Читать книгу Das Riesen Arztroman Paket August 2021: Arztromane Sammelband 8 Romane - A. F. Morland - Страница 51
44
ОглавлениеChefarzt Dr. Sören Härtling verließ mit Dr. Jordan den Operationssaal. „Sie haben gute Arbeit geleistet, Herr Kollege“, lobte der Klinikchef den Assistenzarzt.
„Danke“, sagte Jan Jordan erfreut.
„Neuigkeiten von Corinna Rademann?“, fragte Sören Härtling, während er sich umzog.
„Gestern wurde der Mann gefasst, der Corinna vergewaltigt hat“, erzählte Dr. Jordan.
Dr. Härtling nickte. „Davon habe ich gelesen.“
„Es kam zu einer Gegenüberstellung. Die hat Corinna nicht sehr gutgetan.“
„Es wird ihr dennoch helfen, zu wissen, dass der Täter nicht mehr frei herumläuft“, sagte Sören Härtling.
Schwester Annegret erschien. „Noch ein Kaffeechen vor der Nachmittagssprechstunde, Chef?“
„Gute Idee, Annchen“, gab Dr. Härtling zur Antwort.
Eine halbe Stunde später rief Ralf Rademann in der Paracelsus-Klinik an und sagte aufgeregt zu Dr. Jordan: „Corinna ist weg.“
„Weg?“
„Verschwunden.“
„Moment mal, Ralf, sie kann doch nicht ...“
„Ich war zwei Stunden aus dem Haus, und als ich zurückkam, war sie nicht mehr da“, sagte Ralf Rademann besorgt.
„Hat sie keine Nachricht hinterlassen?“, fragte Dr. Jordan.
„Nicht eine Zeile.“
„Vielleicht ist sie spazieren gegangen.“
„Das glaube ich nicht.“
„Vielleicht ist sie in der Boutique“, sagte Jan Jordan.
„Da ist sie nicht. Ich habe soeben mit Bärbel telefoniert. Hat sie sich bei dir gemeldet?“
„Nein. Kann sie bei ihrer Mutter sein?“
„Da habe ich auch schon nachgefragt“, antwortete Ralf Rademann. „Jan, ich mache mir große Sorgen um Corinna. Rufst du mich sofort an, wenn du von ihr hörst?“
„Aber sicher.“
„Sie wird sich hoffentlich nichts antun“, sagte Ralf Rademann gepresst. Dr. Jordans Kopfhaut spannte sich.
„Hat sie sich in dieser Richtung geäußert?“
„Das nicht, aber wer kann schon in sie hineinsehen? Sie ist ja so verschlossen“, beklagte sich Ralf. „Ich komme einfach nicht mehr an sie heran.“
„Sie wird nach Hause kommen“, gab Dr. Jordan sich zuversichtlich. „Sei unbesorgt, Ralf. Sie wird bald wieder da sein. Denk an mich, wenn sie wieder daheim ist, und ruf mich an, ja?“ Er legte auf, trat ans Fenster, sah hinaus und dachte: Wo bist du, Corinna? Warum bist du von zu Hause weggelaufen?
„Kollege Jordan“, sagte Dr. Daniel Falk, der Chefarzt der Chirurgie. Jan drehte sich langsam um. „Ja?“ Dr. Falk stand in der Tür des Ärztezimmers. „Da will Sie jemand sprechen.“
„Frau Rademann?“
Dr. Falk lachte. „Können Sie hellsehen?“
Dr. Jordan eilte hinaus, und da stand Corinna. Schmal, blass, scheu. Dr. Falk entfernte sich. „Corinna!“, stieß Jan aufgeregt hervor. „Wo warst du? Ralf hat angerufen. Er macht sich große Sorgen um dich. Wie kannst du ihm das antun?“
Sie sah auf ihre Hände, versuchte fortwährend die zitternden Finger zu verschränken, aber es wollte ihr nicht gelingen. „Ich kann nicht bei ihm bleiben.“
„Er liebt dich. Er ist dein Mann.“
„Er ist ein Mann.“
„Heißt das, du bist mit allen Männern fertig?“
Sie schwieg.
„Wieso kommst du dann zu mir?“, fragte Dr. Jordan. „Bin ich etwa kein Mann?“
„Nein.“
„Oh, vielen Dank“, sagte Jan Jordan heiser, „das ist sehr schmeichelhaft für mich.“
Corinna sah ihn an. Ihre Lider flatterten. „Du bist mein Freund“, sagte sie leise. „Ich kann dir vertrauen. Du willst nichts von mir.“
„Du kannst Ralf genauso vertrauen wie mir“, behauptete Dr. Jordan.
„Ja“, gab Corinna ihm recht, „aber er möchte mit mir schlafen, und das kann ich nicht. Ich kann es einfach nicht. Nie mehr.“
Jan Jordan sah ihr in die unruhigen Augen. „Erlaubst du mir, dich zu umarmen?“
Sie sagte nichts.
„Komm her“, sagte Jan und hob den Arm. „Na, komm schon her.“ Ohne es zu wollen, glitt sie in seine Umarmung. „Hör zu, Corinna“, sagte er einfühlsam, „man sollte im Leben niemals nie sagen, weil sich unsere Ansichten, Meinungen, Wertvorstellungen, alle Dinge überhaupt, die uns umgeben, die unser Dasein bestimmen, ständig verändern. Was heute noch Gültigkeit hat, ist morgen schon Schnee von gestern. Du hast eine lange Therapie vor dir. Wenn sie zu Ende ist, wirst du froh sein, dass du noch einen Partner an deiner Seite hast, der dich mit all deinen wunderbaren Vorzügen, aber auch mit all deinen Fehlern und Schwächen nach wie vor aufrichtig liebt, der in allen Lebenslagen eisern zu dir hält und dich auf eine saubere und ehrbare Weise begehrt. Sag jetzt nichts. Du kannst es dir heute noch nicht vorstellen, aber glaube mir, der Tag wird kommen, an dem du deinem Mann wieder ganz gehören möchtest. Ich kenne Ralf inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er dich zu nichts drängen wird. Er wird dir einfach nur ein geduldiger, verständnisvoller Freund sein – Stütze und Vertrauter –, auf den du dich hundertprozentig verlassen kannst. Kannst du auf so einen wertvollen Wegbegleiter verzichten? Ich glaube nicht.“
Sie schwieg noch immer. Ihre Augen schwammen in Tränen. Jan nahm sein Taschentuch und gab es ihr. Sie putzte sich geräuschvoll die Nase.
„Ich meine, du solltest Ralf nicht länger im Ungewissen lassen“, sagte Dr. Jordan. „Glaubst du, du kannst ihn anrufen?“
Sie nickte kaum merklich.
„Soll ich für dich wählen?“, fragte Jan.
Sie nickte wieder. Jan Jordan wählte die Nummer der Rademanns, und als Ralf sich meldete, gab er Corinna den Hörer. „Ralf“, hauchte sie in die Sprechmuschel.
„Corinna.“ Sie seufzte schwer.
„Es tut mir leid ‒ so leid ...“
Dr. Jordan lächelte. Er war zufrieden.
Es war ein Anfang gemacht. Ein guter, ein beruhigender Anfang ...
Und wie recht er mit allem gehabt hatte, das er zu Corinna sagte, bewies sich zwei Jahre später. Da nämlich brachte Corinna in der Paracelsus-Klinik ein gesundes kleines Mädchen zur Welt ...
ENDE