Читать книгу Das Riesen Arztroman Paket August 2021: Arztromane Sammelband 8 Romane - A. F. Morland - Страница 46
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ОглавлениеDie Polizei, die ihre vielen peinlichen Fragen höchst unsensibel stellte, riss tags darauf Corinnas Wunden wieder auf. Die Ermittler waren grobe Klötze, die schon zu oft mit solchem Leid konfrontiert worden waren, als dass es sie noch tief berühren hätte können.
Abgestumpfte Beamte, in träger Routine erstarrt, die sowohl jeglichen Takt als auch jeden Funken einer persönlichen Anteilnahme vermissen ließen.
Zitternd, schluchzend, weinend – immer wieder stockend und um Fassung ringend – sprach Corinna Rademann mit den Männern, die wohl gefehlt hatten, als Rücksichtnahme und Feingefühl verteilt worden waren.
Als Jan Jordan merkte, wie sehr die Kripobeamte Corinna zusetzten, unterbrach er die Befragung und forderte die Polizisten energisch auf, zu gehen.
„Was haben Sie?“, fragte einer der beiden aufsässig. „Wir tun doch nur unsere Arbeit.“
Jan breitete die Arme aus und drängte die Polizisten in Richtung Tür. „Tut mir leid, Sie regen die Patientin zu sehr auf. Das darf ich nicht zulassen.“
„Nur noch ein paar Minuten, Doktor“, sagte der zweite Beamte.
Jan öffnete die Tür und drängte die Männer auf den Gang hinaus. „Es ist genug. Kommen Sie morgen wieder.“
„Denken Sie, wir haben sonst nichts zu tun?“, begehrte der Kleinere der beiden auf.
Jan schloss unerbittlich die Tür. „Für heute reicht es. Bitte gehen Sie.“
„Ich habe den Eindruck, Sie sind gar nicht daran interessiert, dass wir den Täter fassen“, sagte der Größere.
Dr. Jordan erdolchte ihn mit seinem Blick beinahe. „Das ist eine Unverschämtheit“, herrschte er den Beamten an. „Ich werde mich bei Ihrem Vorgesetzten beschweren.“
Der Größere lächelte mokant. „Aus welchem Grund? Gefallen Ihnen unsere Anzüge nicht?“
„Mir gefällt nicht, wie Sie Ihre Befragung durchführen.“
„Das müssen Sie schon uns überlassen“, wies der Größere den Assistenzarzt unfreundlich zurecht. „Wir sagen Ihnen auch nicht, wie Sie Ihre Patienten behandeln sollen.“
„Ich finde Ihre Vorgangsweise skandalös. Frau Rademann ist Opfer, nicht Täter. Aber da machen Sie wohl keinen Unterschied. Von Behutsamkeit, Rücksicht, Verständnis und Geduld scheinen Sie noch nichts gehört zu haben.“
Die Kriminalbeamten zogen grollend ab. Jan sah sie nicht wieder. An ihrer Stelle erschienen vierundzwanzig Stunden später zwei Ermittler, an denen es nichts auszusetzen gab. Sie behandelten Corinna mit Verständnis und Respekt und waren freundlich, behutsam und mitfühlend.
Die Medien brachten ein Phantombild des Täters. Das Gesicht des Verbrechers war nach Corinnas und Bärbels Angaben am Polizeicomputer im Bausteinverfahren zusammengestellt worden. Die Fahndungsfotos gingen an alle Polizeidienststellen, und die sogenannten „Einschlägigen“ wurden gewissenhaft überprüft, da der Mann, der es liebte, sich schwarz zu kleiden, gesagt hatte, er wäre schon mal im Gefängnis gewesen, weil er die Finger nicht von schönen Frauen lassen konnte.
Andrea Kordes besuchte ihre Tochter jeden Tag in der Paracelsus-Klinik. Und Corinnas Bruder Reinhard kam eigens von Berlin nach München, um seine Schwester zu sehen, als er hörte, was ihr zugestoßen war.
Vier Tage verbrachte Corinna in der Paracelsus-Klinik. Dann durfte Ralf Rademann seine geliebte Frau heimholen.
Dr. Jordan nahm den Ehemann beiseite und sagte: „Sie ist nicht mehr dieselbe, Ralf. Dieses schreckliche Erlebnis hat sie verändert. Lass ihr Zeit. Hab Geduld mit ihr.“
Ralf nickte. „Ich werd’ schon alles richtig machen, Jan, sei unbesorgt.“
„Alles Gute.“
„Danke“, sagte Ralf bewegt. „Wenn du Hilfe brauchst, ruf mich an.“
„Komm in den nächsten Tagen mal zu uns.“
Jan Jordan nickte. „Mach’ ich.“ Ralf verließ mit seiner Frau die Paracelsus-Klinik. Er führte sie zu seinem weißen Volvo. Corinna war sehr schweigsam und sehr ernst.
Sie sah aus, als würde sie nie wieder lachen können. Ralf öffnete den Wagenschlag. Corinna stieg ein. Ihr Mann schloss die Tür und ging um den Wagen herum. Reglos wie eine Statue saß Corinna auf dem Beifahrersitz. Man sah es ihr nicht an, aber etwas in ihr war kaputt gegangen, und niemand konnte sicher sein, dass es jemals wieder heilen würde.
Ralf lächelte sie an. „Ich bringe dich nach Hause, Schatz. Ich bringe dich jetzt nach Hause.“