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Mystik und Frauenbewegung am Oberrhein

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Geistige und künstlerische Strömungen machen nicht halt an einer Landesgrenze, und sie lassen sich auch nicht einfach als Leistungen einer Region verbuchen. Doch ist es auch nicht bloßer Zufall, dass gerade unser Raum im Spätmittelalter und an der Wende zur Neuzeit eine Drehscheibe geistig-religiöser, wissenschaftlich-literarischer und künstlerischer Bewegungen bildete.

Nonnen und Beginen

Bekannt ist, dass der Hoch- und Oberrhein von Konstanz bis Straßburg zu einem Herd und Hort der deutschen Mystik wurde. Hier haben Meister Eckhart, Tauler und Seuse gepredigt (Tauler stammte aus Straßburg, Seuse aus Konstanz, seine Mutter aus Überlingen). Sie haben eine religiöse Bewegung entfacht oder verstärkt, die einerseits als höchste Sublimierung mittelalterlicher Frömmigkeit zu verstehen ist, andererseits aber das geordnete Gefüge der Kirche bereits zutiefst erschütterte und zu sprengen begann. Weshalb schlug diese Bewegung gerade hier so früh Wurzel und breitete sich hier so rasch aus? Die relativ dichte Besiedlung, die vielen Klöster und Städte, das rege wirtschaftliche und geistige Leben steigerte und differenzierte die Bedürfnisse, auch die religiösen. Die Städte mit ihren Bewohnern wurden zu Zentren und Trägern neuer Ideen – im Kirchenbau ebenso wie in der religiösen Praxis. Viele Impulse kamen von den Bettelorden, die ihre Konvente mitten in die Städte legten. Neben großen Männerklöstern der Franziskaner, Dominikaner und Augustiner entstanden zahlreiche Frauenkonvente der Klarissinnen und vor allem der Dominikanerinnen in unserem Raum, so in Konstanz, Überlingen, Pfullendorf Villingen, Engen, |46|Freiburg, Kenzingen, Offenburg, Neudingen, Pforzheim und Heidelberg. Die Bettelorden übernahmen in den Städten in großem Umfang Seelsorge und soziale Dienste. Ihre Klöster dienten aber auch der Versorgung unverheirateter Söhne und Töchter aus meist wohlhabenden Familien, vorwiegend aus Adel und Patriziat. Besonders zahlreichen Nachwuchs hatten die Dominikanerinnen. Die Mädchen traten meist schon mit 15 Jahren in die Ordensgemeinschaft ein, wenn sie auch erst später die Gelübde ablegten.

Die Zahl unverheirateter Frauen war aufgrund der um 1300 wachsenden Bevölkerungsdichte erheblich; viele bildeten Wohngemeinschaften in Privathäusern und lebten als Beginen von eigener Handarbeit, ohne sich einer festen Ordensregel zu unterwerfen. Für Straßburg sind um 1300 neben sieben Dominikanerinnenklöstern rund 60 Beginenhäuser bezeugt; in Konstanz und Freiburg waren es weit weniger, aber auch hier gab es ein halbes Dutzend, deren Geschichte im einzelnen noch nicht völlig geklärt ist. Die Bettelorden schufen im »Dritten Orden« eine Möglichkeit für solche Frauen, die sich der Ordensdisziplin ohne Gelübde unterwerfen wollten. Zuweilen wurden aus Gemeinschaften des Dritten Ordens später »normale« Klöster.

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