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EIN KRANZ FÜR BUDDY HOLLY

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Während seines letzten Schuljahres sagte Bob wiederholt zu Bucklen: »Jetzt dauert's nicht mehr lang.« Er experimentierte mit Alkohol und Tabak. Bucklen erinnerte sich, dass Bob ihn einmal von einer Sauftour aus anrief und sagte: »John, ich komm jetzt vorbei und polier dir die Fresse.« John antwortete: »Okay, immer zu. Ich warte draußen auf dich.« Der Angreifer tauchte auf, heftig torkelnd. »Er hat ausgeholt und mir aufs Kinn geschlagen, aber er war in einer so schlechten Verfassung, dass der Hieb überhaupt nicht wehgetan hat. Am Ende habe ich ihn heil nach Hause gekriegt. Plötzlich hatte Bob entdeckt, wie es ist, sich oft zu betrinken.«

Als er nach Minneapolis ging, zog Bob Wein vor. Noch im Oktober 1964 meinte er, Wein sei das Beste für Joan Baez, Gregory Corso, Allen Ginsberg, Ornette Coleman und die anderen Gäste der Party, die er nach seinem Konzert in der Philharmonic Hall gab. In seinen ersten Jahren im Village machte Bob oft den Eindruck, »high« vom Wein zu sein. Suze Rotolo (seine Freundin in den frühen New Yorker Tagen) sagte mir: »Nach unserer ersten Begegnung habe ich ihn, glaube ich, eine ganze Weile lang nie nüchtern gesehen. Aber die Hälfte davon war gespielt. Er konnte dem, was passierte, besser zuschauen und zuhören, wenn die Leute ihn für betrunken hielten.«

Ein großes Problem waren für den jungen Bob seine Autounfälle. Wenn Abe dieses Problem auch später herunterspielte, hat es ihre Beziehung doch zutiefst belastet. »Bob hatte immer eine Standardformel für jede Beschädigung, die er einem Wagen zufügte. Er rief dann an und sagte: ›Der Keilriemen ist kaputtgegangen.«« Nach einem Unfall hatte sein Vater außergerichtlich eine Forderung in Höhe von 4000 Dollar zu begleichen.

Der schlimmste Unfall ereignete sich 1958. Bob hatte beschlossen, sein Motorrad zu verkaufen, wollte aber noch eine allerletzte Fahrt machen. Als er langsam heimwärts fuhr, rannte ein dreijähriger Junge mit einer Orange in der Hand zwischen zwei geparkten Wagen heraus auf die Straße und prallte seitlich gegen das Motorrad. Im Krankenhaus von Hibbing hieß es, das Kind bedürfe besserer ärztlicher Hilfe, und Abe sorgte für den Krankenwagentransport nach Duluth. Das Kind erholte sich, aber Abe betrachtete Bob und das Motorrad als eine tödliche Gefahr. Am Abend des Unfalltages traf Bob Echo in der Stadt und schwor, er werde nie wieder mit einem Motorrad fahren. Mehrmals sagte er Echo: »Ich sehe immer noch diese Orange über die Straße rollen.«

Im letzten High-School-Jahr wurden Bobs Karrierepläne deutlicher. Er schloss sich der kleinen Band eines Vetters an, The Satin Tones, einer rauen Gruppe, die eine Nummer bei einer Fernsehstation in Superior, einen Tanzabend im Armory von Hibbing und ein Demoband für Radio Hibbing machte. Bucklen: »Er hatte immer Gruppen wie The Golden Chords oder The Satin Tones. Er besaß einfach ein gespenstisches Talent dafür, Gelegenheiten aufzutun und für sich zu nutzen.« Bob begann Muddy Waters und Jimmy Reed zu bewundern, zwei aus dem Süden stammende Chicago-Bluesmen, und weiße Countrystars, die zum Rockabilly übergingen. Es erschien ein neues und bleibendes musikalisches Vorbild - Buddy Holly. Bob begann Hollys süßliche, naive, fast kindliche Stimme zu imitieren. Stimmliche Eigenarten vieler Dylan-Aufnahmen zeigen, dass er Holly einiges verdankt.

Holly konnte mit der Körpersprache eines Presley singen oder mit der geschmeidigen, sehnsuchtsvollen Stimme des »kleinen verlorenen Jungen«, die die Teenager der Fünfziger ansprach. Charles Hardin Holley wurde am 7. September 1936 in Lubbock, Texas, geboren und spielte mit 15 bereits als Buddy Holly in den üblichen Clubs von West Texas. Nach einem Vertrag mit Decca, der sie nicht weiterbrachte, unterzeichneten Holly und seine Band, The Crickets, bei Norman Petty, der ein Studio in Clovis, Neu-Mexiko, hatte. Mit Pettys Geschick machten sie aus einem früheren Flop einen Millionenhit: »That'll Be The Day«. 1958 fanden sich Hollys Hits wie »Peggy Sue«, »Rave On« und »Early In The Morning« überall in den englischen und amerikanischen Charts. Hollys Einfluss auf die Beatles reichte vermutlich an den von Little Richard und den Everly Brothers heran. Dylan und seine Kumpel konnten sich mühelos mit Holly identifizieren - noch so einer aus der Kleinstadt, jung, schmächtig, verletzlich. Man stelle sich die Aufregung vor, als Holly und sein Musiker Link Wray am 1. Januar 1959 im Armory auftraten (Dylan besuchte Wray 1975 und sagte ihm: »Link, ich habe in der ersten Reihe gesessen, als du und Buddy Holly in Duluth wart, und du bist jetzt noch genauso groß, wie du damals warst.«). Auf der Bühne hätte man Buddy Holly für Bobs älteren Bruder halten können. Hank Williams und Dean waren tot, Little Richard und Brando kamen nie in die Nähe von Hibbing, aber da war nun Buddy Holly, mitten im North Country! Rockabilly, Tex Mex, Little-Richard-Songs, einfach alles!

Nur drei Tage, nachdem Dylan ihn gesehen hatte, war Buddy Holly tot. Bob und seine Freunde wollten jede Einzelheit der Tragödie wissen. Um ein Uhr morgens am 3. Januar 1959 startete eine in Mason City, Iowa, gecharterte Beechcraft Bonanza bei leichtem Schneefall zum Flug nach Fargo, North Dakota. Innerhalb weniger Minuten ergaben sich Probleme; wahrscheinlich, weil der 21-jährige Pilot nicht mit Wetter und Instrumenten zurechtkam. Als erstes berührte die linke Tragfläche den Boden. Auf der Stelle waren der Pilot und drei Musiker tot: Buddy Holly (22); Ritchie Valens, erst 17, ein Mexikano-Amerikaner, dessen größter Hit »La Bamba« war; und J. P. Richardson (24), genannt »Big Bopper«. Danach verspürten Bobs Freunde in ihm eine tiefgehende Veränderung. Er schien es ungeheuer eilig zu haben; alle Auto- und Motorradunfälle zeigten, dass seine Zeit begrenzt war. »Innerlich wirst du aufgezehrt, äußerlich lauert der Tod«, sagte Dylan 1965. Gretel Whitaker, eine Freundin von der University of Minnesota, sagte: »Wir haben eigentlich nie damit gerechnet, dass Bob älter als 21 wird.« Als Bob 19 war, hatte er schon einen düsteren Blues geschrieben:

The queen of his diamonds

And the jack his knave

Won't you dig my grave

With a silver spade?

And forget my name.

I'm twenty years old.

That's twenty years gone.

Can't you see my crying,

Can't you see my dying,

I'll never reach twenty-one …[68]

(Seine Karo-Dame / Und der Bube, sein Schurke, / Wollt ihr nicht mein Grab schaufeln / Mit einem silbernen Spaten (Pik)? / Und vergesst meinen Namen. / Ich bin zwanzig Jahre alt. / Das sind zwanzig Jahre vorbei. / Könnt ihr nicht mein Weinen sehen, / Könnt ihr nicht mein Sterben sehen, / Ich werde nie einundzwanzig werden …)

Es gab eine prekäre Fußnote zu Buddy Hollys Tod. Der Konzertveranstalter in Fargo suchte verzweifelt nach einem Ersatz für Holly. Im nahe gelegenen Moorhead fand er zwei Brüder, Sidney und Bill Velline. Die 2500 Kids, die Buddy Holly hatten hören wollen, bekamen nun die Band der Velline-Brüder vorgesetzt. Diese ließen ihren kleinen Bruder Bobby mitmachen. Bobby Velline sagte dem Manager, der Name der Band sei The Shadows - den Namen hatte er gerade erfunden. Bobby Velline, der seinen Namen zu Bobby Vee verkürzte, wurde bald der Bandleader. Mit 500 Dollar, die sie von ein paar Tanzveranstaltungen zusammengespart hatten, nahmen die Shadows vier Nummern auf.

In einem der Lieder, »Suzy Baby«, singt Bobby Vee wie Holly. Später suchten die Shadows nach einem Pianisten. Jemand schlug einen Jungen vor, der im Frühsommer 1959 als Aushilfskellner im Red Apple Cafe in Fargo gearbeitet hatte. »Damals gab es ganz wenige Rockpianisten«, erzählte mir Vee 1969 in London. »Wir haben Bob Zimmerman eine Chance gegeben, mit uns zu arbeiten, und er hat großartig gespielt. Sein Stil war so ähnlich wie der von Jerry Lee Lewis. Bob hat zwei Tanzveranstaltungen mit uns in Fargo gemacht. Aber dann haben wir beschlossen, dass wir eigentlich nicht genug Geld verdienten, um ein zusätzliches Mitglied aufzunehmen.«

Bobby Vees »Suzy Baby« wurde ein Hit im Mittleren Westen. Bobby Dylan kam nachts im Regen mit dem Bus aus Fargo nach Hause, erzählte aber keinem außerhalb seiner Familie, dass seine erste Chance als Profi geplatzt war. Bucklen und anderen sagte er, er sei der Star auf der »Suzy Baby«-Platte. Niemand nahm es allzu ernst, aber keiner konnte ihn widerlegen.

Bob Dylan - No Direction Home

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