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Der Abend kam. Lenny Coburn hatte sich inzwischen einen Leihwagen besorgt. Einen schilfgrünen Chevrolet, Modell 73. Er hatte getönte Scheiben, Klimaanlage und sämtliche Extras, die die Autoindustrie produzierte, um aus dem Menschen das verwöhnteste und faulste Individuum auf Gottes weiter Welt zu machen.

Coburn steuerte den Chevy auf den Parkplatz, der dem „Chattanooga“ gegenüberlag. Es war hier ziemlich dunkel. Als Coburn die Scheinwerfer ausschaltete, brach die Nacht über den Parkplatz herein. Das Portal der Bar strahlte in den Farben eines Paradiesvogels.

Hinter Coburns Chevrolet rollte eine schwarze Limousine aus. Coburn schenkte dem Wagen keine Beachtung. Er schaltete das Autoradio ab. Dean Martin trat zurzeit in Las Vegas auf. Seine Show wurde von mehreren Rundfunk- und Fernsehgesellschaften übertragen. Außer Martin war auch Sammy Davis jr. da. Und Danny Kaye. Und Peter Lawford. Und Harry Belafonte, der zurzeit die größten Triumphe feierte.

Coburn blickte auf die beleuchtete Uhr am Armaturenbrett. Zehn Minuten vor acht. Er wollte in die Bar gehen und einen Platz für O'Reilly reservieren.

Coburn schälte sich aus dem Wagen und warf die Tür zu. Fast gleichzeitig, den Bruchteil einer Sekunde später, fiel die Tür der dunklen Limousine zu. Coburn wandte sich um, wie man sich eben umdrehte, wenn man hinter sich ein Geräusch hörte. Ohne Eile.

Ein Mann kam auf ihn zu. Es war so dunkel, dass Coburn zunächst nur die Konturen der näher kommenden Gestalt sehen konnte. Deshalb schöpfte Lenny Coburn noch keinen Verdacht. Als der Mann aber dann auf wenige Schritte herangekommen war, packte Coburn eisiges Entsetzen.

„Alberto Posello!“, stöhnte er benommen. Es lief ihm eiskalt über den Rücken. Posello war von Beruf Killer. Und er war ganz bestimmt wegen Coburn in Las Vegas.

Der Mann trug einen hellen Trenchcoat. Seine Rechte war in der Tasche vergraben. Coburn wusste, warum. Posello war schlank und wirkte fast zerbrechlich. Seine Augen allein schon verrieten seinen Beruf. Sie waren kalt, unpersönlich und bösartig.

Er verzog das Gesicht zu einem Lächeln. Mit den Augen lächelte er nicht.

„Guten Abend, Lenny.“

„Alberto ...“

„Erstaunt, was?“

„Allerdings.“

„Kann ich verstehen. Aber hast du wirklich geglaubt, ungeschoren davonzukommen? So ein Tagträumer kannst du doch unmöglich sein, Lenny.“

„Alberto, du willst mich doch nicht ...“

„Es geht nicht darum, was ich will. Es geht darum, was ich muss, mein Lieber.“ Posello zuckte beinahe bedauernd die Schultern. Es tat ihm natürlich nicht leid, was er nun tun würde. Trotzdem sagte er: „Tut mir leid, Lenny.“ Es war wohl nur eine Geste. Gleichzeitig holte er aus der Tiefe seiner Trenchcoattasche eine Pistole hervor, auf deren bläulich schimmerndem Lauf ein klobiger Schalldämpfer aufgesetzt war.

Alles, was man in einer solchen Lage tun konnte, war sinnlos. Lenny Coburn wusste das. Er tat trotzdem etwas. Er konnte nicht einfach zusehen, wie Posello ihn kaltblütig abknallte.

Deshalb wirbelte Coburn herum. Deshalb begann er zu rennen.

Posello war in seiner Art perfekt. Lenny Coburn kam ganze zwei Schritte weit. Dann drückte Posello zum ersten Mal ab. Gleich darauf noch einmal. Und dann noch zweimal. Insgesamt schoss er viermal. Eine grelle Feuerzunge leckte aus dem Lauf. Das war alles. Kein Muskel rührte sich in Posellos Gesicht. Er verrichtete nur seine Arbeit. So gewissenhaft, wie man es von ihm gewohnt war.

Lenny Coburn zuckte hin und her, drehte sich im Kreis und fiel dann mit einem verzweifelten Stöhnen auf den Rücken. Ein Krampf durchfuhr seinen blutenden Körper. Er sah Posello auf sich zukommen. Seine Augen weiteten sich noch einmal. Panischer Schrecken flackerte in ihnen auf. Er wusste, was nun kam. Posello war gründlich. Er wollte schreien, aber kein Ton kam über seine Lippen.

Er spürte den heißen Schalldämpfer an der pochenden Schläfe. Er sah noch, wie Alberto Posello mit der Gelassenheit des geübten Schlächters den Finger krümmte. Dann wurde für ihn die Welt ausgeknipst.

Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #4 - Fünf Krimis in einem Band

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