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2 Gottesbeweis

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Unter diesem Gesichtspunkt macht sich Platon – im zehnten Buch der „Nomoi“ – als erster daran, eine Art von Beweis des Daseins der Götter zu versuchen. In der Absicht, der Gesetzgebung in dem in den „Nomoi“ entworfenen Staatswesen ein sicheres Fundament zu geben, wendet er sich gegen diejenigen, die leugnen, daß es Götter gibt, und unternimmt es, „bewahrheitend zu sagen, daß Götter sind“ (N 885 e). Zunächst werden zwei Gründe für diese Annahme angeführt. Einmal, daß „Erde, Sonne, Gestirne und das All, sowie das so schön Geordnete der Zeiten, geteilt nach Jahren und Monaten“, dafür Zeugnis ablegen; sodann, „daß alle, Griechen und Barbaren, anerkennen, es gebe Götter“ (N 886 a). Hier deuten sich die Umrisse dessen an, was später – vorzüglich bei den Stoikern – zu ausdrücklichen Gottesbeweisen ausgearbeitet wird: die Ordnung im Kosmos und der consensus gentium. Im Gange des Gespräches in den „Nomoi“ werden diese Beweisgründe jedoch als unzureichend verworfen. Statt dessen macht sich Platon an einen eigenen Beweis vom Dasein der Götter; denn „es liegt nicht wenig daran, daß auf irgendeine Weise unsere Behauptungen Überzeugungskraft erhalten, daß Götter sind“ (N 887 b).

Den entscheidenden Fehler in der Leugnung des Daseins der Götter sieht Platon in der Annahme, daß die Grundelemente, „Feuer, Wasser, Erde und Luft“, aber auch das aus diesem Gewordene, „der ganze Himmel und alles, soviel am Himmel ist, auch alle Lebewesen und Pflanzen, … nicht durch Vernunft … oder durch irgendeinen Gott“ entstanden seien, sondern „durch Natur und Zufall“ (N 889 b–c). Indem die Bestreiter des Daseins der Götter die Grundelemente „für das Erste von allem halten“, behaupten sie konsequenterweise, „die Seele sei als Späteres aus diesen“ entstanden (N 891 c). Damit aber – so wendet Platon ein – verkehren sie das wahre Verhältnis von Grund auf. „Was die erste Ursache des Werdens und Vergehens von allem ist, von dem legten sie dar, daß es nicht als Erstes, sondern als Späteres geworden sei“ (N 891 e). In Wahrheit aber ist die Seele „das Erste“ (N 892 c), „vor allen Körpern geworden“ (N 892 a).

Dies versucht Platon so zu erweisen, daß er im Hinblick auf die Welt der Dinge zeigt: es ist die Seele, „die mehr als alles deren ganze Veränderung und Umgestaltung beginnen läßt“ (N 892 a). In dieser Absicht untersucht er das Wesen der Bewegung, zu der für ihn nicht bloß die Ortsbewegung, sondern etwa auch das Wachstum gehört. Er unterscheidet zwei Weisen von Bewegung: „die eine, die anderes bewegen kann, nicht aber sich selbst …, die andere, die stets sich selbst und anderes (bewegen) kann“ (N 894 b). Diese zweite Art von Bewegung nun muß aus dem Wesen der Sache heraus die erste sein: „Ursprung … jeglicher Bewegung“ (N 895 a), „ein erstes Bewegendes“; denn es ist unmöglich, daß „etwas, wenn es von einem andern bewegt wird, das Erste des sich Verändernden sei“ (N 894 e). „Wir werden also als Ursprung aller Bewegungen … die sich selbst bewegende (Bewegung) bezeichnen“ (N 895 b).

Platon geht nun weiter so vor, daß er die sich selber bewegende Bewegung als Seele – diese verstanden im Sinne des Prinzips des Lebens – faßt; denn „das sich selber Bewegende hat dasselbe Wesen wie … das, was wir alle als Seele bezeichnen“. Also ist die Seele „für alles Ursache jeglicher Änderung und Bewegung“: „das erste Werden und (die erste Bewegung des Seienden, Gewordenen und Sein-werdenden“ (N 896 a–b); „die Seele führt alles im Himmel, auf Erden und im Meer durch die ihr eigenen Bewegungen“ (N 896 e).

Wenn nun die Seele „Ursache von allem“ ist, dann – so fährt Platon fort – muß sie „Ursache sowohl des Guten wie des Schlechten“ sein. Dann aber erhebt sich die Frage, ob sie selber gut und schlecht zugleich, oder aber ausschließlich gut ist. Platon beantwortet diese Frage durch den Hinweis darauf, daß die Seele „notwendig auch den Himmel durchwaltet“ (N 896 d–e); sie ist „Herr des Himmels und der Erde und des ganzen Umlaufs (der Gestirne)“. Diese Bewegung aber ist „der Bewegung der Vernunft ähnlich“, und in dieser erblickt Platon die höchste der Tugenden. Daraus folgt, daß die alles leitende Seele notwendig gut sein muß, „daß die beste Seele für den ganzen Kosmos sorgt“: diejenige nämlich, die „vernünftig und voll der Tugend ist“ (N 897 b–c).

Nach diesen Vorbereitungen kann Platon nun den Schluß auf das Dasein des Göttlichen ziehen. Denn „da eine Seele oder (mehrere) Seelen (uns) als Ursachen von allem erschienen, gut in jeglicher Hinsicht, werden wir sie Götter nennen“ (N 899 b), als „Herrscher, die in der Tat den ganzen Himmel durchwalten“ (N 905 e). Man muß also – wie Platon in unausgesprochenem Anschluß an Thales sagt – zugestehen, „daß alles voll von Göttern ist“ (N 899 b).

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