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Jack O'Reilly schwang sich auf den Thekenhocker. Morton Philby nahm neben ihm Platz. Der Keeper kam. Ein Mann mit Augen, die an Fischsuppe erinnerten. Mit Suppenhuhnknochen, öligen Haaren und einer an einen Geierschnabel gemahnenden Nase.

„Was darf es sein, Gentlemen?“ Butch sagte: „Für mich einen Whisky. Und für den da eine Banane.“

„Ich bekomme auch einen Whisky“, sagte Silk ärgerlich. Dann fauchte er: „Ich will dir jetzt mal was sagen, Butch ...“

„Ein andermal, ja?“

„Deine dummen Witze gehen mir allmählich auf die Nerven.“

„Kann ich verstehen“, erwiderte Butch schulterzuckend. „Aber was soll ich tun? Du reizt mich einfach dazu.“

Der Keeper stellte die Drinks vor die beiden Freunde.

„Neu hier, was?“, fragte Jack O'Reilly.

Der Keeper lächelte unsicher. „Ganz neu, Sir. Seit heute.“

Butch nickte mit väterlichem Wohlwollen.

„Deshalb kennen Sie mich noch nicht. Na, macht nichts. Das kommt noch. Ist Donald da?“

„Sie meinen Mr. Remsberg, Sir?“

„Ich meine Donald. Für Sie mag er Mr. Remsberg sein. Für mich ist er Donald.“

Der Keeper zuckte unsicher die Schultern.

„Ich weiß nicht, ob er da ist, Sir.“

„Dann fragen Sie ihn doch mal.“

„Wer möchte das denn wissen?“

„Ich.“

„Und wer – Verzeihung – sind Sie?“

„Jack.“

„Aha. Jack. Und wie noch?“

„Einfach Jack.“

„Hören Sie, Mister Jack – ich will diesen Job hier behalten ...“

Butch lachte.

„Donald wird Sie bestimmt nicht hinauswerfen, wenn Sie ihm sagen, dass Jack O'Reilly hier ist und ihn sprechen möchte.“

Der Keeper ging widerwillig und mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Er wollte nichts falsch machen. Als er wiederkam, war er erleichtert.

„Er ist da, Mr. O'Reilly.“

„Das wusste ich von Anfang an.“

„Tut mir leid, dass ich ...“

„Geschenkt. Sie sind ja neu hier.“

„Eben.“

Butch rutschte von Hocker und trank den Whisky im Stehen aus. Dann wandte er sich an Silk und fragte: „Kommst du mit oder möchtest du in der Zwischenzeit lieber tanzen?“

„Ich komme mit“, sagte Silk und rutschte ebenfalls vom Hocker.

„Ach ja, ich vergesse es immer. Du kannst ja gar nicht tanzen.

Silk würdigte ihn keiner Antwort. Der Keeper beugte sich über den Tresen.

„Soll ich Sie ...“

Butch winkte kopfschüttelnd ab. „Bemühen Sie sich nicht. Ich kenne den Weg so gut wie Donald selbst.“ O'Reilly und Philby gingen auf einen dicken Samtvorhang zu. Butch schlug ihn zur Seite. Dahinter befand sich eine Tür. Er öffnete sie. Sie gelangten in einen Korridor.

An der ersten Tür rechts stand: Privat.

Butch klopfte.

„Herein!“, rief eine Stimme.

Sie traten ein.

Der Raum war groß. Ein teurer handgewebter Teppich lag auf dem Boden. Er reichte von Wand zu Wand. An den Wänden hingen teure Gemälde. In einer Ecke stand ein grüner Safe. Darüber brannte eine Lampe. Sie brannte immer. Wegen der Einbrecher.

Rechts neben der Tür stand ein Rauchtisch aus Marmor. Darum herum war eine grüne Clubgarnitur gruppiert.

Donald Remsberg saß am Schreibtisch, als Butch die Tür hinter sich schloss. Er erhob sich mit jugendlichem Schwung.

„Jack! Alter Freund, dass man dich wieder einmal zu Gesicht bekommt!“, rief Remsberg. Er kam um den großen Mahagonischreibtisch herum und lief auf die beiden Männer zu.

Remsberg war vierzig. Er war einer der seltsamsten Menschen, die Butch kannte. Sein spärliches Haar leuchtete rosarot. Er war ein kleiner lebhafter, sehr geschäftstüchtiger Mann. Bei dem Geld, das ihm das Tanzlokal einbrachte, konnte er es sich leisten, erstklassig gekleidet zu sein. Er trug alles, was modern war. Natürlich auch Plateausohlen. Nun war er immerhin ganze zwei Zentimeter größer. Aber immer noch ein Dreikäsehoch.

Er lachte mit blitzenden Goldzähnen und schüttelte Butch hocherfreut die Hand.

„Darf ich dir meinen Kollegen Morton Philby vorstellen, Don? Manchmal ist er auch mein Freund.“

Remsberg drückte auch Silk die Hand und sagte: „Mister Philby.“

Dann setzten sie sich auf die Clubgarnitur. Remsberg holte den Whisky für spezielle Gäste und geizte nicht beim Einschenken.

Remsberg war mal an der Universität gewesen. Er hatte Rechtsanwalt werden wollen. Aber dann war ihm ein heißblütiges Mädchen dazwischengekommen. Sie hatte ihn nach sechs Monaten schon wieder verlassen, weil ihr ein Kerl eingeredet hatte, er könnte sie zum Film bringen. Heute hatte sie sechs Kinder. Jedes von einem anderen Mann. Sie lebte von der Hand in den Mund und weinte manchmal um Donald Remsberg, wie sie ihm einmal in einem Brief geschrieben hatte. Außerdem bat sie ihn um Geld.

Damals hatte Remsberg das Studium nicht mehr fortgesetzt. Er hatte sich seinen Lebensunterhalt als Kellner verdient, hatte sich mit einem ehemaligen General, der eine Erbschaft gemacht hatte, zusammengetan und ein Speiserestaurant eröffnet. Das Restaurant wurde gut besucht. Aber Remsberg wollte keinen Partner haben. Zumindest keinen, der ihm fremd war. Er wollte sich mit Melissa zusammentun. Deshalb ließ er sich auszahlen, eröffnete das Tanzlokal und gab ihm den Namen seiner Schwester. Nun gab es dieses Lokal schon seit sieben Jahren. Und es zählte zu den gewinnträchtigsten von Chicago.

Nachdem sie am Whisky genippt hatten, fragte Donald Remsberg: „Was führt dich zu mir, Jack?“

„Leider nichts Erfreuliches, Don.“

„Kann ich dir irgendwie helfen?“

„Das hoffe ich.“

„Dann schieß mal los.“

„Ich war gestern in Las Vegas ...“ Dann erzählte er von Lenny Coburn. Er beschrieb den Mann genau, dass Remsberg ihn sofort wiedererkennen musste, wenn er ihn schon einmal gesehen hatte.

Remsberg dachte eine Weile nach. Dann schüttelte er den Kopf.

„Tut mir leid, Jack. Den Mann kenne ich nicht. Wieso fragst du mich nach ihm?“

„Weil wir in seiner Wohnung eine Rechnung gefunden haben, die in deinem Lokal ausgestellt worden ist.“

Remsberg erhob sich und ging zu seinem Schreibtisch.

„Vielleicht kann euch Melissa helfen“, meinte er und drückte auf einen Knopf der Sprechanlage. Fast im selben Moment meldete sich eine dunkle Mädchenstimme. „Melissa, komm doch bitte mal einen Augenblick in mein Büro. Wir haben lieben Besuch. Du wirst erfreut sein.“

Silk war sehr neugierig auf Remsbergs Schwester. Sie sah zum Glück wesentlich besser aus als ihr Bruder.

Sie prunkte in gelber Atlasseide. Sie war hochgewachsen und erinnerte Philby bei jedem Schritt an eine Bauchtänzerin. Sie hatte dichtes rotes Haar, mandelförmige grüne Augen, einen üppigen Mund und lohfarben schimmernde Haut.

Ihr Lächeln wärmte Butch die Seele.

„Was war denn mit dir, Jack?“, fragte Melissa fast vorwurfsvoll. „Warum warst du so lange nicht mehr hier?“

„Ich hatte Ziegenpeter“, erwiderte O'Reilly grinsend. „Aber wenn ich dem Doktor glauben darf, ist das jetzt erledigt. Von nun an werdet ihr mich wieder öfter sehen.“

„Fein“, sagte Melissa mit ihrer dunklen Stimme.

Butch stellte ihr seinen Freund vor. Silk war sehr angetan von dem Mädchen, das nicht älter als fünfundzwanzig sein konnte.

„Melissa ... Jack und Mr. Philby sind hier, weil sie an einem bestimmten Fall arbeiten“, sagte Remsberg.

„Oh.“

„Ja“, sagte Butch mit einem bedauernden Lächeln. „Tut mir leid, dass ich deine kostbare Zeit aus keinem anderen Grund beanspruchen kann, Mädchen.“

Melissa setzte sich zu ihnen.

„Es geht um einen Mann“, begann Butch. Und dann beschrieb er erneut Lenny Coburn. Er nannte Coburns Namen und Adresse. Er sagte, was dem Mann zugestoßen war. Aber auch Melissa Remsberg konnte ihnen nicht weiterhelfen.

Doch sie hatte eine Idee. Sie ging nach draußen und schickte Butch ein Tanzgirl nach dem anderen herein. Danach folgten die Zigarettenmädchen. Die Stripgirls, die Garderobenfrauen, die Kellner. Leider vergeblich. Niemand kannte Lenny Coburn. Niemand konnte sich erinnern.

Eine Stunde später gab Butch erschöpft auf.

Remsberg hob die Schultern.

„Ich bin fast sicher, dass dieser Lenny Coburn nur ein einziges Mal hier gewesen ist, Jack. Sonst müsste sich doch irgendjemand an ihn erinnern können.“

Butch klopfte ihm seufzend auf die Schulter.

„Freut mich, dass wir wieder mal einer Meinung sind, Don.“ Er erhob sich ächzend. „Na, denn werde ich mir Silk unter den Arm klemmen und mich empfehlen.“

Er empfahl sich auch von Melissa. Von ihr besonders herzlich.

Als die Freunde dann im Wagen saßen, sagte Silk nur ein Wort: „Pleite.“

Butch wiegte griesgrämig den Kopf.

„Die erste Pleite muss noch lange nicht die letzte sein.“

Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #4 - Fünf Krimis in einem Band

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