Читать книгу Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis - Walter G. Pfaus - Страница 38

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Bount wies auf Finch: „Ist er tot?“

„Noch nicht“, sagte Barradon, „aber seine Chancen stehen nicht besser als Ihre.“

„Ich nehme an, Sie haben gehört, was ich sagte, als ich mich mit Ihrem Freund Saccato unterhielt. Ich bin Privatdetektiv. Mein Auftraggeber heißt Gregg Elmer. Sie kennen ihn. Er ist Direktor des Kenwood Plaza. Ein Mann meiner Erfahrungen geht nicht in die Höhle des Löwen, ohne gewisse Vorkehrungen getroffen zu haben. Sie wären schlecht beraten, wenn Sie diese Fakten außer Acht ließen.“

„Bluff, alles Quatsch!“, höhnte Barradon.

„Nein, ihm können wir glauben“, mischte sich Saccato ein. „Finch ist ein Spinner, der hat nur mit billigen Tricks gearbeitet, aber Reiniger ist aus anderem Holz geschnitzt. Wollen Sie nicht Platz nehmen, Sir?“

Bount drehte sich um.

„Warum nicht?“, antwortete er und verließ das Badezimmer. Er spürte dabei ein seltsames Kribbeln auf der Haut. Er hasste es, eine geladene Waffe in seinem Rücken zu haben, aber er durfte sich nicht anmerken lassen, wie ihm zumute war. Im Gegenteil, es war von großer Bedeutung, dass er seinen Gegnern das Gefühl vermittelte, die Situation völlig unter Kontrolle zu haben - eine Zielsetzung, die angesichts der Pistole in Barradons Hand geradezu grotesk erschien.

Bount setzte sich. Er blickte nicht über die Schulter, wusste jedoch, dass Barradon auf die Badezimmerschwelle getreten war und die Szene mit der Waffe beherrschte.

„Sie sind Privatdetektiv, ein Mann mit einem großen Namen“, sagte Saccato und setzte sich Bount gegenüber. „Myers schwärmt von Ihnen.“

„Wo ist er?“

„Ich wäre glücklich, wenn ich darauf die Antwort wüsste“, sagte Saccato, „aber betrüblicherweise hat er versäumt, uns mitzuteilen, wie seine neue Adresse lautet. Er hat für uns gearbeitet. Nebenberuflich. Wir sind Exil-Kubaner, die ohne einen gewissen Schutz nicht auskommen. Myers, der organisatorische Fähigkeiten besitzt und über eine untadelige Polizeiausbildung verfügt, war, wie wir meinten, der richtige Mann, um unsere Interessen zu wahren.“

„Was ist mit Missis Elmer?“

„Was soll mit ihr sein? Keine Ahnung!“

„Sie wurde entführt.“

„Das ist sehr betrüblich, aber meine Freunde und ich haben jetzt unsere eigenen Sorgen. Wir können momentan für die Schicksale anderer Menschen nicht das Mitgefühl aufbringen, das sie verdienen mögen. Ich will zur Sache kommen, Sir. Wir sitzen ganz schön in der Klemme. Finch hat versucht, uns zu erpressen ... so wie Virginia Leggins bemüht war, uns auszunehmen. Wir haben, wenn Sie so wollen, auf die falschen Pferde gesetzt. Jetzt sind wir gezwungen, die Notbremse zu ziehen. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Arbeiten Sie für uns! Übernehmen Sie Finch! Sorgen Sie dafür, dass wir das Geld zurückerhalten! Sie erwartet dabei eine Provision von ...“

„Juan!“, sagte Cachez scharf. Es war offenkundig, dass er mit Saccatos Vorschlag nicht einverstanden war, aber der winkte nur ärgerlich ab und fuhr fort: „... von dreihunderttausend Dollar. Das sind ungefähr zehn Prozent der Summe, die uns gestohlen wurde.“

„Wer hat sie gestohlen?“

„Meine Freunde hier glauben, dass Myers der Täter ist, aber ich halte ihn immer noch für integer und glaube, dass er den oder die Räuber zu stellen versuchte und dabei unter die Räder geriet.“

„Wer hat Leggins erschossen?“

„Er hat nur bekommen, was er verdiente.“

„Wer hat es getan?“

„Sie erwarten hoffentlich nicht, dass ich Namen nenne, aber ich stehe für das Geschehen gerade. Er hat uns bestohlen. Einen Teil der Beute überließ er Finch zur Aufbewahrung. Wir kamen zwar dahinter, wie die Dinge liegen, aber leider wusste auch Finch, woher das Geld stammte.“

„Wer tötete Virginia Leggins?“

„Sie fragen wie ein Polizist. Haben Sie nicht gehört, was ich sagte? Virginia Leggins hat uns erpressen wollen. Diese Leute könnten noch leben, wenn sie uns nicht auf so widerwärtige Weise in den Rücken gefallen wären. Ich habe Leggins gut bezahlt, er wurde geradezu fürstlich entlohnt ... aber das hielt ihn nicht davon ab, uns zu bestehlen.“

„Warum sollte das Hotel niedergebrannt werden?“

„Sie stellen immerzu bloß Fragen. Es wird Zeit, dass Sie uns mitteilen, ob wir mit Ihrer Unterstützung rechnen dürfen“, sagte Saccato.

„Ich könnte jetzt zum Schein auf das Angebot eingehen, um mehr über die Hintergründe des Verbrechens in Erfahrung zu bringen, aber das ist einfach nicht meine Art“, sagte Bount. „Nein, ich arbeite nicht für Sie.“

„Sie müssen überhört haben, was ich bereit bin, für Ihre Arbeit zu zahlen - vorausgesetzt natürlich, dass Sie sie erfolgreich beenden.“

„Ich habe das schon mitbekommen, aber Angebote dieser Art interessieren mich nicht.“

„Damit unterschreiben Sie Ihr Todesurteil.“

„Ich glaube nicht, dass Sie fähig wären, die Drohung in die Tat umzusetzen. Es wäre Selbstmord.“

„Wetten, dass?“, höhnte Barradon.

Ein dumpfer Laut ertönte. Bount sprang aus dem Sessel hoch und zuckte herum. Er erfasste das Geschehen mit einem Blick.

Finch hatte sich, ungesehen von Barradon, der nur noch Augen und Ohren für das Gespräch im Zimmer gehabt hatte, vom Flur des Badezimmers erhoben. Er versuchte jetzt seinen Widersacher mit der Handkante auszuschalten, und seine Lage zu verbessern.

Barradon torkelte, es schien, als wolle er wie ein Betrunkener die Balance wahren. Bount wartete den Moment nicht ab, wo es Barradon schaffen würde, seine Schwäche in den Griff zu bekommen. Er war mit einem Satz bei ihm. Sein Karateschlag fegte Barradon, der einen lauten Schmerzensschrei ausstieß, die Waffe aus den Fingern. Bount bückte sich blitzschnell danach, jumpte damit zwei Schritte zurück und beherrschte die Szene mit dem Revolver. Saccato und Cachez hatten sich nicht vom Fleck gerührt. Sie wirkten wie gelähmt.

Finch, dem das Blut über das Gesicht lief, lehnte an der Badezimmertür. Er atmete laut und keuchend. Er hatte sich mit dem Schlag, den er Barradon versetzt hatte, völlig verausgabt.

Barradon stand mit weichen Knien im Raum. Er wollte etwas sagen, aber er brachte kein Wort zustande. Saccato fand als Erster seine Sprache wieder.

„Du verdammter Kretin!“, stieß er hervor, den Blick auf Barradon gerichtet.

„Sie wollten mich umlegen“, krächzte Finch. „Sie haben auch Charly und Virginia abkassiert. Die schrecken vor nichts zurück, Mann. Wenn Sie nicht gekommen wären ...“ Er musste eine kurze Pause einlegen, um Luft zu holen. „Wenn Sie nicht gekommen wären, hätte er abgedrückt, bestimmt! So mussten sie mich ins Badezimmer treiben. Dort hat er mir eine Vollnarkose mit der verdammten Kanone verpasst. Oh, Mann! Mir ist zumute, als ob mein Schädel mit Pressluft gefüllt wäre.“

Saccato, der plötzlich sehr blass aussah, stand auf. Er war sichtlich bemüht, Haltung zu bewahren.

„Schlagen Sie sich auf unsere Seite, Reiniger!“, empfahl er. „Sie werden es nicht zu bereuen haben. Ich erhöhe mein Angebot.“

„Das fällt Ihnen nicht schwer, nehme ich an“, spottete Bount. „Es ist leicht, mit Geld zu jonglieren, das man nicht hat.“

„Wir haben es“, versicherte Saccato. „Selbst wenn die drei Millionen, die uns gestohlen wurden, nicht wieder auftauchen sollten, wird neues Geld hereinkommen ... unablässig. Wir haben einen Geheimauftrag, der es uns ermöglicht, aus Ihnen einen reichen Mann zu machen.“

„Die kassieren Geld von ihren Landsleuten, das angeblich dafür bestimmt ist, auf der Zuckerinsel eine Opposition aufzubauen und deren Arbeit zu finanzieren“, mischte Finch sich ein, „aber nach ein paar Pleiten mit denen, die das Geld erhielten, kamen sie auf die Idee, das Geld lieber für sich selbst zu behalten.“

Bount stieß einen Pfiff aus.

„Jetzt durchschaue ich die Zusammenhänge“, sagte er. „Sie hatten vor, sich an den Spenden Ihrer Landsleute zu bereichern. Um glaubhaft machen zu können, dass das Geld durch höhere Gewalt verlorenging, sollte das Hotel in Flammen aufgehen ... insbesondere die Etage, in der die von Ihnen gemieteten Räume lagen.“

„Bravo“, sagte Saccato. „Ich schätze Leute mit guter Auffassungsgabe.“

„Leggins wurde von Ihnen dazu ausersehen, den Brand zu inszenieren, aber Finchs miserabel konstruierte Benzinbomben und ein paar glückliche Umstände verhinderten die Katastrophe.“

„So lässt es sich zusammenfassend ausdrücken“, erklärte Saccato kopfnickend.

„Haben Sie darauf bestanden, dass ich meine Arbeit an dem Fall niederlege und zurück nach New York reise?“

„Ich schwöre Ihnen, dass das weder meine Idee noch die meiner Freunde war. Wir haben mit dieser Geschichte ebensowenig zu tun wie mit Missis Elmers Entführung.“

„Ich fürchte, ich muss jetzt die Polizei verständigen“, sagte Bount und trat ans Telefon.

„Wenn Sie das tun, verspielen Sie ein Vermögen“, warnte ihn Saccato.

Bount zuckte mit den Schultern.

„Ich habe gelernt, auch ohne viel Geld über die Runden zu kommen. Es wirft mich nicht um, wenn mir diese Erfahrung erhalten bleibt.“

„Meine Freunde und ich werden in Abrede stellen, was Sie uns vorwerfen!“

„Sie vergessen Mister Finch. Er wird meine Angaben bezeugen“, sagte Bount.

Saccato wandte sich an Finch.

„Ich hoffe, Sie erweisen sich jetzt nicht als begriffsstutzig. Oder als nachtragend. Sie können uns nicht verübeln, dass wir Sie aus dem Wege zu räumen versuchten, schließlich ging es dabei um unser Geld, und um unsere Sicherheit. Die Situation hat sich gewandelt. Jetzt haben wir einen gemeinsamen Feind - Sie und wir.“

„He?“, fragte Finch und sah verblüfft aus.

„Mann, so begreifen Sie doch! Wenn Reiniger die Polizei verständigt, landen nicht nur meine Freunde und ich im Gefängnis, dann geht es auch Ihnen an den Kragen. Ganz zu schweigen davon, dass Sie nicht die geringste Chance hätten, an das Geld heranzukommen, um das es Ihnen geht.“

„Worauf wollen Sie hinaus?“

„Stoppen Sie diesen Wahnsinnigen! Werden Sie ein Mitglied unseres Teams! Ich zahle Ihnen dafür eine einmalige Sonderprämie in Höhe von zweihunderttausend Dollar!“

Finch schluckte. Seine Augen funkelten begehrlich.

„Sie wollen mich ködern, ich soll die Kastanien für Sie aus dem Feuer holen, was? Ich bin doch nicht verrückt!“

„Ist es verrückt, über Nacht reich zu werden? Sie haben die Chance, jetzt und hier!“, stieß Saccato hervor.

„Er meint es ernst“, sagte Bount zu Finch. „Er würde zahlen, wenn er es könnte, aber erstens gibt er zu, momentan nicht liquide zu sein, zweitens würde er sein Versprechen rasch vergessen, wenn er es einlösen müsste, und drittens haben Sie keine Chance, mich zu stoppen.“

Finch ballte die Hände. Er sah zerquält und verunsichert aus.

„Saccato hat ja recht“, meinte er. „Wenn die Bullen hier aufkreuzen und alles zu Protokoll nehmen, was passiert ist, stehe ich ziemlich belämmert da. Ich habe die Benzinbomben gebaut. Ich wusste, was Charly vorhatte, ohne ihn daran gehindert oder die Polizei verständigt zu haben. Ich konnte mir auch errechnen, wer ihn und Virginia ermordete, aber ich ließ die Polizei erneut aus dem Spiel und versuchte stattdessen mein Schäfchen ins Trockene zu bringen. Nein, ich habe keine Chance, bei denen auf Verständnis zu stoßen ...“

„Endlich kapieren Sie!“, sagte Saccato.

Bount begann mit der Linken die Telefontasten zu drücken. Den Hörer hatte er neben den Apparat gelegt. Mike Finch zog den Kopf zwischen die Schultern und ging auf Bount zu.

„Stop!“, sagte er heiser. „Stop, oder ich spiele verrückt!“

„Kommen Sie zur Vernunft, Finch“, sagte Bount.

Er wusste, dass seine Stimme wenig überzeugend klang. Das war kein Wunder. Die Konfrontation war programmiert. Finch hatte sich entschlossen, auf Saccatos Karte zu setzen.

Die Muskeln des Rothaarigen spannten sich, aber noch ehe er es schaffte, Bount zu attackieren, drückte dieser ab.

Der Schuss weckte in dem Raum ein hartes, dumpfes Echo. Die Fenster klirrten leise.

Finch stoppte, er stand wie erstarrt. Es dauerte Sekunden, bis er begriffen hatte, dass Bount nur einen Warnschuss abgegeben hatte. Dennoch war Finch unfähig, sich von der Stelle zu rühren.

„Reiniger blufft“, hetzte Saccato. „Es würde seinem fabelhaften Image schaden, wenn er es wagte, einen Menschen niederzuschießen oder gar zu töten.“

Finch befeuchtete sich die Lippen mit der Zungenspitze. In seinen Augen flackerte es. Angst, Habgier und Zorn stritten um die Vorherrschaft. Er schwieg.

Aus dem neben dem Apparat liegenden Hörer quäkte die Stimme eines Mannes. Bount führte den Hörer mit der Linken ans Ohr. Er ließ Finch und die anderen dabei nicht aus den Augen.

Bount registrierte, dass Barradon seine Schwäche abgeschüttelt hatte und sich daran machte, etwas zu unternehmen. Schrittweise bewegte er sich an der Wand entlang auf Bount zu. Barradon benutzte die andere Zimmerseite und gab Finch die Chance, den Gegner in die Zange zu nehmen.

„Hallo?“, fragte Bount. „Hotel Kenwood Plaza. Reiniger. Verbinden Sie mich mit Lieutenant Holm oder seinem Stellvertreter vom Nachtdienst. Es eilt.“

Barradon ging weiter. Nur Finch zog nicht mit. Ihn hatte offenbar der Mut verlassen. Das Projektil war haarscharf an seinem Kopf vorbeigeflogen. Diese Erfahrung saß ihm tief in den Knochen, er konnte sie nicht abschütteln.

Bount wandte den Kopf.

„Bleiben Sie stehen!“, forderte er Barradon auf. Der gehorchte, wenngleich der Ausdruck seines Gesichtes klarmachte, dass er nicht vorhatte, sich geschlagen zu geben.

„Ryder“, meldete sich eine Männerstimme. Sie war hell, knapp und barsch.

„Reiniger. Ich nehme an, der Lieutenant hat Ihnen ...“

Der Teilnehmer fiel Bount ins Wort.

„Reiniger aus New York, ich weiß. Was gibt es Neues?“

„Ich befinde mich im Kenwood Plaza, Suite 914“, sagte Bount. „Ich halte mit einem Revolver die Herren Saccato, Cachez und ...“

Weiter kam er nicht. Barradon riskierte in diesem Moment einen Hechtsprung, direkt auf Bount zu. Bount hatte die Attacke kommen sehen. Er war gezwungen, einen gezielten Schuss abzugeben.

Barradon brach mitten im Sprung zusammen. Im Sturz riss er einen kleinen Sessel mit sich zu Boden. Mit beiden Händen umklammerte er seinen rechten Oberschenkel. In seinem Gesicht zeichneten sich Verzweiflung, Ratlosigkeit und Zorn ab.

„He, was war das?“, fragte Ryder.

„Ein Schuss. Ich musste ihn abgeben, um Barradon auf Distanz zu halten. Ach, übrigens befindet sich auch Mike Finch in der Suite. Das Quartett hat Ihnen Wichtiges mitzuteilen. Falls es vorziehen sollte, zu schweigen, bin ich imstande, als Lückenbüßer einzuspringen und Sie mit den Informationen zu versorgen, die Sie brauchen.“

„Wollen Sie damit sagen, dass Sie herausgefunden haben, wer die beiden Leggins tötete?“

„Genau das“, erklärte Bount.

„Wir kommen“, versicherte Ryder und legte auf.

Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis

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