Читать книгу Bora oder Brüche zwischen zwei Schnitten - Walter Kranz - Страница 16

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Bernard traf Bora nicht mehr. Nicht mehr diesen Abend. Dennoch ließ sie ihn nicht los. Nicht einmal in der Nacht, als er nach etlichen Versuchen den Schlaf herbeiholte, der ihn übermannte und in eine unruhige Ruhe zwang.

Es war ein Traum, der ihn bedrängte, den er sich nicht zurückwünscht und der ihn trotzdem vielmals einholt. Meistens am Tag. Selten mehr in der Nacht.

In diesem Traum sah Bernard Bora in ihrem schwarzweißen Einteiler am Strand liegen. Er hörte, wie einige Männer im Vorbeigehen höhnten, dass die etwas zu verbergen habe, weil sie keinen Bikini trage und ihren Körper schamhaft verstecke.

Bora hörte es, widersprach aber nicht. Doch ihr Aussehen begann sich zu verändern. Ihre Zehen spreizten sich, so dass Häute zwischen den Zehen sichtbar wurden. Die Häute begannen zu wachsen. Wuchsen immer mehr. Überholten bereits die Zehen. Ihre Füße wurden zu Flossen. Bora hatte Schwimmhäute geboren.

Das Wachsen hörte aber nicht auf. Setzte sich weiter fort. Ließ auch die Leere zwischen den Fingern sich bespannen. Als Bora die Zwischenfingerhäute spannte, konnte Bernard darauf lesen: BORA. Auf jeder der Häute zwischen den Fingern ein Buchstabe: B-O-R-A. Zwischen Daumen und Zeigefinger war keine Haut geboren.

Die Veränderung hielt an. Boras Brüste verkümmerten und der schwarzweiße Einteiler rutschte langsam nach unten.

Unter dem Badeanzug trug Bora einen hellgrünen Bikini. Zwischen dessen Unter- und Oberteil wurde sichtbar, was Bora zu verbergen suchte.

Auf ihrem Bauch stülpten sich wulstige Narben vor, die graugelbrosabraun schimmerten und sich zu überlappen drohten. Das andreaskreuzartig angelegte Narbengewirr schien zu leben, veränderte sich ständig in Farbe, Form und Gestalt. Manchmal, wenn eine Narbe wegkroch, türmte sich über Boras Nabel ein riesiges behaartes Muttermal.

Bora bemerkte Bernard. Sie begann zu zittern,. Ihre Schwimmhäute flatterten. Bora bewegte sich. Ging auf das Wasser zu. Stürzte sich hinein. Schwamm hinaus. Versenkte sich an geeigneter Stelle.

Bernard machte Anstalten, um Hilfe zu schreien, aber das Empfinden der Nachtzeit gab ihm die Gewissheit, einem Traum erlegen zu sein. Das beruhigte ihn nicht. Wenn schon einen Bora-Traum, dann hätte er sich einen schöneren, erotischeren gewünscht. Nicht so ein unästhetisches Anschwellen und Absterben von vielem Möglichen. Und irgendetwas bleibt ja immer zurück.

Bora oder Brüche zwischen zwei Schnitten

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