Читать книгу Das Buch der Farben - Max J. Kobbert - Страница 28

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7 Warum sind Pigmente farbig?

Alte Naturfarben: Safran, Indigo und Lacca, das rote Substrat der Lackschildlaus (Stocklack).


74 : Diese Socken sehen in schwachem Glühlampenlicht beide grau aus, und wir würden sie vielleicht zusammen anziehen. Bei Tageslicht sehen wir: Eine Socke ist blau.

Das Spiel zwischen Licht und Materie

In der Vergangenheit wurden Farben oft dem Licht gegenübergestellt, als seien sie etwas davon Unabhängiges. Für den Umgang mit Pigmenten, Textilien und Objekten ist es wichtig, die tatsächlichen Zusammenhänge zu durchschauen.

Bei Durchlicht spricht man von Transmission, bei farbigen Oberflächen von Reflexion des Lichts. In beiden Fällen wird von dem Beleuchtungslicht ein Teil absorbiert, der übrige Teil des Spektrums macht die sichtbare Farbe aus. Wir sagen zwar „Die Tomate ist rot“ oder „das Blatt ist grün“, als handele es sich um Eigenschaften dieser Gegenstände. Für die Praxis ist aber wichtig zu wissen, dass das, was die Augen trifft, ein Ausschnitt aus dem Spektrum des Beleuchtungslichts ist. Anders gesagt: Die Dinge haben keine Farben, sondern sie zeigen Farben.


76 : Spektralfenster: Für sattes Rot, Grün und Blau sind die Bereiche des Spektrums, die ausgefiltert werden, auf einen Bereich beschränkt. Magenta hat zwei Bereiche. Die meisten Farbmittel haben unregelmäßige Spektralfenster.


75 : Glasmosaik im Durchlicht. Ein Element fehlt, dort ist das Hintergrundlicht direkt zu sehen. Jedes Element absorbiert Teile des Lichts. Das Übrige passiert das Glasstück. Was wir als Farbe des Glases sehen, ist ein Teil des Beleuchtungslichts.

Eine wichtige Regel für die Praxis

Farbmittel können in der Regel nur Wellenlängen zeigen, die im Beleuchtungslicht enthalten sind.

Für diese Regel gibt es Ausnahmen, auf die wir noch zu sprechen kommen. Aber es ist sehr nützlich, sich an diese Faustregel zu halten.

Jedes Farbmittel hat sein spezifisches „Reflektanzspektrum“ oder „Spektralfenster“. Das heißt, dass bestimmte Anteile des Beleuchtungsspektrums reflektiert werden, die als Farbe gesehen werden. Solche Spektralfenster können sehr unterschiedlich sein.

Besonders in der Malerei kommt es auf gute, nicht nur helle Beleuchtung an. Gutes Licht bedeutet hier Vollspektrumlicht – und zwar sowohl bei der Anfertigung von Bildern wie bei deren Betrachtung. Bilder, die bei Tageslicht gemalt wurden, werden bei der Beleuchtung durch Glühlampenlicht im Blau- und Violettbereich gräulich wirken. Dagegen werden Bilder, die bei Glühlampenlicht gemalt wurden, bei Tageslicht im Rotund Orangebereich trist erscheinen.

Jede Beleuchtung erscheint dem Auge nach einer gewissen Adaptationszeit neutral weiß. Doch das täuscht. Das Aussehen der Farbmittel ist unterschiedlich. Es richtet sich vor allem danach, wie weit das jeweilige Spektralfenster des Farbmittels vom Spektralangebot der Beleuchtung ausgefüllt wird.

Spektralanteile, die im Beleuchtungslicht fehlen, kann das Farbmittel auch nicht zeigen. Darum tendiert Blau in schwachem Glühlampenlicht zu Grau. Auch die hier verwendete Leuchtstofflampe (Energiesparlampe) gibt Blau keine echte Chance. Leuchtstofflampen liefern sehr unterschiedliche Ergebnisse. Verbreitet sind 3-Banden vom Typ 830 und 865. Vollständiger wird das Spektrum durch 5-Banden dargestellt. Das LED-Weiß setzt sich aus Blau und Gelb zusammen; daher ist Blau gut zu sehen, aber es zeigen sich Schwächen im Rotbereich. Eine gute Annäherung an Vollspektrumlicht bietet für Fotos der Elektronenblitz. Allgemein gilt: Abweichungen vom Vollspektrumlicht bedeuten stets eine Verringerung der Farbenvielfalt.


77 : Deckfarben bei unterschiedlicher Beleuchtung. S = Sonnenlicht, B = bedeckter Himmel, G = Glühlampe (15 Watt), H = Halogenlicht (150 Watt), L = Leuchtstofflampe, D = Leuchtdioden (kombiniertes Weiß), E = Elektronenblitz.


78 : Links: Spektren zweier gängiger Leuchtstofflampen, oben Typ 865 „Tageslicht“, unten Typ 830 „Warmton“. Rechts sieht man durch die Oberlichter, wie unterschiedlich beide Räume dadurch beleuchtet werden. Innerhalb der Räume nimmt man aufgrund der Adaptation die Beleuchtung bald als neutral weiß wahr. Doch die Wirkung von Farben bleibt unterschiedlich.


79 : Eine rote Fläche, mit zwei verschiedenen Malfarben gemalt. Sie sehen bei Glühlampenlicht fast gleich aus (oben). Bei Beleuchtung mit LED wirken sie verschieden (unten). Sie sind metamer.


80 : Die Lichtmühle macht „Absorption“ sichtbar. In einer Glaskugel befindet sich ein Rotor mit Flügeln aus Glimmerplättchen, die einseitig mit Ruß geschwärzt sind. Bei Beleuchtung dreht sich der Rotor. Das Schwarz verwandelt das Licht in Wärme, die Bewegungsenergie der Rußteilchen treibt den Rotor an.

Metamere Farbmittel sind bedingt gleich. Es sind solche, die gleich aussehen können, aber unterschiedliche Spektralfenster haben. Ein gelber Stoff etwa kann ein einzelnes Spektralfenster bei 580 nm Wellenlänge haben oder zwei Spektralfenster bei 680 und 525 nm. Der Unterschied zeigt sich bei einem Wechsel der Beleuchtungsart, wenn die Spektralfenster vom Licht unterschiedlich gefüllt werden.

Riskant ist es für den Maler, wenn ihm eine Farbe ausgegangen ist, mit einer anderen, gleich aussehenden Farbe weiterzumalen. Spätestens bei einem Beleuchtungswechsel kann der Fehler offenbar werden.

Das Gegenteil der Farben: absorbiertes Licht

Was vom Beleuchtungslicht nicht zu Farbe wird, wird absorbiert. Was heißt das? Ein schwarzes Auto, das lange in der Sonne gestanden hat, wird bekanntlich heiß. Ursache ist, dass die dunkle Farbe das auftreffende Licht in Wärme verwandelt. Darum macht es auch Sinn, im Winter dunkle Kleidung zu tragen. Lichtenergie geht nicht verloren: Was sich nicht als Farbe zeigt, wird meistens zu Wärme.

Folgen in globalem Maßstab hat diese Verwandlung als „Treibhauseffekt“. Aus einem Treibhaus kann das in Wärme verwandelte Licht nicht wieder hinaus, weil Glas für Wärmestrahlung undurchlässig ist. Ein großer Teil des auf die Erde treffenden Sonnenlichts wird in Wärme verwandelt. Diese Wärme wird nicht in den Weltraum gestrahlt, weil die Luft durch Anteile von Kohlendioxid und Methan für Wärmestrahlung fast undurchlässig ist. Ergebnis: Die Erde heizt sich auf, je mehr durch Verbrennung Kohlendioxid und je mehr durch die Verdauung der Rinder Methan erzeugt wird.

Ganz ohne Treibhauseffekt würden wir allerdings auch nicht leben wollen. Bereits im 19. Jahrhundert hatte man berechnet, dass die Erde eigentlich eine Durchschnittstemperatur von – 15 °C haben und unter Eis erstarren müsste. Tatsächlich liegt sie bei +18 °C. Diese lebensfreundliche Temperatur verdanken wir zum großen Teil dem natürlichen Treibhauseffekt.

Eine ganz wichtige Rolle für das Leben spielt die Fotosynthese der Pflanzen. Das Blattgrün nutzt kurz- und langwelliges Licht, um aus Wasser und Kohlendioxid Traubenzucker zu bilden, Grundlage unserer biologischen Energieversorgung. Den bei der Fotosynthese freigesetzten Sauerstoff brauchen wir zum Atmen. Die bei der Fotosynthese ungenutzten mittleren Wellenlängen werden von den Blättern reflektiert, deshalb sind diese grün.

Der dritte Faktor für „unser“ Licht

Das visuelle Spektrum ist chemisch gesehen höchst günstig. Denn vom Bereich zwischen 300 und 800 nm Wellenlänge lassen sich Moleküle gut anregen. Das gilt besonders für organische Moleküle mit „konjugierten Doppelbildungen“, bei denen sich je zwei Atome zwei Elektronen teilen. Das ist bei vielen Pigmenten der Fall. Lange Moleküle absorbieren langwelliges, kurze Moleküle kurzwelliges Licht. Das Restlicht wird reflektiert und zur sichtbaren Farbe.

Die Grundlagen der Farbigkeit unserer Welt verdanken wir also dem glücklichen Zusammentreffen von drei unabhängigen Faktoren im gleichen Wellenlängenbereich:


81 : „Grün“ ergibt sich nur in dem Ausnahmefall, dass beide Enden des VIS-Spektrums absorbiert werden. Deshalb ist es, wenn man von Pflanzen absieht, in der Natur selten.


82 : Lange organische Moleküle mit vielen Doppelbindungen reflektieren kurzwelliges Licht, kürzere langwelliges Licht.

Erstens gibt die Sonne in diesem Bereich ihr Maximum an Strahlung ab,

zweitens lässt die Atmosphäre diese Wellenlängen ungehindert passieren und

drittens lassen sich große Moleküle von diesem Spektralbereich besonders gut anregen.

Diese einzigartige Chance zur Reizaufnahme hat die Evolution des Lichtsinnes mehrfach ergriffen und dabei auch das menschliche Auge entstehen lassen.

Fluoreszenz – Unsichtbares wird sichtbar

Die oben beschriebene Regel, dass Farbmittel nur Spektralanteile zeigen, die im Beleuchtungslicht enthalten sind, findet in der Fluoreszenz eine Ausnahme.

Wenn Farbmittel Licht reflektieren, heißt das, dass ihre Moleküle durch bestimmte Anteile des Lichts angeregt werden, ihrerseits solches Licht abzustrahlen. In Sekundenbruchteilen springen Elektronen auf eine höhere Energiestufe und emittieren beim Rücksprung ein Photon, dessen Energie der übersprungenen Energiedifferenz entspricht. Genau genommen ist es also nicht dasselbe Licht, das reflektiert wird, sondern das gleiche Licht.


83 : Links vier Farbkartons im Tageslicht, rechts unter UV. Sie enthalten Phosphore, die UV in sichtbares Licht verwandeln.


84 : Textmarker enthalten Fluoreszein. Es leuchtet nur, wenn im Licht UV enthalten ist, also nicht in Glühlampenlicht.


85 : Unter UV-Beleuchtung erscheint Haut dunkel. Im Hemd zeigt sich der hohe Anteil von „Weißmachern“.


86 : Links vier weiße Zeichenkartons bei Tageslicht, rechts die gleichen unter UV. Der hellste Karton enthält eine hohe Dosis Aufheller. Der als Untergrund dienende Zeichenkarton enthält nur wenig. Frei davon ist nur das dunkle „Umweltpapier“.


87 : Experimentelle Arbeit einer Kunststudentin. Ein mit Fluoreszenzfarben gemaltes Bild hat zweifache Wirkung: links bei Tageslicht, rechts unter UV-Beleuchtung. Weil UV unsichtbar, der Raum also dunkel ist, scheint das Gemälde von innen heraus zu leuchten.

Hohe Energie kann ein Elektron zu einem so großen Energiesprung veranlassen, dass der Rücksprung in zwei Etappen erfolgt. Auf diesem Wege kann ein UV-Photon in Photonen des sichtbaren Bereichs verwandelt werden. Dieses Phänomen wird Fluoreszenz genannt.

Fluoreszenz begegnet uns im Alltag oft. In Leuchtstofflampen wird Quecksilberdampf angeregt, UV abzustrahlen. Die Innenbeschichtung der Röhren verwandelt es in sichtbares Licht.

Die meisten weißen Papiere, Textilien und Waschmittel enthalten optische Aufheller. Der UV-Anteil der Beleuchtung wird in sichtbares Weiß verwandelt. Der Waschmittel-Slogan „Weißer als Weiß“ ist also nicht gelogen. Bedenklich ist nur, dass diese „Weißmacher“ umweltschädigend sind. Sie werden in Kläranlagen nicht abgebaut und sind für Fische giftig.


88 : Der Autor hat mit phosphoreszierender Kreide ein Wort an die Wand geschrieben. Bei Licht ist es fast unsichtbar. Nach Ausschalten der Beleuchtung ist es Stunden lang lesbar.

Von Fluoreszenz spricht man, wenn die angeregten Substanzen ihr Licht unmittelbar bei der Beleuchtung abgeben. Wird das Licht über einen längeren Zeitraum hinweg abgegeben, spricht man von Phosphoreszenz. Mit entsprechenden Substanzen sind die Zifferblätter und Zeiger vieler Uhren versehen.

Allgemeine Literatur

Cakir & Cakir 2001, Daniel 1998, Gerritsen 1972, Lang 1995, Welsch & Liebmann 2003

Das Buch der Farben

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