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Weck den Buddha in dir!

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Vermutlich gibt es auch in deinem Leben Zeiten, da geht alles ganz leicht. Die Menschen mögen dich, du erlebst Wertschätzung, du hast Erfolg. Selbst wenn etwas schief geht, wirft dich das nicht aus der Bahn. Du kannst es lächelnd wegstecken und weitergehen. Du bist in Einklang mit dir und deinem Leben. In solchen Zeiten denkst du: »Jetzt endlich hab ich’s!«

Aber dann, wie durch eine geheimnisvolle Kraft, erlebst du wieder das genaue Gegenteil. Alles scheint sich gegen dich verschworen zu haben. Du fühlst dich beschwert und kraftlos, ächzt unter deinem vollen Terminkalender und der Hausarbeit, die nie aufhört.

Vielleicht fällst du durch eine Prüfung oder wirst an deinem Arbeitsplatz kritisiert. Dauernd scheint jemand etwas an dir auszusetzen zu haben. Du fühlst dich von den Menschen um dich herum nicht ernst genommen und erlebst häufig Verletzungen.

Du kannst dein eigenes Leben nicht mehr richtig leiden und lehnst dich dagegen auf. Und die Angst ist wieder da. Die Angst vor der Zukunft, vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oder eines lieben Menschen. Kurz: Du erlebst wieder Zeiten, in denen du dich nicht erfüllt fühlst und deine innere Stimme sagt: »So habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt.«

Meistens meinen wir genau zu wissen, was uns Schwierigkeiten macht: Natürlich ist der Chef schuld. Der Partner, der sich nicht um uns kümmert. Die beste Freundin, die nicht zuhört. Und dann sind da noch die Raten für das neue Auto. Wie sollen wir da glücklich sein? Woher die Leichtigkeit nehmen?

Der Buddha hat von den »acht weltlichen Winden« gesprochen, denen wir ausgesetzt sind wie dem Wetter. Es handelt sich um vier Gegensatzpaare, vier der Winde sind angenehm, die anderen vier unangenehm: Wir können uns über (materiellen) Gewinn freuen oder haben Verluste zu beklagen. Wir machen angenehme oder schmerzhafte Sinneserfahrungen. Wir werden beachtet – oder wir werden ignoriert. Und schließlich bekommen wir Lob und Anerkennung – oder wir werden kritisiert oder schlecht gemacht.

Jeden Menschen treffen diese Aufwinde und Abwinde zu verschiedenen Zeiten, aus verschiedenen Richtungen Oft kontrolliert die Außenwelt unsere Innenwelt.und mit verschiedener Stärke. Bis zu einem gewissen Grad können wir sie beeinflussen, aber wir werden sie nie kontrollieren können. Viel eher kontrollieren sie uns. Wenn wir mit Schwierigkeiten zu tun haben, klagen wir über die Last, die uns das Leben auferlegt, oder versuchen die Situation zu verändern. Irgendwann widerfährt uns dann plötzlich Gutes. Wir bekommen den begehrten Job, werden befördert, verlieben uns oder … setze ein, was immer du dir vielleicht gerade wünschst. Plötzlich geht es uns gut. Die Welt ist wieder in Ordnung.

Mit anderen Worten: Wir leben ein Leben wie auf einer Wippe – mal hoch, mal runter. Unsere Stimmungen und Gefühle sind dabei abhängig vom äußeren Geschehen und unserem Körper. Wir lassen zu, dass die Außenwelt unsere Innenwelt bestimmt, und glauben, dass wir im Außen Erfüllung finden könnten.

Die Wurzeln dieser Außenorientierung reichen zurück in die frühe Kindheit. Als du ein Baby warst, wurden deine körperlichen Bedürfnisse von deiner Mutter gestillt. War sie ein liebevoller Mensch, ging es dir gut. Gelernt hast du dabei: Erfüllung kommt von außen. Dabei hatte das Außen schon damals nur Vergängliches zu bieten.

Trotzdem versuchst du weiterhin, deine Bedürfnisse über die Sinne in der Außenwelt zu stillen. Dauerhafte Erfüllung ist nicht im Vergänglichen zu finden.Die Bedürfnisse sind mittlerweile feiner und verzweigter, und du erlebst täglich vielerlei Sinneskontakte. Sie alle sind von verschiedenen Bedingungen abhängig und vergänglich. So machst du bei dem Versuch, deine Sehnsucht zu stillen, immer wieder die Erfahrung von Verlust und Enttäuschung. Doch deine Sehnsucht ruft nach dauerhafter Befriedung. Du strebst nach Erfüllung bis zu deinem letzten Tag.

Bei meiner Arbeit als Frauenarzt in Berlin-Kreuzberg erlebe ich häufig, wie Patientinnen plötzlich in große Schwierigkeiten geraten. Manchen muss ich mitteilen, dass ihr Kind in ihrem Bauch gestorben ist oder dass es behindert sein wird. Andere erfahren von mir, dass sie an Krebs erkrankt sind. Und wieder andere erzählen mir, dass der Vater ihres ungeborenen Kindes das Weite gesucht hat und sie nun alleine dastehen.

Es gibt – vereinfacht gesagt – zwei Arten von Reaktionen auf solche Hiobsbotschaften. Die einen Menschen geraten ins Wanken, erleben große Angst und fühlen sich ihrer Situation hilflos ausgeliefert. Die anderen kommen nach einer kurzen Phase der Irritation schnell wieder ins Gleichgewicht. Sie erleben sehr bewusst, was ihnen geschieht, können es akzeptieren und besonnen darauf reagieren.

Vor dem Hintergrund dieser verschiedenen Reaktionen habe ich mich gefragt: »Was zeichnet Menschen aus, die auch in schwierigen Situationen nicht den Halt verlieren? Was trägt, Eine Kraftquelle hilft, Schwierigkeiten standzuhalten. Sie sollte unabhängig sein von äußeren Bedingungen.wenn’s drauf ankommt?« Ich fand heraus, dass solche Menschen über Kraftquellen verfügen. Bei den meisten haben diese mit spiritueller Praxis zu tun: »Ich bin gläubig«, antworteten sie mir auf meine Nachfrage, »Im Gebet komme ich zur Ruhe.« Oder: »Ich meditiere.« Auch die Verbindung mit der Natur ist für manche eine wertvolle Hilfe.

Was zeichnet eine Kraftquelle aus? Das Wichtigste: Sie muss möglichst jederzeit zugänglich sein und sollte möglichst wenig von äußeren Faktoren abhängen. Eine Urlaubsreise kann mir zwar helfen, Kraft zu schöpfen – aber wenn ich schwer erkranke oder finanziellen Ruin erlebe, bleibt mir bestenfalls die angenehme Erinnerung. Wenn ich meine Kraft aus der Gartenarbeit schöpfe, dann aber plötzlich auf einer Intensivstation liege, ist mir der Zugang zur Kraftquelle nicht möglich. Für manche Menschen ist auch der Körper eine Kraftquelle, sie trainieren ihn im Fitnessstudio und sind stolz auf ihn. Aber der Körper wird mit der Zeit zwangsläufig seine Kraft verlieren, er wird altern und krank werden. Sehr viele Menschen sagen mir: Meine Familie ist meine Kraftquelle. Es ist natürlich schön, aus dem Familienleben Kraft zu schöpfen, aber was ist, wenn die Familie bei einem Unfall ums Leben kommt? Dann ist im selben Moment die Kraftquelle gestorben, die ich jetzt so dringend bräuchte.

Meine Patientinnen, die in ihren Krisen gut zurechtkamen, hatten ihre Kraftquellen schon vorher gefunden. Die Kraftquellen gehörten ganz selbstverständlich zu ihrem Leben. Nur deswegen hatten sie Zugriff darauf, als es hart auf hart kam. Wir alle tun gut daran, die leichteren Zeiten im Leben zu nutzen, um unsere Kraftquellen zu erschließen und den Weg dorthin zu ebnen, damit sie stets gut erreichbar sind.

Der Weg nach innen beginnt damit, dass wir im Alltag häufiger innehalten. »Wer innehält, erhält innen Halt«, heißt es im Tao Te King, dem Weisheitsbuch des Taoismus. Anders formuliert: Innehalten ermöglicht dir, dich aus äußeren Aktivitäten zurückzuziehen und zu verstehen, was in dir geschieht. So kannst du Gefühle rechtzeitig erkennen, Verhaltensmuster durchschauen und die Stärke entwickeln, die in dir liegt.

Ich selbst habe eine schwere Krankheit erlebt und kenne finanzielle Sorgen aus eigener Erfahrung. »Wer innehält, erhält innen Halt.«Familiäre Konflikte sind mir nicht unbekannt und auch in unserer buddhistischen Gemeinschaft in Berlin erlebe ich manchmal Unverständnis und persönliche Enttäuschung. All diese Situationen begreife ich als wichtige Momente der Praxis. Ich finde meine Kraft beim Buddha und seiner Lehre.

Der Buddha bedeutet für mich vollkommene Klarheit, grenzenlose Liebe und annehmende Gelassenheit. Die Anlagen zu diesen Qualitäten finden sich in jedem Menschen. Die Lehre des Buddha bietet eine unvergleichliche Anleitung, sie zu entwickeln – zeitlos und für jeden praktikabel. Auch du kannst den Buddha in dir wecken!

Aus meinen Erfahrungen entstand im Lotos-Vihara- Meditationszentrum ein Vortragszyklus zum Thema Kraftquellen. Schülerinnen und Schüler haben die darin geschilderten Anregungen als hilfreich empfunden. So haben wir uns schließlich entschieden, aus diesen Vorträgen ein Buch zu machen. Dieses Buch hältst du nun in den Händen. Möge es dir dabei helfen, die unerschöpfliche Kraft in dir selbst zu erschließen.

Weck den Buddha in dir

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