Читать книгу 7 extra-spannende Thriller im August 2021: Krimi Paket - A. F. Morland - Страница 19
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ОглавлениеDer Peugeot erwies sich als gestohlen. Die Polizei sicherte sämtliche Fingerabdrücke, von denen die meisten allerdings dem rechtmäßigen Besitzer und dessen Frau gehörten. Die anderen waren nur schwer zu identifizieren.
Der Angeschossene war ins Hospital eingeliefert worden. Nachdem er dort verbunden worden war, hatte man ihn wieder entlassen. Bount suchte ihn auf und sprach mit ihm. Der Mann war jetzt stocknüchtern, hatte aber absolut nichts beobachtet. Noch immer hielt er es für denkbar, dass Bount auf ihn geschossen hatte.
Zwei leicht deformierte Revolverkugeln konnten ebenfalls sichergestellt werden. Bount fieberte dem Ergebnis der ballistischen Untersuchung genauso entgegen wie Toby Rogers.
Sie wurden beide enttäuscht. Die Geschosse stimmten nicht mit den Kugeln überein, mit denen Hazard getötet worden war. Schon das Kaliber war ein ganz anderes.
„Das sagt natürlich noch nichts“, brummte der Captain. „Es hat schon genug Killer gegeben, die mehr als nur eine Kanone besaßen.“ Diese Erkenntnis brachte sie allerdings auch nicht weiter. „Bist du sicher, dass der Anschlag nicht mit einem deiner anderen Fälle zu tun hat?“, gab Toby zu bedenken.
„Sicher kann ich da nie sein. Ich könnte dir aus dem Stegreif mindestens zehn Namen nennen. Sie alle haben geschworen, es mir bei passender Gelegenheit heimzuzahlen, dass ich sie vor den Richter gebracht habe.“
„Na also!“
„Was heißt das? Dir kann es ja egal sein, wer auf mich schießt.“
Toby war mit seinen Ermittlungen keinen Schritt vorangekommen. Er schwor Stein und Bein, dass Gordon Steiger unmöglich die Stadt verlassen haben konnte.
„Der ist irgendwo untergetaucht“, versicherte er. „Also muss er Freunde besitzen. Glaubst du, dass dir die Randvyl die Wahrheit gesagt hat?“
„Zumindest das, was sie dafür hält. Ich bin gestern wegen der Schießerei nicht mehr dazu gekommen, einer weiteren Spur nachzugehen. Das werde ich heute nachholen. Hast du Brown mit deinem Bericht zufriedenstellen können?“
Toby schnitt eine Grimasse.
„Erinnere mich nur nicht daran! ,Leeres Stroh‘ hat er ihn genannt. June hätte das viel besser hingekriegt. Wie geht es ihr überhaupt? Ist sie schon wieder an Bord?“
„Sie hat dicke Augen wie ein Frosch und spricht auch so ähnlich. Aber sie hat es nicht länger zu Hause ausgehalten. Jetzt sitzt sie an ihrer Schreibmaschine, und im ganzen Büro duftet es nach Kamillentee. Vorläufig wird sie keinen deiner Berichte schreiben.“
Bount Reiniger rief erneut bei Casket an. Dort stritten sich noch immer die Experten, zu welchem Safetyp die Innereien gehörten, die Gordon Steiger auf der Skizze dargestellt hatte. Es gab ungefähr die gleiche Anzahl von Hinweisen auf zwei Fabrikate, die sich im Wesentlichen in der Größe und weniger in der Technik voneinander unterschieden.
„Was spielt das schon für eine Rolle?“, drängte Bount ungeduldig. „Dann nennen Sie mir eben die Käufer dieser beiden Produkte.“
Der Casket-Mann lachte so herablassend, als hätte er ein unwissendes Kind in der Leitung. „Guter Mann! Ich fürchte, Sie gehen von falschen Vorstellungen aus. Den großen Typ C127 haben wir bisher vierzehnmal verkauft. Den kleinen A66 dagegen annähernd siebenhundertmal.“
Bount schluckte. Siebenhundert Firmen. Das war Wahnsinn. In ihm keimte eine schwache Hoffnung.
„Ist der A66 überhaupt groß genug, um eine Million Dollar darin unterzubringen?“, wollte er wissen.
Der andere ließ wieder sein überhebliches Lachen hören.
„Darin hat glatt das Zehnfache Platz. Und wenn Sie sich für einen Goldklumpen, Diamanten oder zum Beispiel hochbrisantes Erpressungsmaterial entscheiden, genügt sogar unsere kleinste Ausführung.“
Bount hatte selbst schon an solche Dinge gedacht. Es musste nicht unbedingt um Bargeld gehen.
Trotz allem erbat er die Kundenliste und schlug vor, sie selbst abzuholen. Er war sicher, dass nur ein kleiner Teil der Geldschränke bei New Yorker Firmen stand. Nur die kamen aber seiner Überzeugung nach für das Verbrechen in Frage.
June wollte diese Fahrt für ihn gern übernehmen, doch Bount war schon froh, wenn man ihm die Liste überhaupt aushändigen würde.
„Für dich habe ich genug zu tun, wenn wir die richtige Firma heraussuchen müssen“, prophezeite er. „Uns bleibt nichts anderes übrig, als uns überall zu erkundigen, wer den Gegenwert von einer Million Dollar in seinem Panzerschrank aufbewahrt. Außerdem müssen wir uns an Ort und Stelle über die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen informieren. Ich hoffe, dass dabei wieder ein großer Teil der Firmen ausscheidet.“
June war zwar nicht zufrieden, aber ihre Erkältung handicapte sie derart, dass sie sich ohne große Debatte geschlagen gab.
Bount erhielt tatsächlich die komplette Liste. Sie war sechzehn Seiten stark, die eng beschrieben waren.
„Versuchen Sie trotzdem noch einmal, in Erfahrung zu bringen, um welchen der beiden Typen es sich nun handelt“, bat Bount eindringlich. Das wurde ihm versprochen. Er konnte sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass man ihn nur loswerden wollte.
Für das Taifun war es noch zu früh. Deshalb versuchte Bount bei den beiden Haftentlassenen sein Glück, die er am Vortag nicht angetroffen hatte. Der erste erwies sich als totaler Fehlschlag. Sein Alibi war tatsächlich unverschämt gut. Daran konnte Bount nicht rütteln.
Schließlich läutete er bei Hardy Stone. Er hatte noch den Zeigefinger auf dem Knopf, als die Tür auch schon aufgerissen wurde. Eine kernige Faust prellte vor und erwischte Bount am Kinnwinkel, bevor er auch nur die Andeutung einer Reaktion zeigen konnte. Zunächst wurde er bis zum nächsten Treppenabsatz geschleudert. Hier brachte er es glücklicherweise fertig, sich nicht das Genick zu brechen, was durchaus im Bereich des Möglichen gewesen wäre. Bevor er aber in die Höhe kam und seine Automatic ziehen konnte, flog etwas Gewaltiges auf ihn zu -wie eine überdimensionale große, fette Spinne mit unheimlich langen Armen. Dass sich an den langen Armen schlagkräftige Fäuste befanden, wusste Bount bereits, aber diesmal überrumpelten sie ihn nicht wieder. Er verzichtete darauf, sich auf seine Beine zu stellen, sondern ließ sich einfach zur Seite gleiten.
Jemand schrie wie ein Ochse.
Jetzt war es für Bount an der Zeit, sich für die unfreundliche Begrüßung zu revanchieren. Er schnellte hoch und riss dem Finsterling beide Arme auf den Rücken. Der Ochsenschrei wiederholte sich. Der Mann wand sich wie ein Aal, wobei er in einem fort stöhnte. Bount verstärkte seinen Druck und begann mit der Fragerei: „Sie sind Hardy Stone?“
„Das weißt du ganz genau, du Schwein.“
„Aber, aber! Sollten wir nicht wenigstens den Schein der Höflichkeit wahren? Hat man Ihnen in Kingston etwa eine derartige Ausdrucksweise beigebracht? Dann muss irgendetwas an unserem Strafvollzugswesen faul sein. Ich habe nur ein paar simple Fragen und erwarte ebenso simple, allerdings mit Wahrheit angereicherte Antworten.“
„Meine Antwort bleibt nein“, ächzte Stone. „Das kannst du deinem Boss sagen.“
Bount stutzte und lockerte seinen Griff, Der andere befreite sich mit einem Ruck. Bount stoppte ihn, indem er ihm die Automatic unter die Nase hielt. Stone begann zu zittern.
„W...war doch nur’n Scherz, Mann. Also wieviel?“
„Wieviel was?“
„Dollar natürlich. Aber das eine sage ich dir gleich: Ihr habt euch den Falschen ausgesucht. Ich bin erst auf der Suche nach ’nem Job. Ersparnisse habe auch keine. Es ist idiotisch, einen wie mich zu erpressen.“
„Das ist es allerdings“, gab Bount zu. „Deshalb habe ich das auch gar nicht vor.“ Jetzt nannte er seinen Namen und den Grund seines Besuches.
Bount konnte sich nicht erinnern, jemals so viel Erleichterung im Gesicht eines Ganoven gesehen zu haben, wenn er seinen Beruf bekannt gab. Stone schien wirklich unter Druck zu stehen.
Der Mann studierte aufmerksam die LizenzKarte, die ihm Bount unter die Nase hielt, und stotterte eine Entschuldigung.
„Das konnte ich nicht wissen, Mister Reiniger. Ich habe mir eingebildet...“
„Habe kapiert. Jemand erpreßt Sie. Wer und womit?“
„Womit schon? Mit meiner Vergangenheit natürlich. Ich habe gesessen. Irgendein Lump hat Wind davon gekriegt, dass ich den Daumen auf ’nem guten Job habe. Jetzt droht er, den Leuten die Augen über meine Vergangenheit zu öffnen, wenn ich ihn nicht regelmäßig an meinem Lohn beteilige. Er will auch schon einen Vorschuss.“
„Wollen Sie einen Rat von mir?“
„Was können Sie mir schon raten?“
„Etwas enorm Wirksames. Melden Sie die Sache der Polizei! Die zupft Ihnen die Laus aus dem Pelz. Im Übrigen sollten Sie sich überlegen, ob Sie in der Firma nicht selbst die Wahrheit sagen wollen. Dann sind Sie ein für allemal die Angst los, dass es herauskommen könnte. Wenn Sie wollen, lege ich dabei ein gutes Wort für Sie ein. Allerdings müssten Sie mir auch einen Schritt entgegenkommen.“
„Wie soll ich das verstehen?“
„Sie kannten Evan Hazard?“
Hardy Stone schob seinen Unterkiefer vor.
„Mieser Brocken. Im Bau konnten ihn nicht viele leiden. Genau genommen eigentlich nur Meek.“
„Welcher Meek?“
„Meek Lewitt Die beiden haben sich gut vertragen. Mit den anderen hatte Hazard ständig Streit. Einer soll ihn umgelegt haben. Die Polizei war schon deswegen bei mir. Und jetzt kommen Sie. Bilden Sie sich ein, dass ich es war?“
„Wenn Sie mir das Gegenteil beweisen könnten, würde ich jubeln.“
„Okay! Ich sage Ihnen dasselbe, was ich auch schon den Cops gesagt habe. Anfang der Woche war ich in Philadelphia. Von Montag bis Mittwoch. Es ging um meine Bewerbung. Ich musste etliche Tests ablegen. Das hat ziemlich lange gedauert. Sie können es jederzeit nachprüfen. - Würden Sie tatsächlich ein gutes Wort für mich einlegen? Ich meine, falls ich die Tests bestanden habe.“
„Das ist noch ein Punkt. Er betrifft Gordon Steiger. Den kennen Sie doch auch?“
Hardy Stone seufzte.
„Das gleiche arme Schwein wie ich. Der ist eigentlich auch kein Gangster. Irgendwie durch eine Dummheit reingeschlittert. Raus kommt man dann sehr viel schwerer. Was ist mit dem?“
„Er soll Hazard zum ewigen Leben verholfen haben.“
„Steiger? Nie! Dann war ich es schon eher selbst. Steiger macht doch schon um ’ne Ameise ’nen Riesenbogen, damit er sie nicht zertritt. Der würde nicht mal in Notwehr auf einen Menschen schießen.“
„Können Sie mir irgendwelche Freunde oder Bekannte des Jungen nennen?“
„Drinnen war er bei fast allen beliebt. Manche haben ihn aber auch nur ausgenutzt. Ob er draußen nach seiner Gefängnisstrafe noch Freunde besitzt, erscheint mir zweifelhaft. Gesprochen hat er immer nur von seinem Vater.“
Hardy Stone schien wirklich nichts zu wissen. Auch diesen Weg hätte sich Bount sparen können. Enttäuscht kehrte er auf die Straße zurück. An der Ecke stand sein Mercedes. Unter dem einen Scheibenwischer klemmte ein gefalteter Packen Reklameblätter. Bount hielt nach einem Abfallkorb Ausschau. Er musste zwanzig Schritte zurückgehen. Vorbei an anderen geparkten Autos. Dabei kam ihm irgendetwas merkwürdig vor. Aber er wusste nicht, was es war.
Als er das dicke Bündel Papier aus einiger Entfernung mit gekonntem Schwung in Richtung Papierkorb beförderte, kam ihm die Erleuchtung. Unter keinem einzigen anderen Scheibenwischer steckte eine Reklamesendung. Nur an seinem Mercedes!
Blitzschnell hechtete Bount schräg nach hinten und riss beide Arme über seinen Kopf. Noch bevor er auf dem Pflaster hinter der Telefonzelle landete, rieselte ein Glasregen auf ihn herab. Gleichzeitig ertönte eine Detonation, die ihn für Sekunden taub werden ließ. Eine mörderische Druckwelle nahm ihm den Atem. Dreck und Trümmerteile aus Blech und Holz überschütteten ihn. In der Nähe schrien Menschen vor Entsetzen. Bount hörte Kinder weinen. Hoffentlich waren sie alle mit dem Schrecken davongekommen.
Er wagte seinen Kopf jetzt in die Höhe zu nehmen, obwohl noch immer kleinere Splitter durch die Luft zischten. Eine Qualmwolke ließ ihn kaum etwas erkennen. Staub brannte in seinen Augen. Zwischen den Zähnen knirschte es.
Es war vorbei. Allmählich wurde der Dreck vom Wind davongetragen.
Bount erkannte zwischen den vielen Leuten, die zu der Unglücksstelle herüberstarrten.
Hardy Stone. Einen Augenblick lang verdächtigte Bount ihn, die Bombe unter den Scheibenwischer gejubelt zu haben. Doch dann sagte er sich, dass der Mann dazu gar keine Möglichkeit gehabt hatte. Ein anderer musste ihm diesen Streich gespielt haben. Zweifellos kam dieser Anschlag aus derselben Richtung, aus der in der vergangenen Nacht auf ihn geschossen worden war. Sein Gegner meinte es wirklich ernst. Wahrscheinlich lauerte er jetzt irgendwo ganz in der Nähe. Dann musste er einsehen, dass auch dieser Mordversuch fehlgeschlagen war.