Читать книгу Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket - A. F. Morland - Страница 69
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Оглавление»Noch einen Whisky, Chef.«
Der Wirt zog die Augenbrauen hoch und zögerte zunächst. »Hast du Sorgen, Kumpel?« Dann nahm er doch das leere Glas weg, das vor Barry auf der Theke gestanden hatte, und griff sich ein frisches aus dem Regal hinter ihm.
»Schon möglich.« Barrys Zunge gehorchte ihm noch einigermaßen. Er konnte mindestens das Doppelte von dem vertragen, was er bisher intus hatte.
»Das ist dein siebter, weißt du?«, sagte der Wirt.
Barry brummte irgendetwas Unverständliches.
Die Bar war gerammelt voll. Fast ausschließlich Männer. Die meisten hingen mit den Augen an dem Bildschirm, der auf einem Eckregal knapp über der Eingangstür flimmerte. Football die Chicago Bulls versuchten ihren Tabellenplatz gegen die Sacramento Kings zu verteidigen, stellten sich dabei aber ziemlich dämlich an, so dass sie schon mit zwei Punkten im Rückstand lagen. Barry sah zwar kaum hin, aber so viel hatte er dem Gebrüll um sich herum entnommen.
Barry kramte in seiner Jackentasche herum und zog den Umschlag mit dem Flugticket heraus. Er legte ihn neben sein Whiskyglas und zündete sich eine Zigarette an.
»Willste verreisen?« Der Wirt deutete mit einer Kopfbewegung auf das Ticket.
»Kann sein.«
»Weit weg?«
»Schon möglich.« Barry blies dem Wirt den Zigarettenrauch ins Gesicht.
Der Mann kapierte und gab es auf, seinen wortkargen Gast in ein Gespräch verwickeln zu wollen. Es sah ganz so aus, als würde ihm der Whisky auch ohne Unterhaltung schmecken. Und das war die Hauptsache.
Das Ticket lag vor Barry, und es war mehr als nur ein Flugticket. Es war das Schlupfloch in eine Welt, wo er den ganzen Mist vergessen konnte: Den perversen Kahlkopf, die geile Marilyn, die unheimliche Chefin. Und die Frau mit dem flehenden Blick.
Quatsch!, sagte eine Stimme in Barry. In deinem verdammten Schädel nimmst du den ganzen Scheiß mit. Und die Chefin wird dich wieder krallen, du Arsch. Spätestens nach der Entziehungskur.
Er nahm das Ticket in die Hand und betrachtete es. Weit weg. Los Angeles. Für die Frau im Badezimmer würde es eine noch längere Reise werden. Eine höllisch weite Reise...
Die Männer in der Kneipe grölten. Ein Punkt für die Bulls.
Eine höllisch weite Reise... Durch die Whiskygardine hindurch, die immer schwerer vor seinen Augen hing, erschien wieder das Bild seiner Mutter. Rette die Frau, sagte sie.
Wieder erzitterte die Kneipe vom Gebrüll der Männer: Die Chicago Bulls hatten den Ausgleich geschafft.
Barry registrierte es beiläufig. Er bestellte den achten Whisky und holte sich eine neue Schachtel Zigaretten aus dem Automaten im Durchgang zu den Toiletten.
Als er wieder an die Theke kam, brüllte schon wieder die ganze Kneipe: Die Führung für die Bulls.
Bald darauf war das Spiel gelaufen. In den Nachrichten danach eine Menge Zeug, das Barry nicht die Bohne interessierte. Berlin - wo lag das denn? Wohl irgendein Freizeitpark in Kanada oder so.
Er pellte die Zigarettenschachtel aus dem Zellophan. Und Tony Blair - wer, zum Teufel, war das?
Barry kannte nur Jelzin, diesen Looser, und Bill Clinton. Allenfalls noch diesen Saddam. Saß irgendwo in der Nähe von Israel und spielte Schwarzer Peter mit dem Weißen Haus.
Barry steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen.
»Wie erst heute bekannt wurde, ist es dem FBI gelungen, eine Geldfälscherbande...« Barry horchte auf. FBI - das sagte ihm etwas.
Er sah auf den Fernsehschirm. Die Bullen hatten den Geldfälschern eine Falle im Central Park gestellt. Es hatte Verletzte gegeben und einen Toten.
FBI das wär’s, dachte Barry. FBI oder Los Angeles entscheide dich, du Schlappschwanz!
Über den Bildschirm erschien das Gesicht eines Joggers.
Sympathischer Bursche, dachte Barry.
Der Kommentator schwallte merkwürdiges Zeug. Der Jogger wäre FBI-Beamter.
Kein Problem, dachte Barry, du bist Pfleger und bist nebenbei Kidnapper. Nein, umgekehrt...
Er sah sich den Kerl in der Glotze genauer an. Ein stahlharter Kerl. Aber nicht verkehrt.
»... FBI-Mitarbeiter Jesse Trevellian wollte keinen Kommentar abgeben«, sagte der Kommentator, »er verwies auf die Staatsanwaltschaft...«
Hat Recht, der Bursche, dachte Barry. Viel Gequatsche hat noch niemandem genützt.
Durch den Whiskyvorhang hindurch sah er den Jogger-G-man mit einer Frau und einem Mann in einen Wagen steigen.
Trevellian, flüsterte eine Stimme hinter der Nebelwand in Barries Hirn. Trevellian oder Los Angeles...
Er zahlte und torkelte aus der Kneipe. Unschlüssig blieb er auf der Straße stehen. In knapp drei Stunden würde sein Flug gehen. Eigentlich müsste er jetzt zu seinem Hotel in Soho fahren und seine Sachen packen.
Er ging in die entgegengesetzte Richtung, verschwand irgendwo in einer U-Bahn-Station und nahm den nächstbesten Zug. Er wusste nicht mal, wo er hinfuhr. Er wusste nur, dass Los Angeles verdammt weit war. Und dass diese blonde Frau im Bad einen noch viel weiteren Weg vor sich haben würde, wenn er nach L.A. flog.
Am Central Park stieg er aus. Es dämmerte bereits. Oben an der Treppe hing ein Papierkorb.
Barry holte das Flugticket heraus. Über dem Papierkorb zerriss er es. In ganz kleine Schnipsel.
Dann überquerte er die Straße und ging auf die nächstbeste Telefonzelle zu. Die beiden Schatten, nicht weit hinter ihm, bemerkte er nicht.
In der Zelle schlug er das Telefonbuch auf. Die Nummer des FBI. Er fand sie und tippte sie ein. Er verlangte Trevellian, doch der befand sich nicht im FBI-Gebäude.
Nur ihn wollte er sprechen. Nur diesen Trevellian.
Und so leitete man seinen Anruf weiter an Trevellians Handy.