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Buddhismus seit der Tang-Zeit

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Der Buddhismus hatte zu Beginn der Tang-Zeit eine bereits 500-jährige Entwicklung in China hinter sich. Obwohl der indische Ursprung der Religion nicht vergessen wurde und auch weiterhin Kontakte nach Indien bestanden, veränderte der Buddhismus sich unter dem Einfluss der chinesischen Kultur und entwickelte seine spezifisch ostasiatischen Formen. Die Gelehrten unter den Mönchen verfügten über eine traditionelle chinesische Bildung und waren mit den konfuzianischen Klassikern ebenso vertraut wie mit der daoistischen Philosophie. Neben den aus dem Sanskrit übersetzten Texten entstand eine umfangreiche chinesische buddhistische Literatur, die philosophische, apologetische und historische Werke ebenso umfasste wie umgangssprachliche Erbauungsliteratur, mit der Mönche die buddhistische Lehre der Bevölkerung vermittelten.

Das Mahayana und der Bodhisattva

Viele der ins Chinesische übersetzten Texte gingen in ihrer originalen Sanskrit-Version verloren, nachdem der Buddhismus in Indien verschwunden war. Dies gilt insbesondere für die Schriften des Mahayana-Buddhismus, der in China vorherrschend wurde. Im Unterschied zu den abwertend als „Hinayana“ bezeichneten Schulen vertrat das Mahayana eine universale Erlösungslehre. Die Befreiung vom leidvollen Kreislauf der Wiedergeburten stand nicht nur Mönchen offen, sondern alle Lebewesen sollten die Erlösung erlangen. Mitleid und Barmherzigkeit galten als zentrale Tugenden, und entsprechend war die selbstlose Hilfe für alle Lebewesen ein höheres Ziel als die eigene Erlösung durch Eintritt ins Nirvana. Das Ideal des Mahayana war der Bodhisattva („Buddhawesen“), der die höchste Stufe der Vollkommenheit erreicht hat, aber aus Mitleid weiter zum Wohle aller unerlösten Wesen tätig ist. Diese Bodhisattva-Lehre wurde in verschiedene Richtungen ausgestaltet. Für die meisten Gläubigen stand die Vorstellung von transzendenten Bodhisattvas im Vordergrund, die in ihrer Vollkommenheit und allumfassendem Mitleid allen Menschen helfen. Besondere Popularität erlangten die Bodhisattvas Avalokiteshvara (chin. Guanyin) und Maitreya, die rituell verehrt wurden und an die man sich mit Bitten um Hilfe wenden konnte. Parallel dazu hatte sich im Mahayana auch die Vorstellung von transzendenten Buddhas entwickelt, die gleichfalls Gegenstand des Kultes waren. Neben dem historischen Buddha Shakyamuni erfreute sich vor allem der Buddha Amitabha (chin. Amituo) großer Beliebtheit, daneben gab es zahlreiche weitere Buddhas, die alle – wie auch die Bodhisattvas – ikonographisch dargestellt und in Klöstern und Tempeln verehrt wurden.

Die „mittlere Lehre“ des Nagarjuna

Die devotionalen Aspekte des Mahayana-Buddhismus und die Hoffnung, durch die Barmherzigkeit von Buddhas und Bodhisattvas aus der leidvollen Existenz befreit und in einem jenseitigen Paradies wiedergeboren zu werden, dürfte wesentlich zur Popularität und Verbreitung der buddhistischen Lehre in China beigetragen haben. Das Mahayana brachte aus Indien aber auch eine hochentwickelte Philosophie nach China. Es war eine komplexe Metaphysik, die Logik, Ontologie und Erkenntnistheorie umfasste. Unter den zahlreichen Lehrern und Schulen, die in Indien entstanden waren, nahm die „mittlere Lehre“ (Madhyamaka) des Nagarjuna (2./3. Jh.?) eine hervorragende Stellung ein. Nagarjuna lehrte, dass alle Dinge „leer“ (shunya) seien, das heißt ohne eigene Substanz. In der subtilen Metaphysik des Mahayana bedeutete die Leerheit (shunyata) aller Erscheinungen, dass Unterscheidungen – wie die zwischen Sein und Nichtsein oder zwischen Samsara und Nirvana – nur bedingt, nicht jedoch im absoluten Sinne bestehen. Die Erkenntnis, dass die Dinge weder sind noch nicht sind, führt zu der Einsicht, dass auch die Unterscheidung zwischen Buddha und unerlösten Wesen nur eine bedingte Geltung besitzt. Die Erlösung wird erreicht, indem diese absolute Wahrheit der eigenen Buddha-Natur erkannt wird.

Aufblühen zweier Schulen

Die metaphysischen Spekulationen des Mahayana-Buddhismus beeinflussten zwar nachhaltig die chinesische Philosophie, hatten jedoch nur geringe Bedeutung für das alltägliche religiöse Leben. Für die meisten Gläubigen stand die Hoffnung auf eine günstige Wiedergeburt als Folge verdienstvoller Taten und des Vertrauens in die barmherzige Hilfe eines Buddha oder Bodhisattva im Vordergrund. Gelehrte Mönche, die sich dem Studium philosophischer Texte widmeten, waren die Ausnahme. Sie bildeten als Lehrer den Kern verschiedener Schultraditionen, deren literarische Produktion zum klassischen Erbe der buddhistischen Philosophie Chinas wurde, auch wenn die meisten der während der Tang-Zeit blühenden Schulen sich in der Folgezeit auflösten. Dauerhaften Bestand hatten allein die Schule des Reinen Landes (Jingtu) und die Meditations-Schule (Chan, jap. Zen), deren Traditionen gemeinsam den chinesischen Buddhismus seit dem 10. Jahrhundert prägten. Die Chan- oder Meditations-Schule, die im 7. Jahrhundert entstand, sich aber auf indische Wurzeln zurückführte, lehrte, dass die Erleuchtung nur durch die Erkenntnis der eigenen Buddha-Natur erlangt werden könne. Der Weg dazu waren Meditationstechniken und die wortlose Vermittlung der unaussprechlichen Erkenntnis vom Meister auf die Schüler. Der Chan-Buddhismus scheint zur Tang-Zeit im Wesentlichen eine Sache der Mönche gewesen zu sein und beeinflusste auch danach das religiöse Leben der Laien weit weniger als die Schule des Reinen Landes. In deren Mittelpunkt standen die Verehrung des Buddha Amitabha und der Wunsch, in dessen Westlichem Paradies, dem Reinen Land, wiedergeboren zu werden. Diese Form der devotionalen Frömmigkeit bot einen Erlösungsweg, der leicht zu begehen war und nicht nur religiösen Virtuosen offenstand. Sie wurde zur populärsten Form des Buddhismus in China.

Bedeutung der Mönche

Obwohl der Mahayana-Buddhismus Mönchen und Laien in gleicher Weise die Möglichkeit der Erlösung eröffnete, war seine institutionelle Form in China durch den Orden der Mönche und Nonnen geprägt. Nur die wenigsten von ihnen lebten aber in den großen Klöstern, die Zentren buddhistischer Gelehrsamkeit waren und auf staatliche Kosten unterhalten wurden. Die meisten waren näher an der Bevölkerung als Hüter kleinerer und größerer Tempel, wo sie ihren rituellen Dienst versahen. Viele dieser „Volksmönche“ besaßen nur geringe Bildung, aber sie trugen dazu bei, dass der Buddhismus in der Bevölkerung verwurzelt wurde. Tempelfeste mit Prozessionen und Märkten waren Teil der Volkskultur. Unter der Führung einzelner Mönche bildeten sich buddhistische Laienvereinigungen, die die finanziellen Mittel für den Unterhalt und die Ausstattung der Tempel sammelten. Spenden für den Mönchsorden galten ebenso wie die Unterstützung Bedürftiger und die Sorge für Kranke als verdienstvolle Taten. Die buddhistische Tugend des Mitleids für alle Lebewesen beförderte damit die Schaffung öffentlicher Wohlfahrtseinrichtungen in China. Zu den verdienstvollen Taten gehörte auch das Kopieren religiöser Schriften. Nachdem im 8. Jahrhundert die Buchdruckerkunst erfunden worden war, wurden buddhistische Schriften und im 10. Jahrhundert sogar der gesamte Kanon gedruckt.

Niedergang des Buddhismus?

In der Tang-Zeit verfügten die großen Klöster oft über beträchtlichen Landbesitz, der verpachtet oder durch Lohnarbeiter bebaut wurde und damit zu Einkünften führte, die weiter investiert wurden. So betrieben die Klöster auch Ölmühlen und Geldverleih, und ein Teil des Reichtums wurde zur Herstellung wertvoller Statuen aus Edelmetall verwendet und auf diese Weise gehortet. Die wirtschaftliche Macht der Klöster führte allerdings zu Spannungen mit dem Staat und vermutlich waren es auch wirtschaftliche Gründe, die den Anlass für einen radikalen Schlag gegen den Buddhismus im Jahre 845 gaben. Um die Macht der Klöster zu brechen, wurden auf kaiserlichen Befehl fast 5000 Klöster aufgelöst und mehr als 250.000 Mönche und Nonnen in den Laienstand zurückversetzt und damit steuerpflichtig. Obwohl ein Großteil dieser Gesetze unter dem nächsten Kaiser wieder aufgehoben wurde, markiert dieser Versuch der gewaltsamen Unterdrückung des buddhistischen Klerus das Ende der Blütezeit des chinesischen Buddhismus. Nicht nur war die wirtschaftliche Macht der Klöster gebrochen, auch die intellektuelle Dynamik hatte ihren Höhepunkt überschritten. In der Song-Dynastie (960–1279) wurde der Konfuzianismus zur dominierenden geistigen Kraft und blieb es bis zum Ende des Kaiserreichs. Gleichwohl kann nur bedingt von einem Niedergang des Buddhismus gesprochen werden: Auch wenn die buddhistische Philosophie keine großen schöpferischen Leistungen mehr hervorbrachte, prägten buddhistische Mönche, Nonnen und Laien, buddhistische Klöster, Tempel und Feste sowie buddhistische Vorstellungen von Wiedergeburt und Erlösung das religiöse Leben in China auch nach der Tang-Zeit mehr als irgendeine andere Religion.

Wandel des Buddhismus

Ein Aspekt der Entwicklung nach dem 10. Jahrhundert war die Entstehung buddhistischer Laienvereinigungen, die sich der Kontrolle durch den regulären Sangha entzogen und sektenartige Strukturen annahmen. Teilweise griffen sie im Volk bestehende messianische Traditionen auf, wie die Erwartung der Herabkunft des Buddha Maitreya. Religiöse Erwartungen dieser Art bildeten den ideologischen Nährboden einer Aufstandsbewegung, die zum Sturz der mongolischen Yuan-Dynastie (1271–1368) führte. Ein anderer Aspekt der Verwurzelung des Buddhismus in der chinesischen Kultur war die Synthese der drei Lehren Buddhismus, Daoismus und Konfuzianismus. Vor allem unter der Ming-Dynastie (1368–1644) manifestierte sich in dem Slogan „Die drei Lehren bilden eine Einheit“ die Überzeugung, dass die drei Lehren nur unterschiedliche Aspekte einer gemeinsamen chinesischen Tradition darstellten. Der Wandel des Buddhismus von einer als fremd empfundenen ausländischen Religion zum integralen Bestandteil der chinesischen Kultur war damit zum Abschluss gekommen.

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