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Afrika südlich der Sahara – Von den Sakralstaaten zu den Großreichen

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Dierk Lange

Auf der Landkarte der antiken Welt tauchen in Afrika jenseits der bekannten Völker am Rand des Mittel- und des Roten Meeres nur die Garamanten der zentralen Sahara, die Nubier des mittleren Nils, die Axumiten Äthiopiens und die Azanier der ostafrikanischen Küste auf. Weiter nach Süden und in das Innere des Kontinents reichte der Horizont der griechischen und römischen Autoren nicht, und in Schwarzafrika stehen ältere Schriftquellen nur in Nubien (Meroe) und im Norden des abessinischen Hochlandes zur Verfügung. Darüber hinaus dehnte sich aus heutiger Sicht das weite Gebiet der schwer zu interpretierenden mündlichen Überlieferung, in dem einzig die Archäologie, die historische Sprachwissenschaft und die vergleichende Ethnographie dem Historiker zusätzliche Hilfestellung leisten können. Da sich im Hinblick auf die Staatenentwicklung und auf die Geschichte der langen Dauer ganz allgemein bisher kein einheitliches Bild des Schwarzen Kontinents in der Antike abzeichnet, besteht weiterhin der Eindruck, die Völker des subsaharanischen Afrika hätten bis zur Expansion des Islam abseits des Weltgeschehens in weitgehender Immobilität oder in der permanenten Wiederkehr des Gleichen gelebt.

Schwierigkeiten für Historiker

In Wirklichkeit unternahmen Historiker seit den Jahren der afrikanischen Unabhängigkeit erhebliche Anstrengungen, um das Dunkel über der älteren Geschichte Afrikas zu lichten. Sie wurden bei ihren Bemühungen jedoch stark von dem vorherrschenden postkolonialen Paradigma geleitet, wonach Einflüsse der Außenwelt eine möglichst geringe Rolle in den formativen Perioden der Geschichte Afrikas spielen sollten. Während man in der Kolonialzeit eine nicht genauer fassbare Hamiten-Rasse zwischen den Kaukasoiden des Nordens und den Schwarzafrikanern des Südens, deren Nachfolger man in den Tuareg, den Fulbe, den Zaghawa und den Tutsi sah, als Überträger der sozialen Komplexität betrachtete, postulierten die zu akademischen Würden gelangten Historiker der Nachkolonialzeit weitgehend eigenständige Entwicklungen. Es ist in der Tat nicht einsehbar, wie die genannten Hirtenvölker den Staat oder den Städtebau unter den ackerbauenden Schwarzafrikanern verbreitet hätten, ohne selbst auf Grund ihrer nomadischen Lebensweise als Träger dieser Innovationen in Frage zu kommen. Daraus ergibt sich jedoch im Umkehrschluss nicht die Folgerung, dass alle Staatengründungen südlich der Sahara lokal und unabhängig voneinander erfolgt sein müssten. Auch ist nicht einsehbar, wieso historische Entwicklungen im subsaharanischen Afrika nur dann von Interesse sind, wenn sie einer strikt indigenen Bevölkerung zugeschrieben werden können. In letzter Zeit mehren sich die Zweifel an der Richtigkeit einer isolationistischen Betrachtungsweise der Geschichte Afrikas. Zwar wird heutzutage niemand der verpönten Hamiten-These das Wort reden, aber der Aufstieg zur sozialen Komplexität in vollständiger Isolation von der Außenwelt erscheint unter historischen Gesichtspunkten besonders in den nördlichen und östlichen Randgebieten des Schwarzen Kontinents als sehr unwahrscheinlich. Zudem liefern kulturvergleichende Untersuchungen jetzt zahlreiche konkrete Anhaltspunkte auf vielfältige Beeinflussungen afrikanischer Gesellschaften durch altorientalische Kulturen. Im Niltal und in Äthiopien konnte darüber hinaus nachgewiesen werden, dass es in vorchristlicher und frühnachchristlicher Zeit auch wichtige Gegenbewegungen gab, die sich auf der Grundlage vorheriger Kulturentlehnungen im Rahmen von politischen Expansionen von Süden auf die Nachbarn des Nordens beziehungsweise Ostens auswirken konnten.

Westafrika

Besonders hartnäckig hält sich die These einer unabhängigen Kulturentwicklung für Westafrika, da hier die Sahara eine schwer zu überwindende Barriere zwischen den Völkern des Nordens und des Südens zu bilden schien. So herrscht in Bezug auf die Entwicklungen im Sahelgebiet noch immer die Grundvorstellung, die fortschreitende Desertifikation der Sahara habe seit dem Jungholozän zu einem andauernden Bevölkerungsdruck auf den Süden geführt, der Auslöser wichtiger Innovationen gewesen sei. Die sprachlichen und kulturellen Hinweise auf Verbindungen besonders mit der semitischen Außenwelt wurden dementsprechend als Folgeerscheinungen von Abwanderungen aus der Sahara interpretiert. Im Mittelalter lichtet sich das Dunkel der Geschichte Afrikas auf Grund der reichlich fließenden arabischen Quellen besonders dramatisch im Hinblick auf Westafrika. Plötzlich werden die großen Reiche südlich der Sahara mit ihrer immensen Machtausdehnung unübersehbar. Es gibt somit mehrere Gründe, die Entwicklungen in Westafrika in den Vordergrund einer Gesamtbetrachtung der Geschichte Afrikas in der langen Dauer zu stellen.

wbg Weltgeschichte Bd. III

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