Читать книгу Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis - Walter G. Pfaus - Страница 23
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ОглавлениеAnn Mitchell rieb sich den Schlaf aus den Augen. Sie hatte Mühe, klar zu denken.
„Was hat das Ganze mit mir zu tun?“, fragte sie.
Fred Sayers ließ sich auf dem Bettrand nieder.
„Morgen werden sie einen Toten finden“, sagte er mit sanft klingender Stimme.
Ann Mitchell erschrak. „Einen Toten?“, echote sie.
Fred Sayers nickte.
„Ich nehme an, du hast von ihm gehört. Es ist Horace Kimball.“
„Ich kenne niemand, der so heißt. Du machst mir Angst, Fred“, sagte die Frau.
Er tätschelte lächelnd ihre Wange, aber die stahlblauen Augen blieben kalt und hart.
„Es muss sein, Honey. Er kriegt nur, was er verdient.“
„Ich verstehe kein Wort!“
„Er hat meinen Freund umgebracht. Umbringen lassen“, korrigierte er sich. „Er hat ihn dem Henker überantwortet. Du warst noch ein Kind, als es passierte, du wirst dich daran nicht erinnern.“
„Fred!“, flüsterte die Frau.
„Ja?“
„Du wirst es nicht tun, nicht wahr? Du musst mir versprechen, die Finger davon zu lassen ...“
Er blickte ihr sehr ernst in die Augen.
„Es gibt Dinge, die ein Mann erledigen muss und vor denen er sich nicht drücken darf - es sei denn, er ist bereit, seine Selbstachtung zu zerstören. Das war damals wie eine Verschwörung. Sie richtete sich gegen den einzigen Freund, den ich hatte. Ich war ein Junge, als es geschah, aber ich durchschaute kristallklar, was gespielt wurde. Ich schwor mir seinerzeit, Gilberts Tod zu rächen. Die Leute, die ihn töteten, mussten sterben wie er - auf dem elektrischen Stuhl, einer nach dem anderen ...“
„Fred!“
„Was ist?“
„Mir ist übel. Du kannst doch nicht im Ernst ...“
Er fiel ihr ins Wort.
„Mir war klar, dass ich für den Plan Zeit brauchte - vor allem Geld. Ich machte mich daran, reich zu werden. Es gab Rückschläge, immer wieder, aber dann schaffte ich es schließlich. Heute bin ich Millionär. Heute bin ich imstande, das Unternehmen zu finanzieren. Oh ja, es war verdammt teuer, den Standort des verdammten elektrischen Stuhls ausfindig zu machen, und es war nicht viel billiger, ihn von Profis stehlen zu lassen. Dann musste ein Mann gefunden werden, der mit dem Ding umzugehen verstand ... und schließlich brauchte ich einige Helfer für die Ausführung des Plans. Einer davon sitzt draußen und wartet auf mich.“
„Draußen?“
„Auf dem Wendeplatz. Er heißt Don. Don Morlock. Kann sein, dass das nicht sein richtiger Name ist. Mir ist das wurscht. Er arbeitet zuverlässig und hat keine Skrupel, meine Befehle in die Tat umzusetzen.“
„Warum ... warum erzählst du mir das alles?“, wollte die Frau wissen. Ihre Stimme bebte. Sie musterte Fred Sayers aus angstvollen, weit aufgerissenen Augen. War das wirklich der Mann, den sie zu lieben meinte und in dessen Armen sie immer wieder ein kurzes, wenn auch sehr inniges Glück gefunden hatte?
„Ich habe meinen Plan in einigen wichtigen Punkten geändert“, sagte Fred Sayers langsam. „Ich weiß jetzt, dass Craig am Ende ist und singen wird. Ich gebe ihm diese Chance. Wenn er sie nutzt, wird er am Leben bleiben. Ich wollte mit ihm darüber sprechen. Ich habe von Don das Haus öffnen und die Alarmanlage außer Betrieb setzen lassen, aber Craig war unterwegs, und ich wollte dich nicht zu lange warten lassen. Craigs Geständnis wird Gilbert zwar nicht wieder lebendig machen, aber es wird ihn rehabilitieren. Es wird den Bürgern dieser Stadt und dieses Landes zeigen, was damals wirklich war..
„Du redest von Rache und vom Töten - aber was wird dabei aus dir?“
„Ich verstehe die Frage nicht.“
„Sie werden dich verhaften und zur Verantwortung ziehen. Du sagst, du seiest Millionär. Lohnt es sich, das Erworbene aufs Spiel zu setzen ... und mich dazu?“, fragte sie.
„Ich werde mir bescheinigen können, wie ein Mann gehandelt zu haben.“
„Das ist Wahnsinn, Fred! Töten ist weder männlich noch menschlich.“
„Es macht keinen Spaß - mir jedenfalls nicht“, meinte Sayers, „aber es gibt Notwendigkeiten, denen ich mich nicht entziehen kann. Kimball liegt draußen im Wagen. Direkt neben dem elektrischen Stuhl. Kimball weiß, was ihn erwartet.“
„Das ist grausam, das ist wie eine Folter ...“
„Es war auch für Gilbert eine Folter, als er in der Todeszelle sitzen musste und sein Ende erwartete.“
„Warum erzählst du mir das alles?“
„Sie werden Kimball finden. Du wirst dich an meinen Besuch erinnern, an meine Worte, und irgendwann wird bei dir der Groschen fallen und dir sagen, dass ich es war, der das Unternehmen steuerte. Dir bleiben dann nur zwei Möglichkeiten. Entweder du hältst zu mir, oder du offenbarst dich der Polizei. Um Letzteres zu verhüten, bin ich zu dem Entschluss gekommen, mich dir anzuvertrauen. Don Morlock darf davon nichts erfahren. Er ist ein Profi. Er hält nichts davon, Frauen ins Vertrauen zu ziehen.“
„Fred ...“
„Ja?“
„Du bist der Boss. Du bezahlst diese Männer. Es liegt an dir, sie aktiv werden zu lassen oder nach Hause zu schicken. Trenne dich von ihnen! Finde sie auf irgendeine Weise ab und sichere dir ihr Schweigen! Von mir wird niemand erfahren, was du mir mitgeteilt hast, aber ich wäre unfähig, dich weiter zu lieben, wenn du nicht zur Vernunft kämst. Mörder“, schloss sie stockend, „liebt man nicht.“