ wie der „Naturphilosophie“ bezeichnen, weil beide Bereiche sich erst recht spät auseinanderentwickeln. Man spricht, um eine einschlägige Epochen zu nennen, von der „Naturphilosophie“ der Antike und müsste doch dieselben Bemühungen auch in einer „Geschichte der Naturwissenschaften“ behandeln und tut dies auch. Eine wirkliche Trennung beider Sparten des Naturdiskurses erfolgt mit der Herausbildung der neuzeitlichen „Galileischen“ Wissenschaft, die in ihrem Fortgang spekulative Entwürfe in der Tradition der Naturphilosophie abweist. „Naturphilosophie“ im engeren Sinne gehört ab nun meist einem „Gegendiskurs“ gegen die in Galileis Experimenten wurzelnden Naturwissenschaften an, dessen Linie man von Aristoteles über Goethe bis in unsere Gegenwart gezogen hat. Ein aktuelles Interesse an Naturphilosophie entsteht, seit die von den Naturwissenschaften und von ihren technischen Anwendungen hervorgerufenen ökologischen Probleme eine verstärkte Suche nach Alternativen in Gang gesetzt haben. Die Naturphilosophie wird zur „Metaphysik der Natur“, oft auf der Suche nach einer „alternativen“ und „anderen“ Rationalität, ohne damit gleich als „irrational“ verworfen werden zu können. Gleichwohl ist im 20. Jahrhundert ein „Tod der Naturphilosophie“ konstatiert worden, wozu man freilich mit G. B. Shaw bemerkt hat: „Nachricht von meinem Tod stark übertrieben“. Heute findet sich sowohl im Sinne eines „alternativen Diskurses“ als auch wiederum für philosophische und wissenschaftstheoretische Grundlagenreflexionen in enger Anlehnung an die Naturwissenschaften der Begriff „Naturphilosophie“ bzw. „Philosophie der Naturwissenschaften“.1

Die großen Themen der Philosophie

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