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Erfahrung und Vorurteil

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An vorhergehenden Beispielen erkennt man auch, dass man die Begriffe „Vorurteil“ bzw. „Überzeugung“ und „Erfahrung“ nicht klar trennen kann. Was die Sache noch um einiges komplexer macht. Eine Erfahrung bildet ein Vorurteil aus; sie kann durchaus falsch oder unzureichend sein.

Bei der Beurteilung von Fakten ist es jedoch nicht möglich, die Erfahrung komplett auszuschalten, denn ohne einen gewissen Erfahrungsschatz ist es ebenfalls unmöglich, ein Urteil zu fällen.

Weiterhin ist jeder von der persönlichen Denkweise begrenzt15 . Dies zeigt das Zitat von Ludwig Wittgenstein: „Will man dem Denken eine Grenze setzen, so müsste man beide Seiten der Grenze denken können (Man müsste also denken, was sich nicht denken lässt)“. Er bezog dies vermutlich auf das allgemeine Denken. Die Aussage ist aber auch für jede Person und Situation gültig. Die Denkweise eines jeden ist begrenzt, auch die des Autors des vorliegenden Buches. Man kann die eigenen Denk-Grenzen nicht erkennen und bestimmen.

Man kann dies auch an der eigenen Person über eine andere Weisheit zeigen. Sie besagt, dass „Erfahrung das ist, was man glaubt zu haben, bis man mehr davon hat“. Einen erweiterten Erfahrungshorizont erfährt man aber erst dann, wenn man nach dem „Warum“ fragt und sich in Dinge einarbeitet. Wenn man sich nur oberflächlich mit Dingen beschäftigt, wird man dies niemals feststellen können. Wenn man aber Stück für Stück Einzelteile zusammensetzt, kommt dies der Erfahrung zugute. Wobei diese Erfahrung nicht zwangsläufig zu den korrekten Schlussfolgerungen führen muss.

Es kann gefährlich werden, wenn Personen mit ihrer Erfahrung „argumentieren“. Beispielsweise wurde von einer Krankenschwester an zwei aufeinanderfolgenden Tagen der Puls in derselben Situation gemessen - die Ergebnisse waren 41 und 78. Das Argument für die Korrektheit der Messungen war: „Ich habe 25 Jahre Erfahrung - das sind Messabweichungen“. Denkt man aber über die Zahlen nach, so erkennt man, dass 78 dividiert durch 2 39 ergibt. Und 39 ist nur 5% von 41 verschieden. Somit hatte das Gerät einen Puls von 39 gemessen und die Programmierer des Messgerätes haben „beschlossen“, dass 39 zu niedrig ist und somit wurde 78 angezeigt. „Die billigen Geräte fangen unter 40 an zu doppeln“ bemerkte ein Arzt später dazu. Auch ein Blick in die Bedienungsanleitung hätte ausgereicht, um den „Erfahrungshorizont“ zu erweitern. Das wurde aber nicht gemacht, da man sonst einen Fehler hätte zugeben müssen16 .

Als Zitat von Ben Hecht kann man lesen: „Vorurteile sind das Floß, an das der schiffbrüchige Geist sich klammert“. In diesem Sinne die Frage an Personen, die sich für „erfahren“ halten: Ist es Erfahrung oder „nur“ ein Vorurteil?

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