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§ 3. Die Philosophische Theologie als Reden von Gott 1. Theologie als λόγοϛ vom ϑεόϛ

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Die Philosophische Theologie hat es, als Theologie, primär nicht, wie die Religionsphilosophie, mit dem religiösen Verhalten des Menschen zu tun, sondern mit dem, worauf dieses Verhalten sich richtet: mit Gott. Ob sie diese ihre Intention verwirklichen kann oder nicht, muß zunächst dahingestellt bleiben. Jedenfalls gilt: Gott ist das eigenste Thema der Philosophischen Theologie.

Das drückt sich schon im Namen „Theologie“ aus. Diese ist, etymologisch betrachtet, λόγοϛ vom ϑεόϛ, Reden von Gott. So bezeichnet Augustinus die Theologie als „de divinitate rationem sive sermonem“, „Rechenschaft oder Rede von der Gottheit“1. Im gleichen Sinne wird sie von Thomas von Aquino als „sermo de Deo“ verstanden.2 Aber diese Bedeutung von Theologie beschränkt sich nicht auf den christlichen Bereich. Auch wenn Platon von der ϑεολογία schreibt, meint er, wie sich zeigen wird, das Reden von den Göttern.3

Allerdings kann die Philosophische Theologie, auch wenn sie, als Theologie, Gott zu ihrem eigensten Thema hat, doch nicht umhin, auch vom Menschen zu reden. Sie muß danach fragen, ob und in welcher Weise das von ihr Intendierte, Gott, gegeben ist: gegeben nämlich für Erfahrung und Erkenntnis des Menschen. Aber der Mensch, seine Erfahrung und seine Erkenntnis, sind für die Philosophische Theologie nicht, wie für die Religionsphilosophie, der eigentliche Gegenstand, sondern nur der – freilich unvermeidliche – Weg zu diesem. Wo die Philosophische Theologie zu dem ihr eigentümlichen Thema gelangt, verläßt sie den Ort, an dem die Religionsphilosophie verharrt.

Nun ist freilich, wenn die Philosophische Theologie, von ihrem theologischen Moment her, als λόγοϛ vom ϑεόϛ bezeichnet wird, nur eine formale Begriffsbestimmung gewonnen. Sobald man versucht, darüber hinauszukommen, gerät man in eine Wirrnis unterschiedlicher, ja oftmals einander entgegengesetzter Begriffsbestimmungen. Denn was ist legitim unter Gott zu verstehen? Der eine Gott, der trinitarische Gott, der Gott der Offenbarung? Oder die vielen Götter? Oder das Göttliche, der unbewegte Beweger, das summum ens, das summum bonum? Oder das Absolute als Prinzip der Welt, das übersinnliche, das Unbedingte? Oder der absolute Geist? Oder die Transzendenz? Oder das ganz Andere?

Entsprechend vielfältig wie der Gebrauch des Wortes „Gott“ ist auch die Verwendung des Ausdrucks „Theologie“. So enthält etwa der Artikel „Theologie“ in der zweiten Auflage des Handbuchs „Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ folgende Definitionen, die großenteils aus dem Blick auf die Geschichte der Theologie gewonnen sind: „Reden über die Gottheit“, „Sprechen … über das Unaussprechliche“, „einfaches Kennen der Riten und Formeln des Kultes“, „Versuch, die verschiedenen Elemente des Kultus und des Mythus zu ordnen und unter sich auszugleichen“, „Anwendung allgemeiner philosophischer Gedanken auf die Religion“, „Untersuchung der Tradition auf ihren Heilsgehalt“, „Gott-Künden“, „von Gott Reden“, „Lehre von Gott und den göttlichen Dingen“, „Wissenschaft von Gott“, „Glaubenswissenschaft“, „Lehre von Gott, von seinem Dasein, Wesen, Leben und Wirken“, „Selbstbesinnung des Glaubens“.4

Daß die Versuche, das Wesen der Theologie zu fassen, zu einer so unübersehbaren Mannigfaltigkeit von Begriffsbestimmungen führen, liegt in der Sache selber begründet. Nicht anders als die Philosophie steht auch die Theologie in der Notwendigkeit, ihr Wesen ständig neu bestimmen zu müssen. Das hängt zum einen daran, daß sie als ein Tun des Menschen ein geschichtliches Phänomen ist und daher ineins mit den Wandlungen des Daseins des Menschen sich ihrerseits wandelt, zum andern, daß ihr Gegenstand, Gott, offenbar, wie sich zeigte, keine eindeutige, ein für allemal gültige Umgrenzung duldet, sondern je nach der Weise, in der er erfahren wird, eine je verschiedene begriffliche Auslegung fordert.5

Die Vielfalt der Bedeutungsrichtungen im Begriff der Theologie schränkt sich für die Zwecke der gegenwärtigen Überlegungen insofern ein, als es nicht um das Wesen der Theologie überhaupt geht, sondern um die Bedeutung des Wortes „Theologie“ in dem Ausdruck „Philosophische Theologie“. Sieht man sich jedoch danach um, wie der Begriff der Philosophischen Theologie gefaßt wird, so stößt man gleichfalls auf eine verwirrende Mannigfaltigkeit. Als Beispiel seien zwei Grenzfälle angeführt: die Definitionen von Schleiermacher und Kant.

Schleiermacher führt aus: „Alles, was dazu gehört, um … sowohl das Wesen des Christentums, wodurch es eine eigentümliche Glaubensweise ist, zur Darstellung zu bringen, als auch die Form der christlichen Gemeinschaft und zugleich die Art, wie beides sich wieder teilt und differentiiert, dieses alles zusammen bildet den Teil der christlichen Theologie, welchen wir die philosophische Theologie nennen.“6

Während so bei Schleiermacher die Philosophische Theologie – nicht anders als die oben dargestellten religionsphilosophischen Konzeptionen von Emil Brunner und Heinrich Fries – der christlichen Theologie eingeordnet wird, will Kant eine strenge Trennung durchführen. „Es steht … der biblischen Theologie im Felde der Wissenschaften eine philosophische Theologie gegenüber, die … innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft bleibt.“7

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