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11.Werbungskosten für Bewirtungskosten beim Arbeitnehmer

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Entstehen dem Arbeitnehmer Bewirtungskosten ausschließlich aufgrund eines persönlichen Ereignisses, kommt ein Werbungskostenabzug grundsätzlich nicht in Betracht (BFH-Urteile vom 19.2.1993, BStBl. II S. 403 und vom 15.7.1994, BStBl. II S. 896).

Dabei ist für die Beantwortung der Frage, ob Bewirtungsaufwendungen beruflich (= Werbungskostenabzug) oder privat (nicht abziehbare Kosten der Lebensführung) veranlasst sind, in erster Linie auf den Anlass der Feier abzustellen. Der Anlass einer Feier ist ein erhebliches, aber nicht das alleinentscheidende Kriterium für die berufliche oder private Veranlassung von Bewirtungsaufwendungen. Trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses kann sich aus den anderen Umständen des Einzelfalles ergeben, dass die Aufwendungen für die Feier beruflich veranlasst sind. Eine ganz oder teilweise berufliche Veranlassung ist insbesondere möglich, wenn die Feier nicht der repräsentativen Erfüllung gesellschaftlicher Pflichten, sondern dem kollegialen Miteinander und daher der Pflege des Betriebsklimas dient, mit der Einladung den Kolleginnen und Kollegen Dank und Anerkennung gezollt oder gefestigten betrieblichen Gepflogenheiten Rechnung getragen wird.

Umgekehrt begründet ein Ereignis in der beruflichen Sphäre allein nicht die Annahme, die Aufwendungen für eine Feier seien (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst. Denn auch berufliche Ereignisse werden häufig im Rahmen eines privaten Festes unter Beteiligung befreundeter Arbeitskollegen begangen. Daher ist für die Frage der steuerlichen Berücksichtigung der Aufwendungen auch von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen oder Geschäftsfreunde, um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Arbeitnehmers handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet, ob sich die finanziellen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob das nicht der Fall ist. Eine luxuriöse Umgebung (z. B. Anmietung einer Yacht oder eines Schlosssaals zur Durchführung der Feier) ist ein gewichtiges oder weiteres Indiz für eine private Veranlassung. Folgende Einzelfälle sind entschieden worden:

Bewirtungskosten eines Arbeitnehmers können sowohl bei variablen, erfolgsabhängigen Vergütungen als auch bei festen Bezügen als Werbungskosten zu berücksichtigen sein (BFH-Urteile vom 1.2.2007, BStBl. II S. 459 und vom 24.5.2007, BStBl. II S. 721).

Bei einer „gemischten Feier“ (z. B. Berufszulassung und runder Geburtstag) kann der auf die Gäste aus dem beruflichen Umfeld entfallende Anteil an den Aufwendungen als Werbungskosten abgezogen werden. Die Einladungen müssen aber nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien ausgesprochen werden (z. B. alle Angehörigen einer Niederlassung oder bestimmten Abteilung werden eingeladen; BFH-Urteil vom 8.7.2015, BStBl. II S. 1013). Vgl. auch Anhang 7, Abschnitt B Nr. 2 unter „Gemischte Feier“.

Der Bundesfinanzhof hat die Aufwendungen für eine runde Geburtstagfeier des angestellten Geschäftsführers im Betrieb des Arbeitgebers zum Werbungskostenabzug zugelassen. Die berufliche Veranlassung wurde damit begründet, dass

 neben dem Aufsichtsratsvorsitzenden ausschließlich sämtliche Mitarbeiter eingeladen waren und

 der Arbeitgeber in die Organisation der Veranstaltung eingebunden und damit zumindest mittelbar an den Kosten beteiligt war (BFH-Urteil vom 10.11.2016, BStBl. 2017 II S. 409).

Der Berufsbezug der Geburtstagsfeier ergab sich zudem aus den maßvollen Kosten (ca. 35 € pro Person bei 70 Gästen), aus dem Veranstaltungsort (mit Bierzeltgarnituren hergerichtete und einfach geschmückte Werkstatthalle des Arbeitgebers) und der Veranstaltungszeit (freitags von 12 bis 17 Uhr und damit zumindest teilweise während der Arbeitszeit) sowie der Billigung der Feier durch den Arbeitgeber. Trotz der gehobenen beruflichen Position des Klägers als Geschäftsführer hatte die Feier keinen repräsentativen, sondern einen rustikalen betriebsinternen Charakter; zum Teil nahmen die Mitarbeiter in Arbeitskleidung daran teil. Vertreter des öffentlichen Lebens, der Kommune oder Medien, Geschäftspartner oder andere nicht betriebszugehörige Personen, die der Geburtstagsfeier das Gepräge einer gesellschaftlichen und damit privaten Veranstaltung gegeben hätten, waren nicht geladen. Im privaten Rahmen hatte der Kläger seinen Geburtstag zudem ebenfalls und mit deutlich höheren Kosten gefeiert.

Der Bundesfinanzhof hat auch die Bewirtungsaufwendungen eines angestellten Geschäftsführers mit variablen Bezügen anlässlich einer ausschließlich für Betriebsangehörige im eigenen Garten veranstalteten Feier zum 25-jährigen Dienstjubiläum zum Werbungskostenabzug zugelassen (BFH-Urteil vom 1.2.2007, BStBl. II S. 459). Entscheidend war, dass das Fest im eigenen Garten des Geschäftsführers nicht den Charakter einer privaten Feier hatte und sich die finanziellen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegten. Der Geschäftsführer wollte die anderen Mitarbeiter durch das Gartenfest zu weiterer Leistungsbereitschaft motivieren, da seine Tantieme nicht unwesentlich von deren Leistungen abhing. Zudem hatte der Arbeitgeber zuvor eine Feier anlässlich des Dienstjubiläums des Geschäftsführers ohne die Betriebsangehörigen veranstaltet. Bei einem Dienstjubiläum handelt es sich laut Bundesfinanzhof um ein berufsbezogenes Ereignis. Aufwendungen (im Streitfall für Häppchen, Wein und Sekt) für eine betriebsinterne Feier anlässlich eines Dienstjubiläums sind daher ausschließlich beruflich veranlasst und als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer die Gäste nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien einlädt (z. B. alle Arbeitnehmer einer Abteilung; BFH-Urteil vom 20.1.2016, BStBl. II S. 744). Sachzuwendungen des Arbeitgebers bis zu 60 € anlässlich eines Dienstjubiläums sind steuer- und beitragsfrei (vgl. „Aufmerksamkeiten“).

Auch die Habilitation eines Chirurgen ist ein berufsbezogenes Ereignis, sodass für die Aufwendungen für eine Feier ein Werbungskostenabzug in Betracht kommt, wenn die Gäste nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien eingeladen worden sind (BFH-Urteil vom 18.8.2016, BFH/NV 2017 S. 151).

Ebenso hat der Bundesfinanzhof auch die Bewirtungskosten, die einem Offizier für einen Empfang aus Anlass der Übergabe der Dienstgeschäfte (sog. Kommandoübergabe) und der Verabschiedung in den Ruhestand entstanden sind, zum Werbungskostenabzug zugelassen (BFH-Urteil vom 11.1.2007, BStBl. II S. 317). Auch Bewirtungskosten, die einem Behördenleiter oder Amtsleiter aus Anlass der Übergabe oder Übernahme der Dienstgeschäfte entstehen, können als Werbungskosten abgezogen werden. Unmaßgeblich ist, dass keine erfolgsabhängigen Vergütungen bezogen werden.

Außerdem lässt der Bundesfinanzhof Bewirtungskosten zum Werbungskostenabzug zu, wenn der Behördenleiter anlässlich des fünfjährigen Bestehens der Behörde alle Mitarbeiter (= 80 Amtsangehörige) im Anschluss an eine Mitarbeiterbesprechung zu einer Feier mit Mittagessen und Kaffee einlädt (BFH-Urteil vom 6.3.2008, BFH/NV 2008 S. 1316). Ein privater Bezug des Behördenleiters zu der Feier (z. B. Geburtstag) bestand nicht. Entsprechendes gilt für ein Betriebsfest.

Auch die Kosten eines Empfangs im Anschluss an eine Antrittsvorlesung können beruflich veranlasst sein (BFH-Urteil vom 10.7.2008, BFH/NV 2008 S. 1831). Das Verhältnis der privaten Gäste (15) zur Gesamtzahl der Gäste (270) betrug weniger als 10 % und war daher von untergeordneter Bedeutung.[193]

Schließlich können auch Bewirtungskosten anlässlich der Verabschiedung in den Ruhestand Werbungskosten sein (BFH-Beschluss vom 26.1.2010, BFH/NV 2010 S. 875 betreffend eine Feier mit Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern in den Räumen des Arbeitgebers).

Auch bei Arbeitnehmern sind Bewirtungskosten grundsätzlich nur zu 70 % als Werbungskosten abziehbar (§ 9 Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG; vgl. auch vorstehende Nr. 8). Außerdem haben auch Arbeitnehmer Bewirtungskosten ordnungsgemäß nachzuweisen (vgl. vorstehende Nr. 9).

In den folgenden Fällen lässt der Bundesfinanzhof die Bewirtungskosten nicht nur zu 70 %, sondern in vollem Umfang (= 100 %) zum Werbungskostenabzug zu:

 Der Arbeitnehmer bewirtet ausschließlich Arbeitskollegen (= Arbeitnehmer des eigenen Arbeitgebers, z. B. ihm unterstellte Mitarbeiter). Der bewirtende Arbeitnehmer hat in solch einem Fall die gleiche Stellung wie ein Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmer bewirtet; auch dessen Aufwendungen unterliegen nicht der Abzugsbeschränkung (BFH-Urteile vom 19.6.2008, BStBl. 2009 II S. 11 und vom 20.1.2016, BStBl. II S. 744);

 ein Arbeitnehmer übernimmt aus beruflichem Anlass (Verabschiedung in den Ruhestand und Übertragung der Dienstgeschäfte auf den Nachfolger) ganz oder teilweise Kosten für die Bewirtung der Gäste im Namen seines Arbeitgebers. Die Abzugsbeschränkung auf 70 % greift von vornherein nicht, wenn nicht der Arbeitnehmer selbst, sondern der Arbeitgeber als Bewirtender auftritt (BFH-Urteil vom 19.6.2008, BStBl. II S. 870).

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