Читать книгу 8 Arztromane: Engel in Weiß und ein Arzt aus Leidenschaft - Sammelband - A. F. Morland - Страница 68
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Dr. Sören Härtling stand unter Strom. Er hatte Leontines Ehemann vor sich. Die junge Frau, in die sich sein Sohn verliebt hatte, war verheiratet. Ben wusste das sicher nicht. Dennoch war Sören die Situation in höchstem Maße unangenehm. Sein Sohn - und eine verheiratete Frau!
Wie Lichtspeere durchzuckten unzählige Gedanken seinen Kopf. Er hatte Janas Ahnung belächelt, aber sie hatte mit ihrer Überlegung recht gehabt, dass irgendetwas nicht stimmen konnte, wenn Leontine an den Wochenenden nie für Ben Zeit hatte. Das Wochenende verbrachte sie mit ihrem Mann. Ben musste sich mit den Wochentagen begnügen. Da hatte Alexander Neumann wahrscheinlich keine Zeit für seine Frau. Vielleicht arbeitet er so weit von München entfernt, dass er nicht jeden Abend heimfahren kann, dachte Sören. Er fährt Montag früh fort und kommt Freitagabend nach Hause. Und die vernachlässigte Leontine sucht sich einen Lückenbüßer, einen Wochentagsfreund - und das ist ausgerechnet unser Ben.
„Hören Sie zu, Herr Doktor”, knurrte Alexander Neumann. „Ich bin ein gutmütiger Mensch, aber wenn man mich reizt, kann ich verdammt unangenehm werden. Ich hätte mir Ihren Sohn vorknöpfen können, aber ich zog es vor, zuerst mit Ihnen zu reden, denn wenn Ben mir mit einer kecken Antwort kommt, sehe ich rot, und dann fliegen die Fetzen. Ich möchte, dass Sie Ihrem Sprössling sagen, er soll die Finger von meiner Frau lassen. Ich kann verstehen, dass sie ihm gefällt, denn Leontine ist eine Schönheit. Mir gefällt sie auch, und deshalb bin ich nicht gewillt, sie mit irgendjemandem zu teilen.”
Neumanns Ton missfiel Sören Härtling.
„Ich habe den Eindruck, sie kümmern sich nicht genug um Leontine”, sagte er.
Die Augen des Hünen verengten sich.
„Wollen Sie mir sagen, wie ich meine Ehe führen soll?”
„Allem Anschein nach fühlt Ihre Frau sich vernachlässigt.”
„Ihr Sohn hat Leontine den Kopf verdreht”, behauptete Alexander Neumann laut.
„Ich glaube eher, dass es umgekehrt lief”, entgegnete Sören Härtling nüchtern.
„Müssen Sie als Bens Vater ja sagen.”
„Sie wohnen von Montag bis Freitag nicht in München, hab’ ich recht?”
„Ich arbeite in Karlsruhe”, sagte Neumann, „hab’ da eine kleine Mietwohnung.”
„Sie sollten sich nach einem Job in München umsehen”, riet Sören seinem Gegenüber. „Ihrer jungen, lebenslustigen Frau bekommt die Trennung nicht.”
Neumann zog die Mundwinkel nach unten.
„Sind Sie Eheberater? Ich dachte, Sie wären Arzt.”
„Sie werden Ihre Frau verlieren, wenn Sie sich nicht auch wochentags um sie kümmern”, sagte Sören noch einmal.
„Lassen Sie das getrost meine Sorge sein. Machen Sie Ihrem Sohn, diesem Grünschnabel, nur klar, dass es für ihn gesünder ist, wenn er sich von Leontine ab sofort fernhält.”
„Was soll das heißen?”, fragte Sören scharf.
„Das soll heißen, dass ich Ihren hübschen Jungen auseinandernehme, wenn ich ihn noch einmal mit meiner Frau zusammen sehe. Jawohl, Dr. Härtling, ich zerlege Ben in seine Bestandteile, und Sie können ihn wieder zusammensetzen. Ich hoffe, ich habe mich klar genug ausgedrückt. Guten Tag!” Ohne ein weiteres Wort drehte der Hüne sich um und stampfte aus Sörens Büro. Neumann war gefährlich. Er hatte keine leere Drohung ausgestoßen. Wenn Ben sich noch einmal mit Leontine traf, sah dieser ungehobelte Klotz tatsächlich rot.