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VORWORT

Andreas Hirsch


Als Werner Skrentny Anfang der 1990er Jahre meinen Vater, Heino Hirsch, zur Geschichte dessen Vaters, Julius Hirsch, befragte, wusste ich nichts von dieser Begegnung. Warum mein Vater mir nichts davon erzählte, weiß ich nicht, ich kann nur spekulieren. Wenige Jahre später starb er.

Das Schweigen, das über Jahrzehnte in diesem unseren Lande über die Verbrechen der Nazis geherrscht hat, wurde schließlich doch gebrochen, von den überlebenden Opfern, deren Familien und Nachkommen, von Autoren und später von einzelnen Institutionen und Unternehmen. Es hat lange gedauert, viel zu lange, der ganzen Wahrheit ans Licht zu verhelfen. Zu gründlich wurden die Spuren verwischt, zu sehr waren viele Personen mit tätiger Nazi-Vergangenheit in die kleinen und großen Machtzentren der Bundesrepublik Deutschland integriert, zu groß war die Abhängigkeit vom „Funktionieren“ des Staates. Viele von diesen Personen konnten es sich leisten, ihre menschenverachtende Gesinnung zu bewahren, wenn auch nur im scheinbar Privaten. Zu klein war der Mut der Opfer zur Aufdeckung, zu sehr waren viele mit ihrer eigenen Karriere beschäftigt und mit dem Aufbau einer Existenz, mit der Gestaltung ihrer Zukunft, als dass sie zuerst der Vergangenheit nachspürten.

Mein Vater konnte erst spät über die Gräuel der Nazis sprechen, meine Tante noch viel später – immer mit angstvoller Bedrückung und innerer Aufgewühltheit noch Nächte danach. Das macht es sehr schwer, die eigene Geschichte zu erzählen, selbst den eigenen Kindern. Ein Klassenkamerad meiner Tante, Paul Niedermann, der als Kind nach Gurs deportiert worden war und heute als Zeitzeuge trotz seines hohen Alters sehr aktiv ist, hatte seinen erlösenden Moment zum Erzählen erst durch die hartnäckige Befragung des Staatsanwaltes im Prozess gegen Klaus Barbie 1987 erhalten. Paul Niedermann beschreibt dies heute als seine „Therapie“, welche nicht jedem vergönnt ist.

Deshalb ist es allen, die sich in dieses Thema begeben, hoch anzurechnen; es ist schmerzhaft und kann einem die Freude im Leben nehmen. Man muss sich immer wieder den Sinn des Erinnerns vor Augen halten. Heute tragen wir die Verantwortung für die Vermittlung der historisch korrekt recherchierten Geschichten der Nazi-Zeit und der Jahrzehnte danach, auch wenn sie oft mehr als beschämend sind.

Das Buch beschreibt das Leben meines Großvaters, Julius Hirsch, aus unterschiedlichsten Blickwinkeln und bietet viele Perspektiven bis in die Gegenwart sowohl menschlich als auch sportlich und gesellschaftlich.

Ich möchte Werner Skrentny für seine jahrelange, hartnäckige, über Deutschland hinausgehende und akribische Recherche zur Geschichte von Julius Hirsch herzlich danken. Er hat Tatsachen, oft auch schmerzhafte, ans Licht gebracht, die in unserer Familie so nicht (mehr) bekannt waren, aus welchen Gründen auch immer. Damit hat er den Nachkommen von Julius Hirsch und nicht nur diesen einen großen Dienst erwiesen. Für meine Frau und mich war es besonders beglückend, dass Werner Skrentny uns mit den Nachkommen von Gottfried Fuchs, dem Mannschaftskollegen und Freund meines Großvaters, sowie einem seiner Brüder, Richard Fuchs, wieder in Kontakt kommen ließ. Wir konnten damit sozusagen die durch die Nazis erzwungene Trennung, die viele Jahrzehnte währte, aufheben und haben heute lebendige, freundschaftliche Verbindungen nach Kanada und Neuseeland gewonnen.

Nicht zuletzt möchte ich Olliver Tietz, dem Geschäftsführer der DFBKulturstiftung, danken, dass er dieses Werk ermöglicht hat. Seit Jahren arbeiten wir freundschaftlich zusammen für die Gestaltung und Entwicklung des Julius-Hirsch-Preises, und wir sind sehr geehrt, daran teilnehmen zu dürfen.

Andreas Hirsch

Julius Hirsch. Nationalspieler. Ermordet.

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