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Saufende Götter:
Mythologische Trinkgeschichten

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Religiöse Texte zeugen von der sumerischen Bierkultur. Von den Folgen übermäßigen Bierkonsums handelt der Mythos von Innana und Enki, eine wilde Geschichte von Verführung, Trunkenheit und Betrug aus dem 3. vorchristlichen Jahrtausend.6 Im Mittelpunkt steht Enki, der auch mit anderen Trinkgeschichten assoziierte Schöpfergott und Gott der Weisheit. In seinem Palast in Eridu erhält Enki Besuch von der Himmelsgöttin Inanna, die er mit allen Ehren empfängt und fürstlich bewirtet. Inanna hingegen führt im Schilde, die von Enki in Eridu gehüteten Tafeln der Weisheit, die Grundlage für Enkis göttliche Macht, zu rauben und für ihre eigene Stadt Uruk zu gewinnen.

So berichtet es die mythische Geschichte: „Enki und Inanna […] trinken Bier im Abzu, lassen sich den süssen Wein munden. Die bronzenen AGA(-Gefäße) machen sie übervoll.“7 Warum Enki früher betrunken ist als Inanna, ob diese sich zurückgehalten hatte oder das Bier einfach besser vertrug, muss offen bleiben. Der alte Enki jedenfalls überlässt großzügig und berauscht die Weisheitstafeln und damit seine göttliche Kraft der offenbar noch weitgehend nüchternen Inanna, die damit prompt nach Uruk flieht. Auch die Dämonen, die Enki aussendet, als er seinen folgenschweren Fehler bemerkt, können die Fliehende nicht aufhalten. Tatsächlich ist diese Trinkgeschichte mehr als nur ein früher Beleg für den Konsum von Bier. Die Stadt Uruk löste in dieser Phase der mesopotamischen Kulturgeschichte das ältere Eridu als religiöses und politisches Zentrum unter den sumerischen Stadtstaaten ab. Der leichtfertige Verlust der göttlichen Macht durch den biertrunkenen Enki spiegelt dies mythisch maskiert wider.

Der bierselige Enki steht auch im Mittelpunkt des Mythos von Enki und Ninharsaga, einer nicht minder spektakulären Geschichte von Polygamie und Inzest.8 Anders als in der Episode mit der listigen Inanna ist es hier Enki selbst, der Bier einsetzt, um an sein Ziel zu gelangen. Das Ziel ist in diesem Fall seine Urenkelin Uttu, mit der er einen Sohn zeugen will. Uttu bleibt standhaft und wehrt die Annäherungsversuche Enkis ab. Schließlich jedoch gelingt es ihm, die junge Göttin mittels einer Verkleidung, großzügiger Geschenke und einer beträchtlichen Menge Bier zu überlisten. Zu den Nachkommen aus diesem Verhältnis zählt auch – wenig verwunderlich – die Göttin des Bieres, Ninkasi.

Einer der bekanntesten und ausführlichsten Belege zur Bierkultur in Mesopotamien ist der Hymnus an Ninkasi.9 Wie kein anderes Werk dieser Zeit stellt er den technischen Vorgang des Brauens im Detail dar. An ihn schließt sich ein sumerisches Trinklied an, das sich überschwänglich der Wirkung des Bieres widmet:

„Im buni-Becken von bur-Gras ist süßes Bier,

den Mundschenken, den jungen Mann, lasse ich Duftendes bringen.

Wenn ich beim Wasserbecken herumgehe,

bei meinem Anfüllen, wenn ich voll anfülle,

wenn ich nach dem Trinken von Bier in Schweigen verfalle,

wenn ich nach dem Trinken von Saft mich der Freude nähere,

wenn sich mein Herz freut, meine Laune verbessert,

wenn ich meines Herzens vorhandene Herzensfreude,

die gute Laune in ein Prachtgewand hülle,

dann wird das Herz der Inanna wieder hergestellt sein!

Das Herz der Himmelsherrin wird wieder hergestellt sein!“10

Besonders die Herrscherliteratur stellt die Könige in ihrem Trinkverhalten in eine Reihe mit den göttlichen Gelagen. So berichtet der bereits wesentlich später entstandene Hymnus von König Schulgi:

„An einem Tage feierte ich fürwahr das èš-èš-Fest von Nibru (und) Ur, mit meinem Bruder (und) Gefährten, dem Jüngling Utu zusammen trank ich fürwahr im Palast, den An gegründet hatte, Bier, meine Musikanten sangen mir fürwahr zu (Musik von) sieben tigi-Trommeln, meine Gemahlin, das Mädchen Inanna, die Herrin, die Fülle von Himmel (und) Erde, saß fürwahr mit mir zusammen bei Speise (und) Trank.“11

Bier

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