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5. Parmenides

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Ob auch Parmenides ein Element der Geschichte der Philosophischen Theologie bei den Griechen bildet, ist strittig. Von den Göttern spricht er, soweit man aus den erhaltenen Fragmenten urteilen kann, nur in dem Teil seines Lehrgedichtes, der vom Schein handelt. Ein so scharfsinniger Interpret wie Karl Reinhardt kann demgemäß behaupten, Parmenides sei ein Denker, „den Gott … gleichgültig“ 8 lasse. Dagegen wendet Werner Jaeger ein, man könne zwar nicht von einer ausgesprochenen philosophischen Theologie des Parmenides sprechen; mit „seiner philosophischen Schau des reinen Seins“ gebe er jedoch eine „Antwort auf das religiöse Problem, das seine ganze Umwelt bewegt.“ 9 In der Tat ist es auffällig, daß Parmenides im Prooemion des Lehrgedichtes „der wohlgerundeten Wahrheit unerschütterliches Herz“ durch eine „Göttin“ künden läßt (B 1). Wenn sodann diese Wahrheit den „Meinungen der Sterblichen, denen keine wahre Überzeugungskraft innewohnt“, ausdrücklich gegenübergestellt wird (B 1), dann muß sie selber ursprünglich in der Dimension des Nicht-Sterblichen und damit des Göttlichen beheimatet sein. Schließlich gehören, auch wenn man mit Jaeger von einer „ Gleichsetzung des Seins mit Gott“ 10 absieht, die „ Merkzeichen“ des „ist“, des eigentlich Seienden, daß es nämlich „ungeworden“ und „unvergänglich“ ist, daß es „nicht war und nicht sein wird“, daß es „nicht Werden und Untergehen“ kennt (B 8), der Sprache an, in der der griechische Geist sich ausdrückt, wann immer er das Göttliche bezeichnen will.

Wie aber auch Parmenides das Verhältnis des Seins zum Göttlichen verstanden haben mag, eins ist sicher: Mit seinem Ringen um das Ergreifen des reinen Seins und mit seiner Verwerfung der Welt des Werdens als der bloß scheinhaften Wirklichkeit verdeutlicht und verschärft sich die Problematik der Philosophischen Theologie. Die frühesten Denker verstehen das Göttliche als Ursprung, Urgrund und Abgrund alles Wirklichen. Parmenides sodann spricht in aller Schärfe aus, das Wirkliche werde und vergehe und sei daher vom Nichts her bestimmt. Angesichts dessen muß für die Philosophische Theologie die Frage entstehen, wie es denn mit dem von ihr intendierten Göttlichen in Bezug auf jene Welt des Werdens und Vergehens und der Nichtigkeit steht. Darauf gibt schon Anaximander indirekt eine Antwort: er bezeichnet das Göttliche als „ohne Tod und Verderben“ (B 3) und setzt es damit gegen das endlich Wirkliche ab. Sofern aber das Göttliche als die ἀϱχή das endlich Wirkliche durchwaltet und durchherrscht, bleibt es, freilich in noch unbestimmter Weise, in dieses einbezogen. Jetzt dagegen, mit Parmenides, wird am Gegenbild des reinen Seins die Fragwürdigkeit des endlich Wirklichen, dieser scheinhaften Mischung aus Sein und Nichtsein, voll offenbar, und dies so sehr, daß Parmenides behaupten kann, es sei „Entstehen verloschen und Vergehen verschollen“ (B 8). Damit aber wird die Frage unabweisbar, ob denn überhaupt noch eine Beziehung des immerseienden Göttlichen zur endlichen Wirklichkeit möglich ist, oder ob die Ferne und Entrücktheit, in der Parmenides das Sein erblickt, auch und gerade dem Göttlichen aus seinem Wesen heraus zugesprochen werden muß. Diese Frage aber, eben von Parmenides ausgehend, wird zum metaphysischen Grundproblem der Philosophischen Theologie durch ihre ganze Geschichte hindurch.

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