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3 Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? Die Metaphysik und ihre Bestreitung

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„Nachher, vor allen andern Sachen, Müsst Ihr Euch an die Metaphysik machen! Da seht, dass Ihr tiefsinnig fasst, Was in des Menschen Hirn nicht passt.“ Goethe, Faust

Hat die Welt als ganze einen Grund? Die alte Königsdisziplin der Philosophie ist die Metaphysik. Worum geht es ihr? Wenn wir auch im allgemeinen, eingebunden in die Geschehnisse des Alltags, in einer Welt gegebener und erscheinender Dinge leben, so mögen wir doch wohl manchmal, vielleicht unter dem Eindruck einschneidender Ereignisse oder Erlebnisse, innehalten und uns die „hintergründige“ Frage stellen, ob für alles Vorhandene und Geschehende ein „Weltengrund“, ein letzter „Sinn“ in allem, ein im Kern erklärendes Prinzip für die Welt als ganze sich namhaft machen lasse. Mit solchen Überlegungen stellt man sich in die Tradition der „Metaphysik“ (obwohl sich diese Fragestellungen von anderen Sektoren, vor allem von der Wissenschaft und von der Religion, weder historisch noch systematisch strikt trennen lassen). Unser Zugang zur Metaphysik ist auf unsere Bereitschaft angewiesen, wahrhaft staunend nach dem „Warum“ unserer Existenz und des Vorhandenseins der Welt zu fragen.

Unter dem Dach der Metaphysik kann man viele der imponierenden Systementwürfe der Philosophie zusammengefasst finden. Ihrer ruhmvollen Tradition antwortet im Laufe der Philosophiegeschichte freilich auch eine vernichtende Kritik. Es sei unwissenschaftlich und folgenlos, so befanden viele Wissenschaftstheoretiker im neuen Geist des Tatsachenwissens der Naturwissenschaften, über die letzten Dinge nur zu „räsonieren“. Und auch die Geisteswissenschaften sagten sich los. Das in ihnen entwickelte historische Denken bestritt den Anspruch der Metaphysik auf Ergebnisse von überzeitlicher Gültigkeit und schrieb ihr einen – obzwar, wie es hieß, „würdigen“ (Benedetto Croce) – Grabgesang. Gegenwärtig steht die „alte Dame“ Metaphysik also nicht wie einst beherrschend in Kurs.

Das Unternehmen der Metaphysik, gegenüber einer „selbstverständlichen“ Hinnahme der Dinge diese unter Rekurs auf eine sie hervorbringende und bewirkende „Wesensebene“ gedanklich-spekulativ erklären zu wollen, überschreitet mit unserer unmittelbar gegebenen Wirklichkeit auch den Kompetenzbereich der empirischen Wissenschaften – als deren vorbildlich methodisierte in der Neuzeit die Physik gilt – und ist damit auch in einem „systematischen“ Sinne „meta-physisch“, d.h. „über die Physik hinausgehend“. Historisch erklärt sich der Begriff „Metaphysik“ allerdings dadurch, dass die diesbezüglichen Schriften des Aristoteles in der von Andronikos von Rhodos im ersten vorchristlichen Jahrhundert besorgten Ausgabe denen über die Natur (physis) „nach“ – (auch das kann „metá“ bedeuten) geordnet wurden.

Ihr die Wissenschaft übersteigender Anspruch bedeutet aber nicht von vornherein, dass die Metaphysik darum gegenüber den Wissenschaften ein irrationales Unterfangen wäre. Ganz im Gegenteil: Metaphysik galt einmal für „Wissenschaft“ schlechthin, bevor die empirischen Wissenschaften sie aus diesem Begriffsfeld vertrieben und sie dann allerdings oft genug tatsächlich als überwundene auf die „andere Seite“ stellten. Auf jeden Fall kann man sagen: Wissenschaftsgeschichte und Metaphysikgeschichte gehen lange Zeit eng verschlungen. Was aber ist das Spezifische an der Metaphysik?

Die großen Themen der Philosophie

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