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ECHO UND PAN: DAS MÄDCHEN AUF DER SCHAUKEL

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»Etwas, was mich immer überrascht hat, war, dass Bobby überhaupt je was mit mir zu tun haben wollte, weil ich von der anderen Seite der Gleise war. Er war ein netter Junge aus Hibbing, und ich war von ›außerhalb‹ … Er gehörte zu den Reichen und wir zu den Armen … Er war Jude, und wir waren deutsch, schwedisch, russisch und irisch, alles durcheinander.«

Echo Helstrom Shivers glättete mit gut manikürter Hand eine Kaskade weißblonden Haars, nahm einen langen, beruhigenden Zug aus ihrer Zigarette und lehnte sich auf dem Sofa ihres Apartments in Minneapolis zurück. Es war Frühjahr 1968, elf Jahre nachdem sie Dylan begegnet war. Am Vortag hatte mir in einer Baracke nahe Hibbing Echos Mutter, Martha Helstrom, eine freundliche, matronenhafte Frau, gesagt: »Also, es wird auch Zeit, dass jemand meiner Echo mal ein bisschen anrechnet, was sie alles für Bob getan hat. Die ganze Sache hat ihr wehgetan, aber sie hatte Bob lieb genug, um ihn gehen zu lassen. Wir haben Bob immer spüren lassen, dass er hier willkommen ist und dass Echo und ich an ihn glauben. Er war ruhelos und ungeduldig. Er hatte nicht genug Zeit, um alles erledigt zu kriegen. Er war wie einer, der es immer eilig hat.« Als Echo und Bob auf der High School waren, war Echo sicher, dass sie eines Tages heiraten würden. Sie planten, dass derjenige, der es als Erster ganz nach oben schaffte, dem anderen die Leiter hochhelfen würde. Bob sollte ein Popstar werden und Echo ein Filmstar.

David beschrieb Echo als ein unbedeutendes Mädchen, mit dem Bob sich sehr viel abgegeben habe; seine Eltern hätten ihr Bestes versucht, um es ihm auszureden. »Sie war keine Jüdin, und sie war arm«, sagte David. Er setzte hinzu: »Bobby ist immer mit den Töchtern von Bergleuten, Farmern und Arbeitern in Hibbing gegangen. Er fand sie einfach viel interessanter.« 1961 sagte Bob: »Ich widmete mein erstes Lied Brigitte Bardot.« Echo sah aus wie eine Minnesota-Bardot, mit einem Schuss Pat Neal[65]. Sie hatte volle Lippen und runde weiche Wangen. Die Helstroms nannten sie Echo, weil sie auf den Tag genau 14 Jahre nach ihrem Bruder geboren worden war. Echo, ihre Mutter und die ältere Schwester interessierten sich alle für Mythologie. Sie wussten aber nicht, dass die Nymphe Echo eine der bekannteren Eroberungen des griechisch-römischen Waldgeistes Pan gewesen war, des musikalischen, mutwilligen Trickster-Gottes[66] mit prophetischen Gaben.

1968 arbeitete Echo in Minneapolis als Sekretärin einer Filmgesellschaft; sie hatte ein Kind aus einer späteren, kurzen Ehe zu ernähren. Je mehr sie über das Jahr erzählte, in dem sie mit Bob zusammen gewesen war, desto mehr dachte ich, dass sie zwar Hibbing, Hibbing aber nie sie verlassen hatte.

»Es ist wirklich lustig, wie wir uns begegnet sind. Ich war im L & B-Cafe auf der Howard Street. Bob hatte oben in der Moose Lodge gespielt, und er und John Bucklen kamen die Treppe herunter. Bob hat mich angesprochen. Mitten auf der Straße hat er da angefangen, Gitarre zu spielen und für mich zu singen.« Im Spätwinter 1957 war sie 16, er fast 17. Bob wollte ihr zeigen, was er auf dem Klavier konnte, aber die Lodge war abgeschlossen. »Bob hat ein Messer in die Tür geschoben und ist richtig eingebrochen, um Klavier zu spielen. Ich war vermutlich das einzige Mädchen in Hibbing, das begreifen konnte, wovon Bob überhaupt redete. Ich hatte mich immer sehr für Musik interessiert. Ich habe ein paar Akkordeonstunden genommen und im Schulchor gesungen. Wir hatten im Wohnzimmer ein Harmonium. Ich hatte zu Hause einen Plattenspieler, aber mein Vater wollte nicht, dass ich ihn benutzte. Ich habe immer Radio gehört. Ich werde nie vergessen, wie ich zum ersten Mal Chuck Berrys ›Maybelline‹ im Autoradio gehört habe. Ich war ganz aufgeregt, aber mein Vater hat das Radio abgeschaltet. Ich musste in eine von den kleinen Hütten hinter unserem Haus gehen, um Radio zu hören. Manchmal bin ich bis fünf Uhr morgens aufgeblieben, um Leuten wie Gatemouth Page aus Shreveport zuzuhören. Wer hatte denn 1957 in Hibbing schon von Rythm & Blues gehört? Die haben da doch noch Walzer gespielt! Als Bob anfing, über Rhythm & Blues zu reden, habe ich gewusst, wovon er spricht. Ich war sehr glücklich, als Bob zu mir sagte: ›Warum kommst du nicht rüber zu mir nach Hause und hörst dir ein paar Platten an?‹«

Die Freundschaft begann sich zu entwickeln. »Am Anfang dachte ich, er mag mich vielleicht einfach so als Freundin; so war es immer - selbst als wir Sweethearts waren, waren wir immer noch Freunde. Als ich ihn das erste Mal traf, habe ich ihn gefragt, ob er Jude ist. Er hat einfach das Thema gewechselt.« Die Zimmermans waren Echo gegenüber höflich, sagten Bob jedoch, sie sei nicht gut genug für ihn. Bobs romantische Ader brachte ihn dazu, ihrer Beziehung ein wenig Theatralik zu verpassen: Nach ein paar offiziellen Besuchen schmuggelte er Echo zu jeder Zeit ins Haus und wieder hinaus. »Er wollte nicht, dass ich viel mit seiner Mutter sprach. Die paar Male, die ich seinen Vater traf, war der nett zu mir, aber meine Mutter fühlte sich von ihm abgelehnt und ging nicht mehr in seinen Laden.« Einmal kam plötzlich Bobs Großmutter herein. Er versteckte Echo in einem Schrank, stürzte seiner Oma entgegen, um sie zu begrüßen, und sagte ihr, er gehe in die Bücherei. Echo kroch oben im Haus durch eine Tür auf einen Balkon über der Garage. »Mit dem Kleid bis zum Hals hochgeschoben, habe ich da am Geländer gehangen, bis Bob hinten um die Garage gerannt kam, um mir runter zu helfen. Es hat ihm wirklich Spaß gemacht, solche kleinen Spiele zu spielen.«

Echos Mutter war Bob gegenüber herzlich, aber Echos Vater, Matt Helstrom, ein leidender, verbitterter Anstreicher und Schweißer, zugleich ein guter Jäger, war dagegen. Eines Abends versorgte Echo ihren kleinen Neffen, während John und Bob eine Cowboy-und-Indianer-Show abzogen. »Ganz plötzlich tauchte der Wagen meines Vaters auf. John und Bob sprangen aus der Vordertür, gerade als mein Vater durch den Hintereingang kam. Man konnte sie noch auf dem Kies knirschen hören, und mein Vater ist losgejagt, hinter dem Geräusch her. ›Jemand ist hier gewesen!‹, hat mein Vater gebrüllt. Ich habe gesagt, es wäre keiner da gewesen. Bob konnte nie zu uns kommen, wenn mein Vater in der Nähe war. Erst nachdem Bob eine Million Dollar gemacht hatte, meinte mein Vater, er wäre ja vielleicht doch ein netter Kerl gewesen. Mein Vater hatte drei Gitarren, eine davon mit Verstärker. Manchmal ist Bob heimlich rübergekommen, um auf der zu spielen. Einmal hat Bob mir gesagt, er hätte sich einen Test ausgedacht, um herauszufinden, ob ich eine gute Frau abgeben würde: Ich müsste etwas backen. Also habe ich ihm eine Pizza gemacht. Und ich habe ihm einen Riss in einer Hose genäht. Ich weiß nicht mehr, ob es noch andere Voraussetzungen zu erfüllen gab«, setzte sie lächelnd hinzu.

Das Helstrom-Haus war eine Baracke, kastenförmig, mit Teerpappe, am Highway 73, drei Meilen südwestlich von Hibbing. Oft fuhr Bob von der Schule aus per Anhalter den Highway 73 lang. Als er dann seinen kleinen blauen Ford hatte, konnten sie nach Süden fahren, auf den Gipfel von Maple Hill. Von dort schauten sie 30 Meilen weit über die Iron Range. Sie fuhren oder liefen die Fire Tower Road entlang, einen Weg mit tiefen Karrenspuren, zum Gipfel hinauf, wo weiße Birken standen. Nachts war die Luft dort frisch und berauschend, und Sterne erhellten den Himmel. Mrs Helstrom sagte später: »Die haben davon geträumt, zu heiraten und auf dem Maple Hill zu wohnen. Ihr Kind wollten sie Bob nennen, egal ob Junge oder Mädchen. Sie wissen ja, wie Teenager sind. Aber sie waren noch so jung. Mädchen sind immer früher zum Heiraten bereit als Jungen.«

Nachmittags, wenn Helstrom nicht da war, faulenzten Echo und Bob vor der Hütte. Bob kauerte auf den Holzstufen, mit einer Gitarre auf dem Schoß, während sein goldhaariges Mädchen auf einer kleinen hölzernen Schaukel saß und mit dieser im Takt pendelte. Bob improvisierte Strophen. »Die Lieder, die er für mich gesungen hat«, erinnerte Echo sich, »waren meistens Rhythm & Blues oder Talking Blues. Er hat die einzelnen Texte nicht wiederholt, wie die meisten Sänger es taten. Seine waren immer verschieden und haben fast immer eine Geschichte erzählt.« 1968 war die Schaukel arg verrostet und verwittert, bewegte sich aber immer noch im Wind vom Maple Hill. Ich hatte das Gefühl, die Schaukel sei Dylans »Rosebud«, der lang gesuchte Schlüssel zur verlorenen Kindheit.

»John und Bob haben ziemlich viel Talking Blues gemacht. Manchmal auch eine Hillbilly-Fassung von Liedern wie ›Somewhere Over The Rainbow‹. Sie haben immer versucht, einander etwas beizubringen, voneinander zu lernen. Ich habe an ihn geglaubt, als sonst keiner das getan hat. Wenn er mir allein etwas vorgesungen hat, war das Talent zu spüren, aber immer wenn er irgendwo aufgetreten ist, waren die Verstärker so weit aufgedreht, dass man von ihm nichts mehr hörte.« Echo ging mit ihm von einem Auftritt zum anderen. Die Sonntags-Jams bei Van Feldt zogen zu Collier's Barbecue um. Das Publikum hier war weniger enthusiastisch. »Einmal ist Bob richtig ausgebuht worden, das war bei der St. Louis County Fair im Sommer 1958 in Hibbing.« Ob er ihr gesagt habe, er wolle sein Leben mit Musik verbringen? »Das war alles, was er wollte. Er hat es sonst keinem erzählt, weil er außer John und mir keinen hatte, mit dem er reden konnte. Er hatte ein paar Bekannte, aber er war immer so verschlossen. Ich weiß noch, wie er sich entschieden hatte, seinen Namen zu ändern. Das war 1958, und er war noch in der Junior High School. Er ist eines Tages mit John Bucklen vorbeigekommen und hat gesagt: ›Ich weiß, wie ich mich nennen werde. Ich hab 'nen tollen Namen - Bob Dillon.‹«

Eine rechtskräftige Namensänderung nahm er erst 1962 vor, aber schon seit 1959 benutzte er den Namen ständig. Ethel Merman, ebenfalls mit dem ziemlich klobigen Gepäck namens »Zimmerman« beladen, schnitt ganz einfach die erste Silbe ab, wobei sie bemerkte: »Können Sie sich das vorstellen, der Name Zimmerman in strahlenden Leuchtbuchstaben? Geradezu ein Brandmal!«

Bobs neuer Name hatte vermutlich zwei Quellen. Wenn Matt Dillon auch für einen tatsächlichen Westernhelden gehalten wird, war er doch eine Erfindung von Fernsehautor John Meaton und Produzent Norman Macdonnel für die Abenteuerserie Rauchende Colts. Sie begann 1952 als CBS-Radioshow und hatte am 10. September 1955 Premiere als CBS-Fernsehserie.

Näher an Dylans Heim war eine Pionierfamilie aus Hibbing namens Dillion. Ein James Dillion war der erste Bierkutscher des Ortes. Vier Familien namens Dillion fanden sich 1968 im Telefonbuch von Hibbing. Mit einem Reporter der Chicago Daily News führte Dylan im November 1965 einen kleinen Schlagabtausch:

Frage: »Wie steht es mit der Geschichte, dass Sie Ihren Namen von Bob Zimmerman zu Bob Dylan änderten, weil Sie ein Verehrer der Lyrik von Dylan Thomas sind?« Dylan: »Nein, lieber Gott, nein. Ich habe Dylan gewählt, weil ich einen Onkel namens Dillion habe. Ich habe die Schreibweise verändert, aber nur, weil es besser aussah. Ich habe das eine oder andere von Dylan Thomas gelesen; seine Sachen sind ganz anders als meine.«

Dylan bestätigte dieses Missverständnis mir gegenüber: »Stell in deinem Buch ein für alle mal klar, dass mein Name nicht von Dylan Thomas stammt. Dylan Thomas' Gedichte sind für Leute, die sexuell unbefriedigt sind, für Leute, die auf maskuline Romantik stehen.« Obwohl er an der Universität von Minnesota als Robert Zimmerman eingeschrieben war, kannten ihn dort Studenten und Freunde als Dillon. Ein paar Freunden erzählte er, Dillon sei der Mädchenname seiner Mutter. Andere hörten, Dillon sei eine Stadt in Oklahoma. Erst nachdem er es in New York zu ersten Erfolgen gebracht hatte, erfuhren Freunde in Minneapolis, dass Bob seinen Namen »Dylan« buchstabierte. Inzwischen war er mit Leben und Werk von Dylan Thomas vertraut geworden.

Echo begriff, warum Bob sich von seiner Familie distanzierte: »Seine Familie hat zu stark versucht, ihn zu formen, und er wollte sich in keiner Weise formen lassen. Ich weiß noch, wie sehr Bob es hasste, dass er den Laden seines Vaters ausfegen musste. Ich weiß, dass Bob sich vor seinem Vater fürchtete, obwohl er nie davon sprach, dass er von ihm geschlagen wurde. Ich glaube nicht, dass sein Vater ihm besonders viel Geld gegeben hat. Ich hatte mehr Geld als er. Natürlich hatte er alles, was er brauchte, aber kein Geld zum Ausgeben. Deshalb habe ich ihm all diese Hotdogs kaufen müssen.«

Echo und John waren in Bobs Humor vernarrt. Echo: »Er hat sich dauernd irgendwas ausgedacht, über das man lachen musste.« John: »Er hatte eine phantastische Fähigkeit, Leute auf den Arm zu nehmen. Man wusste nie so genau, wann man ihm glauben sollte.« Eines der Lieblingsspiele der Jungen war »Autos anhalten«. Sie parkten Bobs Wagen nahe Echos Haus und fuhren per Anhalter auf dem Highway 73, um zu sehen, wie weit sie kommen würden. Echo wartete geduldig darauf, dass sie mit einem Wagen oder Lkw aus der Gegenrichtung zurückkämen. Bob spielte auch ein Wörterspiel, das er Glissendorf nannte. Sie spielten es für Echos Kusine, ein einfaches Mädchen vom Land, die beinahe weinte, weil sie es nicht verstehen konnte. Sie machten auch telepathische Experimente per Telefon. Bob rief Echo an und sagte ihr, er konzentriere sich auf einen bestimmten Gegenstand in seinem Haus, und sie musste raten, was es war. Wenn sie richtig riet, sagte er, das bekräftige seinen Glauben an Telepathie und seine Fähigkeit, anderen etwas in den Kopf zu setzen.

Oft gab Bob musikalische Frühreife vor. »Er hat mich angerufen und gesagt, ich sollte mir etwas anhören, was er aufgenommen hätte. Er spielte mir Bobby Freemans ›Do You Want To Dance?‹ vor und sagte: ›Das waren wir.‹ Es konnte aber nicht von Bobs Band gewesen sein.« Eines von Bobs Spielen verbarg auch ein ernsthaftes Interesse. Er witzelte mit irgendeinem herumziehenden Musiker herum, legte dann los mit Fragen über Arbeit, Leben auf der Straße, Arrangements, Banddisziplin und Poptrends und brachte dabei den Musiker dazu, ihm alles zu erzählen, was er wusste.

Echo hatte für Hibbing auch nicht mehr übrig als Bob: »Ich konnte es nicht abwarten, wegzukommen. In Hibbing gab es eine enorme Unfreundlichkeit, die man in anderen kleinen Städten nicht fand. Ich glaube, nur andere kleine Städte in der Iron Range waren auch so, wegen gleicher wirtschaftlicher Probleme. Als wir mit der High School fertig waren, wurden beinahe die Minen geschlossen. Deshalb haben wir fast alle die Stadt verlassen.«

Die drei Freunde sympathisierten mit Leuten der Arbeiterklasse. Mrs Helstrom erinnerte sich: »Bob schien sehr viel bescheidener zu sein als seine Familie. Sowohl Echo als auch Bob schienen großes Mitgefühl für die Arbeiter und ihre Leute zu haben.« Sie und Echo wussten beide noch, wie sehr sich Bob für John Steinbeck interessierte. 1968 hatte Echo dessen Bücher im Regal. »Wir haben sehr viel über Steinbeck geredet. Bob las dauernd irgendwas von ihm - Früchte des Zorns, Straße der Ölsardinen. Früchte des Zorns hat ihm diese starke Anteilnahme für die Leute von Oklahoma eingeflößt, die besonders von der Depression betroffen waren.

Ich war auch sehr überrascht, dass Bob überhaupt etwas mit mir zu tun haben wollte, weil ich ursprünglich angenommen hatte, dass die Juden nicht mit anderen Leuten zusammenkommen wollten. Bob hat nie darüber gesprochen, dass er jüdisch war. Ich habe es wirklich so empfunden, dass die Juden in Hibbing sich für anders als andere hielten, aber ich weiß, dass Bob sich von niemandem absondern wollte. Schwarze wie Jim Dandy mochte er wirklich, obwohl es von denen da so wenige gab. Bob ist aus Minneapolis immer ganz beeindruckt davon zurückgekommen, wie die Farbigen da tanzten und Musik machten.«

Für den Juniorball der Hibbing High School kaufte Echo sich ein blassblaues bodenlanges Kleid. Den Ansteckstrauß hatte ihr Bob mitgebracht. Sie hob ihn auf, bis die Blumen ganz trocken waren und zerbröselten. In ihrem Schuljahrbuch von 1958 erklärte sich Bob: »Lass mich dir sagen, dass keine deine Schönheit übertrifft, aber ich glaube, das habe ich dir schon einmal gesagt … In Liebe für das schönste Mädchen der Schule.« Sie gingen zum Ball, Außenseiter in der Menge. Echo: »Wir waren so anders; wir hätten gar nicht da sein sollen. Wir konnten eigentlich gar nicht tanzen. Bob hat ganz schlecht geführt, und ich kann nicht gut folgen. Er hat winzige Schritte gemacht und dauernd zu mir gesagt: ›Was stimmt denn nicht mit dir? Was ist los?‹ Und ich habe gesagt: ›Ich kann mit dir nicht tanzen.‹ Es war einfach furchtbar. Aber wir waren da zusammen, nur wir beide. Damals war Bob nicht dünn. Er war ein bisschen pausbäckig und hatte einen kleinen Bauch. Ich fand ihn richtig niedlich. Er war wirklich der saubere Junge von nebenan, gut gestriegelt, mit rosigen Backen. Nach dem Ball sind wir zu keiner von den Partys gegangen. Wir haben uns bloß in Bobs Auto gesetzt und sind da eingeschlafen. Wir waren überhaupt nicht wie die anderen in der Schule. Ich hätte es einfach nicht ertragen können, wie die anderen Mädchen zu sein. Ich musste anders sein.«

Der Sommer 1958 zeigte, dass sie sich gefühlsmäßig in verschiedene Richtungen entwickelt hatten. Echo wollte heiraten; Bob wollte herumziehen und seiner Musik nachgehen, andere Mädchen treffen. Während sie ihn festhalten wollte, wurde er immer ruheloser. Wenn er ins Kino gehen wollte, ging er als erster hinein und bestand darauf, dass Echo sich erst später zu ihm setzte. In Duluth und den Twin Cities verbrachte er so viel Zeit, wie er eben konnte. Zu der Zeit seiner Eintragung in Echos Schulbuch gab es schon eine Anspielung auf »ein Mädchen in St. Paul«.

John, der Echo heimlich verehrte, litt an Loyalitätskonflikten. Echo bedrängte John, ihr doch zu sagen, ob Bob sich mit anderen Mädchen traf. John: »Ich habe ihr gesagt, wahrscheinlich ja.« Echo beschloss, die peinliche Situation zu beenden, und gab Bob auf dem Schulkorridor sein Armband zurück. »Ich kann noch immer seine Augen sehen, die sind riesig geworden. ›Was soll das?‹, fragt er. Ich sage: ›Goodbye.‹ Er sagt: ›Tu das nicht hier in der Öffentlichkeit.‹« Später wollte sie von ihm Auskunft, ob er sich mit anderen Mädchen träfe. Er sagte nein, aber Echo zog es vor, John zu glauben. »Bob braucht wahnsinnig viel weibliche Aufmerksamkeit.«

Sie verbrachte den Sommer 1958 damit, die gemeinsamen Stunden noch einmal zu durchleben. Sie wanderte auf den Maple Hill, aber allein war die Aussicht von dort ganz fremd. Sie saß auf der Schaukel und erinnerte sich an seine Stimme und seinen Gesang. »Später hat er immer gesagt, er könnte nicht heiraten, weil er an seine Karriere denken müsste. Wenn er nicht so entschlossen gewesen wäre, etwas Großes zu werden, hätte er mich wahrscheinlich geheiratet. Am Ende hätte er genau das getan, was sein Vater wollte - er hätte in dem Möbelladen gearbeitet.« Ein Jahrzehnt später sagte Mrs Helstrom: »Wenn Echo Bobs Platten spielt, hat sie noch immer das Gefühl, mit ihm zu reden.«

Echo sah Bob flüchtig in Minneapolis im Herbst 1969. Als die Abschlussklasse der Hibbing High School von 1959 sich zum Zehnjährigen traf, erschienen zwei unerwartete Klassenkameraden - Echo und Dylan, der mit seiner Frau kam. Fünf Jahre zuvor hatte Bob Chris Welles von Life erzählt: »Die Lehrer in der Schule haben mir beigebracht, dass alles prima ist. Das war die akzeptierte Denkhaltung. So stand es in allen Büchern. Aber nichts ist prima, Mann. Es sind so viele Lügen erzählt worden, so viele Dinge werden verheimlicht. Die Kids fühlen das genauso wie ich, aber man sagt es ihnen nicht. Sie haben Angst, selbst aus dem Tritt zu fallen. Aber ich habe da keine Angst.«

So kehrte Dylan, der bekannteste Absolvent der Schule seit Francis Bellamy[67], Autor von The Pledge Of Allegiance To The Flag, zu einem Moment stillen Triumphes zurück. Bob wurde belagert von alten Freunden, die Autogramme haben wollten. Auch für Echo schrieb Bob ein Autogramm.

Bob Dylan - No Direction Home

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