Читать книгу Privatdetektiv Tony Cantrell Sammelband #4 - Fünf Krimis in einem Band - A. F. Morland - Страница 19
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Tags darauf berichteten sämtliche Zeitungen vom Besuch des sowjetischen Außenministers Gromyko im Weißen Haus. Präsident Nixon sprach mit dem Russen über Atomrüstung, Nahost und Kuba.
Es war ein Tag mit Sonnenschein. Ohne Wölkchen am strahlend blauen Himmel. Ein Tag, an dem man keine Sorgen haben sollte.
Auch von einem anderen Ereignis berichteten sämtliche Zeitungen. Es war nicht weltpolitisch. Aber trotzdem hochexplosiv. Die Gazetten berichteten von einem Bombenanschlag in einem Chicagoer Tanzlokal.
Das Cantrell-Team saß beim Frühstück. Butch hatte wie immer den gesegnetsten Appetit. Er hätte vielleicht auch den Teller mit verschlungen, wenn ihm die anderen nicht so genau auf die Finger gesehen hätten.
Carol Cantrell hatte die Zeitungen durchgesehen und hatte die für das Team interessantesten Meldungen vorgelesen. Es war immer gut, wenn man informiert war.
Butch strich auf den letzten von seinen sieben Toasts Butter und Honig. Er hatte darin so viel Übung, dass kein Honigfädchen auf den Tisch gelangte. Es knirschte, als er dann herzhaft in die Scheibe biss. Wenige Augenblicke später war sie verschwunden. Butch spülte mit einer Tasse Kaffee nach. Dann wischte er sich den Mund mit der Stoffserviette ab, lehnte sich bequem zurück und zündete sich eine Zigarette an.
Während er rauchte, dachte er nach. Und während er nachdachte, sagte er: „Eine Schweinerei – hat Lenny Coburn gesagt.“ Er blickte in die Runde. „Was kann man eurer Meinung nach darunter verstehen?“ Cantrell meinte: „Zum Beispiel Kindesentführung.“
Butch zog wieder nachdenklich an seiner Zigarette.
„Ob er vielleicht den Bombenanschlag in diesem Tanzlokal gemeint hat? Zum Glück hat es bloß einen Toten gegeben. Es war reiner Zufall, dass gerade Pause war.“
Der Rechtsanwalt meinte: „Es gibt kein Motiv für dieses Verbrechen, Butch. Zumindest konnte die Polizei bis jetzt noch keines finden.“
„Die Bombe kann von einem Irren deponiert worden sein“, sagte die blonde Frau des Anwalts. Carol trug das Haar streng zurückgekämmt. Eine Silberklammer hielt es zusammen. Ihr Gesicht war kaum geschminkt und wirkte frisch und natürlich. Sie trug eine weiße Bluse und einen kornblumenblauen Rock.
Silk schüttelte beeindruckt den Kopf.
„Stellt euch vor, die Bombe wäre zehn Minuten später hochgegangen. Dann hätte es fünfzig Tote gegeben. Mindestens. Wenn nicht mehr.“
Butch ballte die Hände zu Fäusten und knallte sie zwischen dem Frühstücksgeschirr auf den Tisch. Das Geschirr klapperte.
„Für mich sind Bombenleger die feigsten, miesesten, hinterhältigsten Kreaturen, die es gibt. Sie haben nicht den Mut, für das, was sie tun, geradezustehen. Verantwortung lehnen sie ab. Sie legen ihr Höllenpaket irgendwohin und verschwinden dann, diese feigen Schweine.“
Cantrell konnte sich nicht gut vorstellen, dass Lenny Coburns Freunde – wer immer sie waren – hinter diesem Bombenanschlag steckten. Coburns Freunde waren Verbrecher, die höchstwahrscheinlich nichts unternahmen, was keinen Gewinn abwarf. Der Anschlag auf dieses Tanzlokal hatte keinen Gewinn abgeworfen. Das ging aus den Zeitungsberichten eindeutig hervor. Die oder der Bombenleger hatten sich vor dem Attentat nicht einmal anonym an den Lokalbesitzer gewandt, um Geld zu fordern. Deshalb war Cantrell der Meinung, dass hinter diesem Anschlag jemand anderes stecken musste.
Am Nachmittag desselben Tages wurde Cantrell jedoch eines Besseren belehrt.
Ein leichenblasser, zitternder, übernervöser Donald Remsberg erschien in Western Springs. Selbst ein Drink konnte ihn nicht beruhigen.
Butch machte Remsberg mit seinen Freunden bekannt. Remsberg saß im Livingroom. Das Cantrell-Team hatte sich um ihn geschart.
„Dich treiben schwere Sorgen hierher“, sagte Butch unruhig. Remsberg nickte.
„Kann man wohl sagen.“
„Was ist passiert, Don?“
Remsberg griff in die Innentasche seines Jacketts. Er holte einen Brief hervor und reichte ihn O'Reilly.
„Da. Lies mal, Jack.“
„Keine Anrede!“, stellte Butch fest. Dann las er laut. „Sie haben sicher von der Bombe gelesen, die in einem Chicagoer Tanzlokal explodiert ist. Dasselbe wird in Ihrem und in vier weiteren Tanzlokalen passieren, wenn Sie nicht dreißigtausend Dollar in bar bereithalten. Natürlich dürfen die Scheine nicht markiert sein. Und Sie dürfen auf keinen Fall zur Polizei gehen.“
Butch warf den Brief auf den Tisch. Er sah Cantrell nervös an und sagte: „Na also. Da hast du dein Motiv, Chef. Ich lasse mich von Silk zweimal in den Hintern treten, wenn das nicht die Schweinerei ist, von der Lenny Coburn gesprochen hat.“
Silk warf Butch einen Blick zu, der diesem bekundete, dass er auch unter anderen Umständen nicht mit Tritten geizen wollte.
Butch beachtete ihn nicht.
„Die Kerle haben nicht lange gefackelt. Sie haben die Bombe hochgehen lassen, um zu beweisen, dass sie keine Scherze machen. Dass dabei nur der Musiker sterben würde, konnten sie nicht voraussehen. Es wäre ihnen sicherlich egal gewesen, wenn fünfzig Menschen von der Bombe zerrissen worden wären. Ich kann verstehen, dass ein kleiner Ganove wie Lenny Coburn davon das große Nabelsausen bekommen hat. Ich kann verstehen, dass er lieber das Risiko auf sich genommen hat abzuspringen. Er hätte nichts gesagt. Trotzdem haben sie ihm sofort einen Killer nachgeschickt ...“
Donald Remsberg meldete sich. „Das ist noch nicht alles, Jack. Die Kerle haben sich inzwischen auch schon telefonisch mit mir in Verbindung gesetzt.“
„Und?“, fragte Butch aufgeregt.
„Sie wollten wissen, ob ich zahlen werde ...“
„Was hast du geantwortet?“
„Ja.“
„Aha. Und weiter?“
Remsberg rieb sich verzweifelt die Nase.
„Sie haben mich als Geldbriefträger bestimmt.“
Butch richtete sich mit einem Ruck auf.
„Die werden ja immer dreister!“, schrie er aufgebracht.
„Ich muss zu den anderen Tanzlokalbesitzern gehen, kassieren und das Geld dann den Gangstern bringen“, sagte Remsberg kleinlaut.
Butch knirschte mit den Zähnen.
„Nicht schlecht ausgedacht. Und wohin sollst du das Geld bringen?“
„Das wird mir noch gesagt.“
„Wer sind die anderen vier Lokalbesitzer?“, fragte Cantrell.
Donald Remsberg nannte die Namen.
Bekanntlich war bei einem Verbrechen dieser Art die Geldübergabe der schwächste Punkt des Unternehmens. Deshalb beschloss Cantrell, Remsberg mit dem Geld nicht mehr aus den Augen zu lassen. Sie wollten Remsberg abwechselnd beschatten. Das fiel am wenigsten auf und brachte sie wahrscheinlich auf die Spur der Verbrecher.
Nicht gerade erleichtert fuhr Donald Remsberg nach Hause. Jetzt konnte er nur noch abwarten.