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DER JUNGE HATTE GESCHLAFEN. Dieser ungeheuerliche Umstand alleine versetzte ihn zurück in seinen eigenen Körper. Ein beängstigender Ort. Er wachte unbequem an der Wand liegend auf, dort wo ihn die Erschöpfung hingeworfen hatte. Sein Bewusstsein war plötzlich erloschen wie eine elektrische Birne. Jetzt hatte es sich abrupt wieder eingeschaltet. Er war noch er selbst.

Die schmutzige Tapete, an der sein Kopf lehnte, schien sich gegen ihn zu stemmen, als wollte sie vornüberkippen. Er hatte das Gefühl festzustecken, aufstehen und etwas zu unternehmen schien ihm unmöglich. Die Tragweite dessen, was er getan hatte, hatte sich im Verlauf der Nacht zur Tatsache verfestigt. Er wusste, dass es sie gab und sie unausweichlich war.

Und trotzdem war sie seltsamerweise noch nicht in ihn übergegangen. Dem Gefühl nach hatte er weniger etwas getan, als dass er Teil von etwas außerhalb seiner selbst geworden war, einer Explosion zum Beispiel. Er sah ihren Körper, ihre seltsam gespreizten Beine, der Kopf absurd menschlich geneigt, die Stellung, in die sie der Aufprall geworfen hatte. Sie tat ihm leid.

Aber er fragte sich, was sie da machte. Etwas hatte sich ereignet und er war nur ein Teil davon gewesen. Aber was war es gewesen? Er wusste es nicht. Er wusste, dass er sich in einem fremden Raum befand, dass er schmutzig war, dass er sehr fror. Von hier, wo er war, zu dem Geschehenen zu gelangen schien ihm unmöglich. Aber genau das musste er.

Es half nichts, die Augen zu verschließen und sich zu verstecken. Das schreckliche Fieber war vorbei. Der Luxus, von Schuld überwältigt zu werden, war verflogen. Er hatte geglaubt, darin zu ertrinken, aber stattdessen war er hier gestrandet. Jetzt musste er weitermachen, herausfinden, wie er mit dem Geschehenen leben würde.

Er versuchte aufzustehen und stellte fest, dass er es konnte. Der Schmerz in seinen Beinen kam daher, dass wieder etwas möglich war. Er betrachtete seine Hände, die automatisch den Staub von seinen Hosenbeinen klopften. Er ging los. Die Treppe, die ihm vollständig fremd war, vermittelte ihm das Gefühl, einen Ort zu verlassen, den er nie betreten hatte. An dem kaputten Geländer musste er vorsichtig sein. Licht fiel durch die verrostete Blechverkleidung draußen, wo er die Tür aufgestemmt hatte. Sie ließ sich mit der Hand beiseitebiegen und er spähte hinaus.

Die Straße war leer. Er trat hinaus. Einen Augenblick lang vertrieb das Sonnenlicht sein Vorhaben. Verwirrt stand er auf der leeren Straße, wurde Teil des Schmutzes und der Stille. Schwer zu sagen, ob er nach rechts oder links gehen sollte. Er ging nach rechts. Nach nur wenigen Metern gelangte er an eine Kreuzung. Jetzt erkannte er, wo er war.

Gegenüber lag Glasgow Green. Der Clyde floß hundert Meter weiter rechts. An einem echten Ort zu sein bedeutete, an einem Ort zu sein, wo man von Menschen gefunden werden konnte. Dieses Wissen erschreckte ihn, und die Angst setzte ihm ein zwiespältiges Ziel. Er überquerte die Straße.

Draußen vor dem Park stand eine Telefonzelle. Er ging hinein. Die Tür schlug hinter ihm zu, schubste ihn in die enge Kabine. Er hob den Hörer und hielt ihn an sein Ohr. Das Telefon funktionierte. Er hängte wieder ein. »Cumbie« war mit schwarzem Stift auf den Metallkasten gemalt, da wo man das Geld einwarf. Darüber stand »Blackie«. War »Blackie« der Name einer Gang? Ein Spitzname? Er nahm Kleingeld aus der Tasche und legte es auf die schmale schwarze Leiste. Er hob erneut den Hörer und hielt ihn wieder an sein Ohr.

Dann wählte er eine Nummer, ohne überlegen zu müssen. Als er es tuten hörte, staunte er, dass er etwas bewirkt hatte. Mit ängstlicher Geduld, gefangen im Schweigen der Stadt, wartete er, während das Telefon in die Ferne vorstieß, seine Isolation durchbrach.

Laidlaw

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