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5. Das radikale Fragen als Wurzel der Kritik an der Metaphysik

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So zeigt sich: Das Philosophieren als radikales Fragen ist die Wurzel der Metaphysik in ihrer doppelten Fragerichtung. Inwiefern aber kann es zugleich auch die Wurzel der Kritik an der Metaphysik sein? Das wird offenkundig, wenn man nicht nur, wie eben dargelegt, das Entspringen der Metaphysik aus dem radikalen Fragen ins Auge faßt, sondern umgekehrt auch darauf achtet, was mit der Metaphysik geschieht, wenn sie im radikalen Fragen gründet.

Wird dies ins Auge gefaßt, dann kann sich die Metaphysik ursprünglich nicht auf der Ebene der dogmatischen Behauptungen bewegen. Auch die Metaphysik, und gerade sie als die vornehmste Disziplin der Philosophie, hat das Wesen des Philosophierens zu bewahren: das Fragen. Metaphysik treiben bedeutet also: nach dem Sein des Seienden im Ganzen fragen. Dieses Fragen nun ist, eben als Fragen nach dem Seienden im Ganzen, radikales, alles in die Fraglichkeit hineinreißendes Fragen. Fraglich wird zuletzt, ob das Seiende im Ganzen überhaupt ist; fraglich wird das Sein schlechthin. Die Möglichkeit der Nichtigkeit des Seienden im Ganzen, das Gespenst des absoluten Nichts, tritt vor den fragenden Blick.4

Auch im Hinblick auf die zweite metaphysische Grundfrage, die Frage nach dem Ursprung, zeigt sich: Wird in philosophierender Weise Metaphysik getrieben, dann kann es sich nicht darum handeln, Behauptungen über einen Seinsgrund aller Dinge aufzustellen. Ein solcher kann nicht unbefragt angenommen werden, wenn das Philosophieren nicht sein eigentümliches Wesen aufgeben soll. Fraglich wird demnach, ob es überhaupt einen ersten Grund und Ursprung alles Seienden gibt, oder ob das Seiende im Ganzen letztlich ungegründet ist. Wieder also, nicht anders als in der Frage nach dem Sein des Seienden, gerät auch in der Frage nach dessen letztem Grund und Ursprung das Philosophieren vor den Abgrund des möglichen Nichts. Daher auch lautet die metaphysische Grundfrage, wie sie immer wieder in der Geschichte der Philosophie, etwa von Leibniz, Schelling und Heidegger, formuliert wird: Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?

So wird zusammenfassend deutlich: Das Philosophieren als radikales Fragen ist die Wurzel sowohl der Metaphysik wie der Kritik an dieser. Das aber besagt: Mit der Ansetzung des Wesens des Philosophierens als des radikalen Fragens ist in der Tat das ursprüngliche Wesen der Philosophie getroffen.

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