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III. Dualistische Konzepte

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Die Erfahrung, dass sich die Welt in Gegensätzen darstellt, bestimmt das menschliche Denken seit seinen frühesten Anfängen: Stadt – Land, Hochzeit – Streit, Arbeit – Genuss (Homer); Männliches – Weibliches, Licht – Finsternis, Gutes – Böses (Pythagoras) und Gesundheit – Krankheit, Leben – Tod, Ruhe – Bewegung (Heraklit) wären dafür Beispiele. Aber es ist vor allem ein Gegensatz, der das Denken in besonderer Weise herausgefordert hat: der von ‚psyche und soma‘. Der Grund für seine Bedeutung ist wohl darin zu sehen, dass er wie kein anderer geeignet war, die menschliche Situation in einem prinzipiellen Sinne zu deuten und den Menschen zu definieren. Seine besondere Auszeichnung zeigt sich darin, dass er bis heute Teil nicht nur der Alltagssprache ist – im Deutschen als Leib und Seele – sondern sich auch innerhalb der Wissenschaftssprache eingebürgert hat. Die psychosomatische Medizin ist ein etablierter Bereich unseres Gesundheitswesens. Eine erste begriffliche Entfaltung erfuhr dieses Konzept bei Platon, und lange Zeit wurde die platonische Philosophie im Ganzen unter diesem Vorzeichen interpretiert. Inzwischen wissen wir etwas genauer, dass dieses anthropologische Modell für Platon nur eines von mehreren, wenn auch ein sehr wichtiges, darstellte.

Weniger bekannt ist, dass bereits das platonische Konzept eine bedeutungsvolle Vorgeschichte hat. Sie beginnt bei Homer. Auch er verwendet die Begriffe ‚psyche‘ und ‚soma‘, aber in einem völlig anderen Sinn. ‚Soma‘ ist nicht der lebendige Leib, sondern der Leichnam und ‚psyche‘ nicht die lebendige Seele, sondern das verkleinerte Abbild des Menschen, das diesen bei seinem Tode verlässt, um im Hades ein elendes, schattenhaftes Dasein zu führen. Das Gegensatzpaar von ‚psyche‘ und ‚soma‘ im Sinne Homers war nicht geeignet, zu einem anthropologischen Leitfaden zu werden (vgl. Kap. I, 1). Damit dies geschehen konnte, war ein wichtiger Zwischenschritt notwendig, und der erfolgte durch Pythagoras. Unter dem Einfluss von Mysterienreligion und Orphik, d.h. früher mythologischer Dichtung, vertrat er die Lehre von der Seelenwanderung. Sie umfasste den Gedanken der Unsterblichkeit der Seele und ihrer Reinkarnation in anderen Lebewesen. Dazu gehörte auch der Versuch der ‚Erinnerung‘ an das frühere Leben, das die „Seele einmal, bevor sie in ihrem heutigen Leibe gefesselt wurde, geführt habe“ (Mansfeld, 1987, 173).

Erst mit Pythagoras wird ‚soma‘ zum lebendigen Leib und die ‚psyche‘ erhält die Rolle der bewussten Lebensführung. Es ist der Gedanke der Reinkarnation, der nun eine besondere Aufmerksamkeit auf die Lebensführung lenkt, sofern nämlich der Zugang zum neuen Leben nach Verdienst im alten erfolgt. Das Verhältnis von ‚psyche‘ und ‚soma‘ bekommt damit anthropologische und ethische Relevanz. Das geschieht bei Platon, der sich explizit auf pythagoreische Lehren bezieht.

Das Gegensatzpaar erhält bei Descartes die Namen ‚Körper und Geist‘, bei Leibniz ‚Körper und Seele‘ und bei Kant ‚mundus sensibilis‘ und ‚mundus intelligibilis‘ bzw. ‚Sinnlichkeit und Verstand‘. Der entscheidende philosophische Streit entzündete sich aber nicht an den Namen, sondern an der Frage, wie dieses Verhältnis zu denken sei. Es ist vor allem die nach der Verbindung oder Vermittlung beider Bereiche. Während Descartes ein besonderes Organ im Gehirn des Menschen dafür verantwortlich macht, setzt Leibniz auf die von Gott eingerichtete ‚prästabilierte Harmonie‘ von Körper und Seele (vgl. Kap. IX, 1). Kant nimmt zunächst zwei getrennte Perspektiven an, behauptet schließlich aber die Möglichkeit, dass die ‚Vernunft‘ (das Intelligible) selbst im Menschen ein ‚Gefühl‘ (das Sensible) der ‚Achtung‘ ihr gegenüber erwirken könne.

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