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Der Laub stall

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So ein schwäbisches Haus besteht ja nicht nur aus Scheuer, Schopf, Kuhstall, Hühnerstall, Kammer, Küche, Stube und Bühne. Außer dem Kuhstall und dem Hühnerstall gibt es auch noch den Laubstall. Wir hatten so einen, und mein Ähne hatte so einen.

Unser Laubstall lag neben der Waschküche zwischen Hühnerstall und Kuhstall; beide Räume wurden später zu einem Bad und einem zusätzlichen Zimmer umgebaut.

In diesen Laubstall kam das Stroh und das Laub, das im Frühjahr von den Wiesen abgerecht wurde; auch richtiges Waldlaub – Buchenlaub – war darunter, denn mein Ähne hatte auch eigenen Wald, aus dem wir im Herbst das Laub holten. Nach und nach wanderte dieses Laub und das von den Wiesen abgerechte Stroh in den Kuhstall, wo es den Kühen gestreut wurde. Auf diese Weise wurde es wieder Mist und machte zwei-, dreimal diesen Kreislauf Kuhstall – Laubstall; Laubstall – Kuhstall. Vor nichts habe ich mich in unserem Haus und in dem Haus von meinem Ähne so gefürchtet wie vor dem Laubstall. Da war es immer dunkel, und es hieß, da seien Ratten drin. Aber warum sollten da Ratten drin sein? Bei meinem Ähne war der Laubstall stets bis unter die Decke angefüllt, und man fiel da so weich, wenn man sich da hineinstürzte.

Ja, wenn man sich verstecken wollte, dann war man im Laubstall am sichersten. Aber es konnte einem auch passieren, daß man die Gabel in den Ranzen gesteckt bekam. Eine Gabel steckte immer im Laub, und wenn einer Stroh holte, dann riß er die Gabel heraus und stach sie wieder hinein. Natürlich machte man das auch so aufdem Heu- und auf dem Strohbahrn. Aber das war etwas anderes. Um auf den Heu- oder Strohbahrn zu kommen, mußte man erst über die Leiter nach oben steigen. Was machte das für einen Unterschied?

Vielleicht deshalb die Geschichte mit den Ratten? In den Laubstall konnten die Ratten leicht gelangen, da brauchten sie nur durch die Scheuer oder aus dem Garten herein kommen. Aber hatte man schon gesehen, daß Ratten eine Leiter hinaufsteigen konnten? Das mochte es geben und gegeben haben. Doch meine Eltern, mein Ähne und ich hatten es nicht gesehen; das war unser Trost.

In dem Übergang zwischen Scheuer und Laubstall stand die Futterschneidmaschine, und so vermischten sich in diesem Bereich auch Laub, Heu und Stroh, das vom Bahrn gelassen wurde, im Sommer mit Gras und Klee.

Ich höre immer noch meine Schwester schreien, die ich einmal in den Laubstall bei uns gesetzt hatte – nur um auszuprobieren, ob es da wirklich Ratten gab: ich würde ja nachher sehen, ob sie meine Schwester angefressen hatten. Aber nichts war passiert. Sie schrie nur so, als ob die Ratten an sie gegangen wären. In solchen Augenblicken wünschte ich mir, daß der Spitzer noch da wäre: ich hätte ihn vorher in den Laubstall geschickt, dann wäre ich nachgekommen. Denn ich hätte, wenn feststand, daß es da keine Ratten gab, nirgends lieber sein wollen als im Laubstall.

Näher zum Himmel oder Fall Karl Simpel

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