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2 Ursprung des Begriffs der Theologie im griechischen Denken

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Weder für das Wesen der Theologie überhaupt, noch für das der Philosophischen Theologie im besonderen läßt sich somit aus dem Blick auf die vorliegenden Definitionen eine eindeutige Begriffsbestimmung gewinnen. Angesichts dessen liegt es nahe, das Wesen einer philosophisch bestimmten Theologie da aufzusuchen, wo deren Begriff zum erstenmal in philosophischen Zusammenhängen auftritt. Nun trifft es sich günstig, daß der griechische Begriff der ϑεολογία seinen Ursprungsort eben im Bereich der Philosophie hat. Darauf weist Werner Jaeger in seinem Buch „Die Theologie der frühen griechischen Denker“ hin: „Der Ursprung der … philosophischen Theologie führt uns zu ihnen (sc. den Griechen) zurück. Die Worte ϑεολόγοϛ, ϑεολογία, ϑεολογεῖν, ϑεολογιϰόϛ sind Erzeugnisse der philosophisehen Sprache des Plato und Aristoteles. Plato war der erste, der das Wort ‚Theologie‘ (ϑεολογία) gebrauchte, und er ist offenbar der Schöpfer dieses Begriffs.“ „Die von ϑεολογία abgeleiteten Worte treten vor allem in den Schriften des Aristoteles und seiner Schule öfter auf.“8

Platon gebraucht den Ausdruck ϑεολογία in der „Politeia“ im Zusammenhang mit der Frage, in welchen Weisen des mythischen Redens die Dichter angemessen von dem reden, was die Götter betrifft. Dabei geht es darum, „wie etwa der Gott ist“ (379 a).9 Das ist zwar Theologie, aber sofern sie von den Dichtern betrieben wird, trägt sie noch nicht das Gepräge einer eigentlichen Philosophischen Theologie. Gleichwohl zeigen sich doch auch schon hier die Umrisse eines philosophischen Redens von Gott. Indem der Philosophierende danach fragt, wie die Dichter angemessen von Gott reden können, rückt ihm die Frage nach der rechten Weise der Theologie ins Thema. Philosophie wird also hier – wie übrigens schon bei Xenophanes10 – insofern zur Philosophischen Theologie, als sie Kritik der „Theologie“ als der dichterisch-mythischen Rede von den Göttern ist. In anderer Weise betrachtet ist übrigens das Denken Platons, wie sich zeigen wird, im ganzen „theologisch“.11

Die dichterisch-mythische und die philosophische Weise des Redens von Gott treten bei Aristoteles deutlicher auseinander. Er verwendet das Wort ϑεολόγοϛ und die damit zusammenhängenden Wortbildungen in zwei getrennten Bedeutungsbereichen.

Auf der einen Ebene bedeutet „Theologie“, wie bei Platon, die dichterisch-mythische Rede von Gott. Aristoteles stellt diejenigen, die „zuerst Theologie betrieben haben“, als die „Uralten“ der mit Thales beginnenden Reihe der Philosophen im eigentlichen Sinne gegenüber (M 983 b 28ff.)12. Jene anfänglichen „ Theologen“ sind etwa Homer, Hesiod oder auch Pherekydes, wenn Werner Jaeger diesen zu Recht unter jene ϑεολόγοι rechnet, von denen Aristoteles berichtet, sie hätten die Nacht als den Ursprung von allem angesehen.13 Es ist einsichtig, daß dieser mythologische Begriff von Theologie in der Frage nach dem theologischen Wesen einer Philosophischen Theologie nicht weiterführen kann, zumal sich Aristoteles selber von den Lehren jener „Theologen“ als von „in der Weise des Mythos Ersonnenem“ absetzt (M 1000 a 18f.).

Auf einer anderen Ebene steht es, wenn Aristoteles die πϱώτη φιοσοφία, das also, was später den Namen Metaphysik erhält, als ϑεολογιϰή bezeichnet (M 1026 a 18ff.). Inwiefern sich von daher ein „theologischer“ Charakter des aristotelischen Philosophierens als ganzen ergibt, wird sich später herausstellen.14 Hier ist wichtig, daß die Kennzeichnung der Metaphysik als „Theologik“ die erste ausdrückliche Prägung eines philosophischen Begriffs von Theologie darstellt. Gleichwohl ist es für den Versuch, das theologische Wesen der Philosophischen Theologie im allgemeinen zu bestimmen, untunlich, von dem aristotelischen Begriff der ϑεολογιϰή auszugehen. In ihm wird, was im philosophischen Sinne Theologie bedeuten kann, bereits in einer bestimmten Weise festgelegt; das Göttliche – der Gegenstand der ϑεολογιϰή— wird als „immerwährend, unbewegt und (vom Seienden) abgetrennt“ verstanden (M 1026 a 10f.). Demgegenüber kommt es im Beginn der Untersuchung darauf an, den Begriff der Philosophischen Theologie in der ganzen Weite des Spielraums von Bedeutungen, die er in seiner wechselvollen Geschichte erhalten hat und die im folgenden in den wesentlichen Grundzügen dargestellt werden wird, offenzuhalten.

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