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Der Ähne

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Jetzt sollte ich erst noch etwas von meinem Ähne (Großvater) erzählen, von dem, der noch lebt. Bei ihm habe ich schließlich das Bauernhandwerk gelernt, den Umgang mit den Kühen; das Melken, das Stallausmisten, das Futterholen, das Mähen, das Äpfel-, das Birnen- und das Kirschenheruntertun und noch vieles mehr, was man in der Landwirtschaft halt macht und was man läßt – und das ist genausoviel wie das, was man tut.

Diese Arbeit gefiel mir auch, und sie machte mir keine Schwielen in die Hände, und auch das Kreuz tat mir nicht weh.

Ich sei halt ein Schaffer, so sagten die Leute.

Aber ich durfte nicht alles schaffen, was ich wollte und was ich in meinem Alter vielleicht auch sollte. Es sei zu gefährlich für mich, hieß es. Immer wenn ich vom Tal heraufkam – verschwitzt, dreckig, hungrig, durstig – stellte mir mein Ähne als erstes ein Gläsle Most auf das Tischeck in der Stube. Ich sagte auf das Tischeck, und zwar an den äußersten Rand des Tisches, so daß das Glas vom schieren Hinschauen hinunterzupurzeln drohte.

Das war seine Art, über die meine Ahna (Großmutter) zeitlebens den Kopf schüttelte. Aber es half nichts: bestimmten Leuten – mir und meiner Mutter, nicht meinem Vater – stellte er zum Willkommen ein Glas Most direkt auf die vordere Ecke des Tisches in der Stube hin, daß man nur scharf zu gucken brauchte, und das Glas fiel samt Inhalt auf den Dielenboden der Stube.

Hinter dem Tisch unter dem Fenster mit Blick auf das Tal stand eine einfache Bank, das war der Platz der Kinder. Dann standen noch ein paar Stühle herum. Mein Ähne selber hatte seinen Platz auf einem Stuhl vorn vor der Tischlade; in dieser Tischschublade war das Brot, waren Salz und Pfeffer, waren Messer und Gabeln, und nur mein Ähne öffnete in der Hauptsache diese Schublade und verteilte das Brot und das Salz. Auch altes Brot war in dieser Schublade, Brotrinden, an denen man länger kauen mußte und die auch satt machten.

Alle Kinder bekamen von meinem Ähne Most, alle Enkelkinder von klein auf – aber keinen Wein, den hatte er auch in einem kleinen Fäßle im Keller. Der Wein stammte aus dem eigenen Wengert.

Und da hätte ich ja nochmal Schwielen in die Hände bekommen müssen und Kreuzweh. Denn die Leset an den steilen Hängen und das dauernde Bücken war auch kein reines Vergnügen. Aber ich tat die Arbeit gern, natürlich auch der Trauben wegen, die man dazwischen essen konnte, und auch der Rätsch wegen, die ich lange vorher schwingen durfte, um die Vögel zu vertreiben.

Und ab einem gewissen Zeitpunkt wurde auf einer langen Stange auf einer Anhöhe ein Besen aufgestellt; das hieß – Weinberg zu, niemand darf mehr hinein, nicht mal der Besitzer. Und jetzt begann die Vorfreude auf die Leset und auf den süßen neuen Wein, auf den Saft, der so süß war wie der von den Äpfeln in der Mosterei. So wußte ich doch wenigstens, wo die Sachen alle herkamen.

Näher zum Himmel oder Fall Karl Simpel

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