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BRIDGEGATE WAR WIE LEER GEFEGT. Harry Rayburn hatte den Wagen ein ganzes Stück weit weg geparkt und ging jetzt zu Fuß. Er kam an einem Geschäft für Gebrauchtmöbel und an »Alice’s Restaurant« vorbei, einem alten Café, dessen einzige Anmaßung sein Name war. Der Eingang zur Nummer siebzehn war mit Blech vernagelt. Er hielt inne, blickte die Straße zurück und dann zum Jocelyn Square an der Ecke, wo »The Old Ship Bank« ebenso wie alles andere auch geschlossen hatte.

Das Blech vor der Tür war lose, hatte Tommy gesagt. Aber es war so lange der Witterung ausgesetzt gewesen, dass es sich gar nicht so leicht auseinanderbiegen ließ. Er hatte Probleme, die Reisetasche durch die Öffnung zu zwängen.

Im Eingang war es dunkel. Er überlegte, ob er Tommy rufen sollte. Aber eigentlich wusste er, dass er oben sein musste. Er stieg die letzten Stufen sehr vorsichtig hinauf, weil sie morsch waren. Das Geländer war auch nicht mehr sicher. Im trüben Licht sah er, dass eine der beiden Türen von einem dichten Netz an Spinnweben überzogen war. Also musste es die andere Tür sein.

Er stieß sie auf. Von dem schmalen Flur gingen drei weitere Türen ab. Die, vor der er stand, führte vermutlich in eine Abstellkammer, gegenüber waren noch zwei weitere. Er zögerte und öffnete die Tür zu seiner Linken, der Raum war leer. Er schloss die Tür wieder, überquerte den Gang und öffnete die andere.

Er entdeckte Tommy sofort, sah ihn nicht isoliert von allem anderen, sondern als Teil eines größeren Ganzen, das ihn in einen Kontext setzte, den er augenblicklich deutete. Tommy drängte sich in eine Ecke, sah ihn über die Schulter hinweg an. Rayburn nahm die schmutzige Wand wahr, verschiedene Tapetenschichten lugten hervor wie ein Archiv der gescheiterten Versuche, ihre Kahlheit zu bedecken; er nahm den kalten Kamin wahr, die Überreste einer kitschigen Gardine am Fenster, eine Flagge vereitelter Wohlanständigkeit. Im Zentrum dieser kleinen Ruine der Häuslichkeit hockte Tommy und erschien Rayburn gleichzeitig wie deren Zerstörer und Opfer. Er war das, was sie zu verhindern suchte, und so hatte auch er sie verleugnet. Jetzt war er dort angekommen, wo er innerlich wohl immer schon gewesen war.

Sie betrachteten einander. Rayburn machte Anstalten, sich ihm zu nähern, und Tommy hob die Hand.

»Fass mich nicht an, Harry. Ich sag’s dir gleich. Versuch bloß nicht, mich anzufassen.«

Rayburn ließ die Reisetasche wie einen Köder in der Mitte des Raums stehen und ging zurück zur Tür. Tommy schaute auf die Tasche.

»Hast du was zum Schreiben mitgebracht?«

»Alles da. Und was zu essen und Decken auch. Und Kerzen und Streichhölzer. Aber warum kommst du nicht mit zu mir? Wir können gleich los.«

»Warst du bei meiner Mutter?«

»War ich.«

»Was hast du ihr erzählt?«

»Ich hab ihr gesagt, dass du Ärger mit der Polizei hast und nicht nach Hause kannst. Warum, hab ich nicht gesagt. Aber irgendetwas musste ich ja sagen. Weil ich sie nämlich gebeten habe, zu behaupten, du wärst vor zwei Wochen nach London gefahren, falls jemand fragt. Das war okay.«

Rayburn dachte an die kleine grauhaarige Frau, mit der er am Vormittag gesprochen hatte, quietschsauber und nachgiebig wie Edelstahl. Eigentlich hatte sie nur wissen wollen, ob Tommy etwas zugestoßen war. Sie wusste, da war Rayburn sicher, was auch immer Tommy getan hatte, es musste etwas sehr Ernstes sein. Trotzdem hatte sie nicht gezögert, die Rolle zu übernehmen, die er ihr zugewiesen hatte.

»Wer war sie, Tommy?«

Tommy schüttelte den Kopf.

»Das Mädchen, von dem du mir erzählt hast?«

Tommy nickte. Seine rechte Hand hatte die ganze Zeit in der Tasche gesteckt. Als er sie herauszog und knetete, entdeckte Rayburn, dass er ein Höschen darin hielt. Blut klebte daran.

»Tommy. Ich kann dir helfen. Ich kann dich von hier fortbringen.« Erneut machte er Anstalten, sich zu nähern. »Lass mich …«

Tommy schreckte zurück.

»Ich will von niemandem angefasst werden!«, schrie er. »Ich will nicht reden. Ich will niemanden hier haben.«

Rayburn starrte ihn an. Er hatte in Tommys vollkommener Isolation eine perfekte Verpflichtung für sich selbst gefunden. Tommy war das Eingeständnis dessen, was Rayburn selbst hatte vermeiden können.

»Ich komme wieder, Tommy. Ich kann dir helfen. Du hast gehört, was ich dir über Matt Mason erzählt habe. Er kann helfen. Matt Mason wird helfen.«

Er wandte sich zur Tür.

»Komm morgen wieder, Harry. Bitte.«

Rayburn nickte und ging. Er wusste, wenn er Tommy nicht sicher hier herausbrachte, würde er nie wieder etwas wollen.

Laidlaw

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