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Städtereicher Südwesten im Hoch- und Spätmittelalter

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»Über 100 Städte«

Gelehrte aus Italien, die im 15. Jahrhundert Südwestdeutschland besuchten, kamen ins Schwärmen über Anzahl und Aussehen unserer Städte. Enea Silvio Piccolomini, der spätere Papst Pius II., war besonders beeindruckt von Basel und schrieb: »Es gibt sehr reiche und bevölkerte Städte, die man freie nennt, weil sie einzig dem Kaiser unterstellt sind, und zwar gibt es über 100 Städte, die diese Freiheit genießen, am Rhein und an der Donau sind ihrer besonders viele.« In der Tat lag gut die Hälfte aller Reichsstädte des Mittelalters im deutschen Südwesten (das Elsass eingerechnet), etliche auch im späteren Badnerland, so die Stadt Konstanz, die nach dem Urteil eines Römers zwar klein war im Vergleich zu anderen deutschen Städten, sich aber durch ihre Schönheit besonders hervortat. Und Freiburg, die damals volkreichste Stadt in unserem Raum, war zwar nicht Reichsstadt, wurde aber von Dietrich von Nieheim 1415 als »eine der besten christlichen Städte« gepriesen: »Uneinnehmbar, mit herrlichen Gebäuden und breiten, geschickt angelegten Straßen«.

Bis um 1100 hatte es zwischen Bodensee, Oberrhein und Taubertal noch kaum Städte gegeben; die Bischofssitze lagen links des Stromes; von den Römerkastellen hatten nur Konstanz, Ladenburg, Pforzheim und Breisach eine gewisse Kontinuität bewahrt. Nun aber wurden im 12./13. Jahrhundert zahlreiche Siedlungen zu Städten gemacht, indem sie Marktrecht und Bürgerfreiheiten erhielten und unter besonderen |39|Schutz gestellt wurden. Am Ende der Stauferzeit bestanden bereits mehr als ein Drittel aller Städte, die sich heute auf badischem Boden befinden. Ein weiteres Drittel kam im Lauf der folgenden 200 Jahre hinzu. Die Ausbreitung des Städtewesens steht in engem Zusammenhang mit der allgemeinen Prosperität der Stauferzeit. Von ihr und vom dynamischen Willen der großen und kleinen Adelsgeschlechter, das Land auszubauen, profitierten die Städte; gleichzeitig trieben sie die Entwicklung ihrerseits voran.

Fast alle Städte in unserem Raum entstanden an Verkehrslinien, wo sie all den Menschen unterwegs, den Fernhändlern, Reisenden, Pilgern und Bettlern, den Fürsten und Rittern als sichere Station dienen konnten. Denn was Menschen überhaupt in die Städte zog, war zuallererst ihre Sicherheit. Sie entstanden im Schutz einer Burg, wurden mit Wall und dann auch mit Mauern umgeben. Im Verteidigungsfall standen in der Stadt mehr bewaffnete Männer bereit als in den Dörfern. Schon die dichte Bebauung, Haus an Haus, ganze Straßenzeilen entlang, gab mehr Menschen Platz. Und so stieg die Einwohnerzahl der Städte überdurchschnittlich an, wenn sie auch nach modernen Maßstäben nur bescheidene Größenordnungen erreichte. Freiburg wuchs in den ersten 100 Jahren so sehr, dass man noch vor 1250 mehrere Vorstädte anbauen musste. Im 14. Jahrhundert hatte die Stadt rund 9000 Einwohner. Konstanz erreichte in seiner Blütezeit rund 6000 Einwohner, Überlingen vielleicht 5000. Heidelberg, wo die Landesherren gegen 1300 eine zweite Burg errichteten, expandierte vor allem nach der Gründung der Universität 1386 auf über 5000 Einwohner. Breisach dürfte im Spätmittelalter an die 3000 Einwohner gehabt haben; eine ähnliche Zahl schätzt man für Neuenburg und Villingen, Pforzheim und Wertheim. Alle andern »Städte« blieben jedoch wohl (wie auch die meisten Städte im übrigen Deutschland) deutlich unter 2000 Einwohnern. Zu Zentren überregionaler Wirtschaftsbeziehungen konnten sie sich nicht entwickeln, denn die internationalen Fernstraßen verliefen dem Rhein entlang auf der Westseite.

Stadtregionen

Das Straßen- und Städtenetz diente in unserem Raum vor allem der binnenwirtschaftlichen Entwicklung. Von Ausnahmen abgesehen betrug die Entfernung zwischen den Städten ca. 20 bis 30 Kilometer. Am nördlichen Bodensee bildeten die Städte Konstanz, Radolfzell, Engen, Meersburg, Überlingen, Stockach, Pfullendorf und Meßkirch ein dichtes Netz. Am Hochrhein lagen die »Waldstädte« Rheinfelden, Säckingen, Laufenburg, Waldshut nahe beisammen, auch Tiengen und Stühlingen waren nicht weit. Auch am Oberrhein drängten sich Städte eng aneinander, so z.B. Neuenburg, Freiburg, Breisach, Burkheim, Endingen, Kenzingen, Ettenheim und Lahr. Im Schwarzwald konnten die Entfernungen größer sein, so zwischen Freiburg, Neustadt und Villingen; im Kinzigtal wurden sie wiederum kleiner: Hier lagen neben Wolfach und Hausach die drei Reichsstädte im Duodezformat Zell, Gengenbach und Offenburg. Besonders dicht war das Städtenetz im Kraichgau und am unteren Neckar. Dort lagen Pforzheim, Sinsheim, Bretten, Bruchsal, Wiesloch, Eppingen, Neckargemünd und Heidelberg nahe beisammen. Nördlich davon lagen Eberbach, Mosbach, Tauberbischofsheim und Wertheim |40|sowie Weinheim an der Bergstraße und das traditionsreiche Ladenburg, südlich davon die markgräflichen Städte Ettlingen, Rastatt, Durlach und Baden-Baden.

Die Geschichte Badens

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