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Anton Diessel kam vier Tage nicht nach Hause. Ria Semmau brauchte keinen weiteren Beweis dafür, dass es in Antons Leben noch eine andere Frau gab, die nunmehr offensichtlich die Hauptrolle übernommen hatte. Ria fühlte sich zum unbedeutenden Statistendasein herabgesetzt und war verzweifelt. Sie weinte sich die Augen aus dem Kopf, und sie hasste nicht nur Anton, sondern auch das Kind, das sie von ihm unter dem Herzen trug.

So sehr hatte sie sich darauf gefreut, es zur Welt zu bringen - und nun hatte sie Angst vor diesem Tag. Angst, sich allein durchs harte Leben schlagen zu müssen, mit einem ungeliebten Kind als Klotz am Bein.

Am vierten Tag erschien Anton Diessel wieder. Ria sah zufällig aus dem Fenster und beobachtete, wie er aus einem dicken Mercedes stieg. Eine blonde Frau saß am Steuer. Sie zündete sich eine Zigarette an und wartete. Anton betrat das Haus. Rias Herz raste. Ich lass’ ihn nicht rein, dachte sie aufgeregt. Er kann läuten und klopfen, soviel er will - ich bin nicht zu Hause.

Aber ihre trotzige Überlegung hatte einen Schönheitsfehler. Sie brauchte Anton nicht einzulassen, er besaß einen Schlüssel. Deshalb läutete und klopfte er nicht, sondern schloss die Tür einfach auf und war da. Ria sah ihn entgeistert an.

„Hallo”, sagte er ernst.

„Warum hast du das blonde Gift nicht mit hochgebracht?”, fragte Ria gallig.

„Wie geht es dir?”, erkundigte er sich, ohne sie anzusehen.

Sie zog die Mundwinkel geringschätzig nach unten.

„Seit wann interessiert es dich, wie es mir geht, du Heuchler?”

„Es ist besser, wenn du dich in deinem Zustand nicht aufregst”, riet er ihr.

„In meinem Zustand - für den du verantwortlich bist”, entgegnete Ria Semmau anklagend.

„Nicht allein.”

„Natürlich nicht allein”, sagte sie rau. In ihren Augen befand sich ein kriegerisches Funkeln, und sie nahm sich ganz fest vor, in Antons Gegenwart nicht zu weinen. Dieser Mistkerl war keine einzige Träne wert.

„Ich wollte eigentlich nie ein Kind”, gestand Anton mit gesenktem Blick. „Es ist passiert, und ich habe versucht, irgendwie mit dieser Situation fertigzuwerden. Ich hab’ mich nie richtig auf das Baby gefreut, Ria, deshalb wollte ich dir auch anfangs vorschlagen, es wegmachen zu lassen. Ich weiß nicht, warum ich geschwiegen habe. Ich bin nicht dafür geeignet, den treusorgenden Familienvater zu spielen, und ich brauche meine Freiheit. Ich hätte sie nie aufgegeben.”

Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.

„Was willst du damit sagen?”, fauchte sie.

„Dass ich dich nach der Geburt des Babys nicht geheiratet hätte.”

Ria stemmte aggressiv die Fäuste in die Seiten.

„Das sieht dir ähnlich. Du Lump wolltest nur dein Vergnügen.”

„Ich bin ein Mann.”

„Ach, und du meinst, das entschuldigt alles, wie?” Rias Augen glühten jetzt. „Männer sind die Krone der Schöpfung, nicht wahr? Und deshalb dürfen sie auch tun, was immer sie wollen. Sich rücksichtslos amüsieren. Gewissenlos Kinder zeugen. Hemmungslos fremdgehen. Ohne Skrupel mit jeder Frau schlafen, die ihnen über den Weg läuft. So benehmen sich Tiere, Anton Diessel. Menschen sollten etwas mehr Verantwortungsgefühl haben und ihren Trieb besser im Zaum halten.”

„Ich hab’ dir zu lange etwas vorgemacht, das tut mir leid.” Er schien sich für seine Unaufrichtigkeit tatsächlich zu schämen.

„Wie lange geht das schon mit dieser blonden Schlampe.”

„Sie ist keine Schlampe”, entgegnete Anton scharf.

„Wie lange fährst du schon auf zwei Geleisen?”

„Ein paar Monate”, antwortete Anton kleinlaut.

„War sie es, die immer angerufen und sich nicht gemeldet hat?”, wollte Ria Semmau wissen.

Anton nickte kaum merklich. „Ja.”

Ein bitterer Ausdruck zuckte um Rias Lippen.

„Sie hat dich mit diesen Anrufen in ihr Bett geholt.”

Anton schwieg.

„Wie heißt sie?”, fragte Ria mit belegter Stimme.

Er wollte es nicht sagen. „Ist das denn wichtig?”, erwiderte er.

„Ich will ihren Namen wissen!”, herrschte sie ihn an.

„Na schön”, gab er nach, „sie heißt Sylvia.”

„Sylvia - und wie noch?”

Anton durchbohrte sie mit seinem Blick.

„Ria, wenn du die Absicht hast, ihr Schwierigkeiten zu machen ...”

Sie lachte krächzend. „Würde ich es in diesem Fall mit dir zu tun kriegen? Was würde dann geschehen, hm? Würdest du herkommen und mich, eine wehrlose schwangere Frau, verprügeln? Keine Angst, ich werde ihr keinen Ärger machen, und ich habe auch nicht vor, um dich zu kämpfen. Einen Dreckskerl wie dich, der jedes Mal lügt, wenn er den Mund aufmacht, möchte ich sowieso nicht haben. Ich verachte dich, Anton Diessel. Jawohl, ich verachte dich aus tiefster Seele. Mir wird speiübel, wenn ich dich ansehe. Bitte tu mir den Gefallen und geh mir aus den Augen. Geh! Geh zu deiner blonden Schlampe und werde glücklich mit ihr. Gott, was bin ich froh, dass mir ein Leben an deiner Seite erspart bleibt. Es wäre für mich die Hölle gewesen, deine widerwärtige Verlogenheit jahraus, jahrein ertragen zu müssen.

„Ich bin hier, um meine Sachen zu holen”, sagte Anton heiser.

„Das trifft sich gut.” Rias Herz war erschreckend hart geworden. „Ich wollte sowieso schon den ganzen Kram zum Fenster hinauswerfen. Nimm den Plunder und verschwinde aus meinem Leben!”

Er packte einen Koffer und eine Reisetasche. Dann legte er den Wohnungsschlüssel auf den Tisch.

„Das war’s dann”, sagte Ria frostig. Sie empfand in diesem Augenblick überhaupt nichts für Anton. „Und jetzt raus mit dir! Du verpestest mir die Luft!”

Er zögerte, ging noch nicht, sah sie an, wie sie so unförmig vor ihm stand.

„Wegen des Babys?“

Ria reckte ihm trotzig ihr Kinn entgegen. „Von welchem Baby sprichst du?”

„Von unserem.”

Sie wollte ihn verletzen, deshalb zischte sie: „Wir haben kein Kind miteinander, das ist ein ganz großer Irrtum, mein Lieber.” Sie legte die Hände auf ihren Bauch und starrte ihn mit brennenden Augen an. „Du bist nicht der Vater dieses Kindes. Denkst du, ich habe immer brav zu Hause gesessen, wenn du weg warst? Gleiches Recht für alle. Du hattest deinen Spass, ich den meinen.”

Anton seufzte schwer.

„Ich hab’ gehofft, es würde irgendwie anders mit uns enden.”

„Wie denn?”, fragte sie zynisch. „Du aufrecht, mit stolzgeschwellter Männerbrust - ich auf den Knien, in Tränen aufgelöst, dich anflehend, mich nicht zu verlassen, bei mir zu bleiben? Da muss ich dich leider enttäuschen. Ich werde dir keine einzige Träne nachweinen.” Sie zeigte auf die Tür. „So, und nun lass deine liebe Sylvia nicht länger warten.” Sie musterte Anton verächtlich. „Was glaubst du wohl, wie lange du ihr treu sein wirst? Sag ihr, sie tut mir leid, denn bald schon wird bei ihr das Telefon läuten, und du wirst wieder in ein anderes Bett hüpfen. Ich hätte es wissen müssen. Anton Diessel ist ein Wanderpokal, den man nicht behalten kann. Ich bin, ehrlich gesagt, froh, ihn endlich los zu sein, denn er hat langsam angefangen, seinen ursprünglichen Glanz zu verlieren und hässlich matt zu werden.”

Anton Diessel verließ wortlos die Wohnung - und Ria Semmau weinte nicht einmal dann, als er weg war. Keine Träne wollte sie um Anton weinen. Keine einzige Träne mehr.

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