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3.4 Metaphysik heute?

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Die Ansprüche der traditionellen Metaphysik sind insgesamt nach Kant, nach Entstehung der modernen Wissenschaften und des historischen Bewusstseins und der mit alledem verbundenen Aufgabe einer „idealistisch verhimmelten nicht situierten Vernunft“, wie in unserer Gegenwart Jürgen Habermas in der Kontroverse mit Dieter Henrich um die Möglichkeit einer Metaphysik formuliert hat, weitgehend in Frage gestellt.8 Auf Grund vieler gewichtiger Einsichten gibt es aber auch gegenwärtig in der professionellen Philosophie Theoretiker, die in bestimmten Fragen „Platoniker“ oder „Hegelianer“ sind. Über die Möglichkeit einer „Metaphysik nach Kant“ wird auch heute auf Kongressen diskutiert, wobei freilich dieser Kongresstitel vorsichtshalber mit einem Fragezeichen versehen wird. Manche neueren Ansätze freilich trauen sich in ganz ungebrochener, nicht mit den Wissenschaften und ihren Rationalitätskriterien vermittelter Weise zu, eine an Platons und Hegels Valenzansprüchen orientierte „objektiv-idealistische“ Philosophie unter heutigen Bedingungen zu formulieren.9 An solchen Ansätzen kann man loben, dass die Philosophie hier der Entwicklung der Einzelwissenschaften und derjenigen des „relativistischen“ Zeitgeistes nicht hinterläuft, sondern offensiv einen prinzipiellen Frageansatz verficht. Wer den hypothetischen, objektivierenden und technischen Charakter der modernen Wissenschaft als Sinndefizit und Gefahr empfindet, kann sich auf den philosophischen Gestus einer solchen Metaphysik verwiesen sehen. Dass solche Fragen nach dem Unbedingten gegenwärtig nicht einfach „erledigt“ sind, beweisen auch heute Stellungnahmen dahingehend, dass es eine spezifische – vom Treiben der Wissenschaften wohl zu unterscheidende – Denkaufgabe sei, sich in rationaler, diskursiver Form mit einer (oder vielmehr „der“) „Gesamtwirklichkeit“ zu befassen, während wissenschaftliche Erkenntnisse stets nur über bestimmte Gegenstände erhoben werden.

Die Totalität, die die Metaphysik dabei anvisieren will, soll, wie wir wissen, etwas anderes sein als die Summe solcher Gegenstandserhebungen, indem sie noch hinter ihnen steht und sie allesamt zugleich umfasst: ein „Sein“ als solches. Was für manchen nüchternen Menschen nur die substanzialisierte Form eines Hilfsverb-Infinitivs ist, wurde und wird immer noch als zutiefst Fragwürdiges Gegenstand scharfsinniger Reflexion: Die berühmte Frage: „Warum ist überhaupt Seiendes, warum bin ich überhaupt?“ ist auch gegenwärtig für Philosophen die Frage nach dem rätselhaften „nackten Dass“ der „realen Welt“, dem „Letztfragwürdigen“, nach der „Faktizität“ – nicht in „unspektakuläre[r] Bedeutung“ als bloße „Tatsächlichkeit“, sondern in der Art einer Frage, die „auf der Seiendes durch Seiendes erklärenden Ebene nicht mehr beantwortbar“ ist. Eine solche Denkweise wendet sich gegen die schlichte Erklärung des Seienden für kontingent, d.h. zufällig „da“, und gegen die Ansicht, mit den hypothetischen wissenschaftlichen Bestimmungen über das Universum sei „ohne letztes Darum“ eigentlich alles gesagt: „Wer diesen Standpunkt vertritt, behauptet mehr, als er vermutlich zu behaupten glaubt. […] Denn gibt es nichts über das physische Universum hinaus, dann ist es zwangsläufig ohne letztes Darum, absolut grund- und zwecklos, letzten Endes einfach da. Zugleich aber ist diese Frage „so bodenlos erstaunlich, so schlechthin unlogisch und unbegreiflich, dass wir uns am Ende […] die Ohnmacht unserer Vernunft und unseres Wissens eingestehen.“10

Die großen Themen der Philosophie

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