Читать книгу Das Riesen Arztroman Paket August 2021: Arztromane Sammelband 8 Romane - A. F. Morland - Страница 58
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ОглавлениеDer junge Schönheitschirurg stieg aus dem Taxi. „Hallo, Frau Wagner!“, rief er über den Zaun des Nachbargrundstücks.
Hannelore Wagner war gerade dabei, ein paar Rosen abzuschneiden. Sie drehte sich um und winkte mit der Gartenschere. „Christian, Sie schlimmer Ausreißer!“
„Ich bin wie ein Bumerang, ich komme immer wieder zurück.“
„Wenn Sie mal Appetit auf eine deftige Brotzeit haben, schauen Sie bei mir rein.“
„Ich werde sehen, ob sich’s einrichten lässt.“
„Und kommen Sie nicht ohne Ihre Mutter!“
„Vielen Dank für die Einladung. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“
„Wünsche ich Ihnen auch.“ Sie winkte wieder mit der Gartenschere, und er betrat das Haus seiner Mutter.
„Na, warst du bei Dr. Härtling in der Paracelsus-Klinik?“, fragte Ellen Bach, während sie ihrem Sohn die Wange zum Kuss hinhielt.
„Ja“, antwortete er.
„Hat dein ehemaliger Chef sich gefreut, dich wiederzusehen?“
„Sören Härtling war für mich schon immer mehr als nur mein Chef“, gab Christian zurück. „Ich sehe in ihm schon fast einen guten Freund.“
„Er ist sehr nett.“
„Er hat mich zu sich nach Hause eingeladen“, erzählte Christian. „Frau Wagner hat das übrigens auch getan.“
„Du bist sehr beliebt. Man reißt sich um dich. Ich bin wirklich sehr stolz auf dich, mein Junge. Schade, dass du dich entschieden hast, so weit weg von München zu leben.“
„Es ist da, wo ich wohne, wunderschön, Mama.“
„Das glaube ich dir“, sagte Ellen Bach.
„Du kannst mich jederzeit auf Jamaika besuchen.“
„Ach, Junge ...“ Sie lächelte matt.
„Und du kannst bleiben, solange du willst. Am liebsten wäre es mir, wenn du überhaupt ganz mit mir nach drüben kommen würdest.“
„Nach Jamaika?“
„Warum nicht?“, fragte Christian Bach.
„Ach, Christian, du weißt doch, dass ich so schreckliche Angst vorm Fliegen habe!“
„Dieses eine Mal.“
„Außerdem bin ich ein alter Baum und alte Bäume darf man nicht verpflanzen, das tut ihnen nicht gut“, erklärte Ellen Bach.
„Ich höre immer alt. Wer ist denn hier alt?“
„Ich bin fünfzig“, gab Ellen Bach zu bedenken.
„Das ist doch heutzutage, wo die Menschen hundert Jahre und länger leben, kein Alter mehr.“
Ellen Bach seufzte. Jamaika ... Sie wäre mit ihrem Sohn wieder zusammen gewesen, aber alle anderen Menschen dort wären ihr fremd gewesen.
Hier hatte sie ihren Freundeskreis, und es wäre ihr sehr schwergefallen, den aufzugeben. Fünfzig ... Sicher, früher hatten fünfzigjährige Frauen anders ausgesehen, aber um in der Karibik gewissermaßen noch mal von vorn anzufangen, dafür war es, fand sie, zu spät.
Sie setzten sich auf die Terrasse. Ellen Bach holte Eistee. „Rat mal, wer heute zum Abendessen kommt“, sagte sie lächelnd.
„Wer denn?“, fragte Christian.
„Iris und Violetta Martensen.“ Christian schüttelte grinsend den Kopf. „Mutter! Mutter!“
„Ja, Junge?“, tat sie sehr scheinheilig.
„Du kannst es einfach nicht lassen“, meinte Christian mit amüsiertem Lächeln.
Sie gab sich den Anschein, als wüsste sie nicht, wovon die Rede war. „Was kann ich nicht lassen?“
„Mich mit irgendwelchen Frauen verkuppeln zu wollen.“
„Erstens ist Violetta nicht irgendeine Frau ...“
„Du hast schon mal versucht, mich mit ihr zusammenzubringen es hat nicht funktioniert“, erinnerte Christian seine Mutter. Er griff nach seinem Glas. Der Eistee mit Pfirsichgeschmack schmeckte vorzüglich.
„Sie ist eine liebe, nette Person ...“
„Das bestreite ich nicht“, erwiderte Christian.
„Und ihr habt euch schon vor Jahren großartig verstanden.“
„Auch das ist richtig, und ich habe Violetta auch sehr, sehr gern, aber ...“
„Aber?“, fragte Ellen Bach interessiert.
„Na ja, wenn ein Mann und eine Frau zusammenkommen sollen, muss es ‘Klick!’ machen und das hat es bei Violetta und mir eben nie gemacht. Tut mir leid.“
„Tut es dir wirklich leid?“
„Ein bisschen schon“, gab Christian zu. „Vor allem für Violetta, weil sie sich in mich verliebt hatte. Es war nicht leicht für sie, damit fertigzuwerden, dass ich sie nicht liebte.“
„Vielleicht warst du damals noch nicht reif für die Liebe.“
„Wenn du denkst, dass ich inzwischen reif geworden bin, muss ich dich enttäuschen, Mama“, sagte Christian. „An meinen Gefühlen für Violetta Martensen hat sich nichts geändert.“
„Du musst sie erst wiedergesehen haben, um dir dessen gewiss sein zu können.“
„Mutter“, sagte Christian Bach eindringlich. „Violetta Martensen ist eine bildhübsche Frau. Denkst du, die sitzt jahrelang zu Hause und wartet darauf, dass ich vielleicht irgendwann mal reif für eine Beziehung mit ihr werde? Sie hat mit Sicherheit eine Menge Verehrer ...“
„Hat sie, aber keiner hat bei ihr eine echte Chance“, erwiderte Ellen Bach zuversichtlich. Sie schwieg kurz. Dann sagte sie: „Zu Violettas Schönheit kommt auch noch ein beträchtliches Vermögen.“
„Mich interessiert Violettas Geld nicht.“
„Es ist immer beruhigend, Geld zu haben“, entgegnete Ellen Bach. „Die Glashütte der Martensens macht Millionenumsätze.“
Der junge Schönheitschirurg schüttelte den Kopf. „Das beeindruckt mich nicht.“
„Mit dem Martensen-Vermögen könntest du dir deine eigene Klinik bauen.“
„Mutter!“, sagte Christian, jetzt schon in rügendem Ton.
„Ich würde nicht so reden, wenn ich nicht ganz genau wüsste, dass Violetta Martensen dich immer noch liebt“, rechtfertigte sich Ellen Bach.
Drinnen im Haus läutete das Telefon.
Frau Bach stand auf und sagte zu ihrem Sohn: „Entschuldige mich.“ Dann verließ sie die Terrasse.
Christian drehte das Glas zwischen seinen Handflächen. Wie schnell Gedanken fliegen konnten! Er war plötzlich nicht mehr hier in Mutters Haus, sondern auf Jamaika, bei Alexis. Bei seinem Inselmädchen. Bei seiner Sphinx. Wieso wusste er so wenig von ihr? Wieso verschwieg sie ihm so viel? Er kannte noch nicht einmal, ihren richtigen Namen.
Er verglich Alexis unwillkürlich mit Violetta, die immer offen und ehrlich zu ihm gewesen war. Von Violetta wusste er alles, und das, was er nicht wusste, hätte er jederzeit erfragen können.
Violetta war ihm noch nie eine Antwort schuldig geblieben. Bei Alexis hingegen waren schon sehr viele Fragen offengeblieben. Entweder sie überhörte sie geflissentlich, oder sie sagte einfach: „Lieber Himmel, warum willst du denn gar so viel wissen?“ Er fand keine Ähnlichkeiten zwischen den beiden Frauen. Alexis war dunkelhaarig, Violetta blond. Alexis war eine sensible Künstlerin, Violetta eine gewiefte Geschäftsfrau. Alexis konnte ohne Sonne, Sand und Meer nicht sein. Violetta war ein Stadtmensch durch und durch. Violetta liebte ihn. Und Alexis ... Nicht einmal das wusste er.
Ellen Bach kehrte auf die Terrasse zurück und setzte sich wieder zu ihrem Sohn.
„Ein Anruf von den Martensens?“, fragte Christian schmunzelnd. „Haben sie abgesagt?“
„Denkst du, Violetta lässt es sich entgehen, dich wiederzusehen?“, erwiderte seine Mutter. „Nein, das war meine Masseuse. Sie ist krank und kann heute nicht kommen.“